Finanz-Analyse: Warum Musks Twitter-Kauf so ein Desaster ist

Seite 4: Musks Möglichkeiten

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Entschieden ist dieser Kampf nicht. Noch hat Twitter hunderte Millionen Dollar Barreserve, die Zinsen abwirft. Diese zukünftigen Zinsen könnte das Unternehmen mit Diskont verkaufen, um kurzfristig Geld für die Begleichung einer Zinsrate zu erhalten. Das würde zwar das Finanzloch vergrößern, aber eine Atempause verschaffen.

Musk könnte erneut versuchen, durch den Verkauf neuer Aktien frisches Geld aufzustellen. Dabei müsste er einen erheblich geringeren Preis veranschlagen und wahrscheinlich akzeptieren, dass die neuen Miteigentümer Mitspracherechte erhalten. Das dürfte ihm schwerfallen.

Eine weitere Möglichkeit wäre, die Kredite neu zu verhandeln; vielleicht nimmt ja das Bankenkonsortium frische Twitter-Aktien anstelle von Geld? Zum Unglück der Banken haftet Musk nicht persönlich für die Twitter Schulden. Aber womöglich wäre er ja dazu bereit? Wahrscheinlich würden die Banken den Zinsfuß senken, böte Musk seine Tesla-Aktien als Sicherheit an.

Der Spielraum ist nicht unendlich, reicht aber aus: Über 60 Prozent seiner Tesla-Anteile hat Musk bereits für andere Schulden verpfändet, nicht zuletzt aus steuerlichen Gründen (aber das ist eine andere Geschichte). Und Teslas Vorschriften besagen, dass Tesla-Manager ihre Aktien nur zu einem Viertel ihres Werts verpfänden dürfen. Für jede Bürgschaftsmilliarde müsste Musk also Tesla-Aktien im Wert von vier Milliarden hinterlegen. Beim aktuellen Tesla-Kurs hat Musk durchaus noch ausreichend Tesla-Aktien, auch wenn er jüngst Anteile im Wert mehrerer Milliarden Dollar veräußert hat.

Für jeden Firmenchef eines Klein- oder Mittelbetriebs wäre die Lage bei Twitter verheerend. Doch ein Multimilliardär könnte aus so einem Desaster sogar noch Kapital schlagen: Herr Musk selbst könnte (eventuell unter Mithilfe seiner Geschäftsfreunde) den Banken anbieten, die Twitter gewährten Kredite zu einem rabattierten Preis abzulösen. Dann hätte Twitter Schulden bei Musk & Co selbst, anstatt bei lästigen Banken. Für die Banken wäre das wahrscheinlich attraktiver als ein langwieriges Konkursverfahren.

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Allerdings müsste Musk auch dafür Tesla-Aktien verkaufen oder zumindest verpfänden. Das könnte den Tesla-Aktienkurs drücken, was wieder zu sogenannten Margin Calls führen könnte: Musk hat ja bereits umfangreich Schulden, die durch Tesla-Aktien besichert sind. Sinken diese Aktien unter einen gewissen Kurs, werden sie automatisch verkauft, um die Kredite zu decken.

Immerhin dürfte Elon Musk noch einige Millionen Optionen zum Erwerb von Tesla-Aktien zu einem Bruchteil des Börsenkurses haben. Übt er diese Optionen jedoch aus, muss er umgehend 40 Prozent Steuer auf die Differenz zwischen Kaufpreis und Börsenkurs zahlen, was ihn ebenfalls zum Verkauf von Aktien drängt. Dabei möchte der Mann doch so gerne Teslas starker Mann bleiben.

Wie auch immer die Twitter-Übernahme finanziell ausgeht: Sorgen um seine private Finanzlage muss sich Elon Musk derzeit nicht machen. Aber sein Ruf als Wirtschaftsgenie ist dahin. Und das ist für einen narzisstischen Soziopathen (zurückgenommene Selbstbezeichnung in einem juristischen Verfahren) wahrscheinlich die schwerste Strafe.

(ds)