Jobs in der Autoindustrie: Entwicklung und Betrieb vernetztes SW-System

Dr. Rahima Yakoob leitet bei Porsche im Bereich der Car-IT ein Team, das vernetzte Fahrzeugfunktionen in Cloud und App entwickelt und auch betreibt.

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(Bild: Porsche)

Lesezeit: 6 Min.
Von
  • Clemens Gleich

Die Autoindustrie und auch ihre Zulieferer befinden sich mitten in einem disruptiven Wandel. Allein schon der Wechsel vom Verbrennungs- auf den Elektromotor wird eine der Schlüsselindustrien fundamental verändern, auch und gerade in der Arbeitswelt. Zahlreiche Jobs werden entfallen, gleichzeitig neue entstehen und viele sich verändern. In einem Themenschwerpunkt wollen wir Arbeitsplätze in der Autoindustrie und ihren Zulieferern beleuchten, die es vor ein paar Jahren in dieser Form noch nicht gab, aber in den nächsten zehn Jahren an Bedeutung zunehmen werden. Firmen werden sich, noch stärker als aktuell schon, auf die Suche nach entsprechend ausgebildeten Mitarbeitern machen. Ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt dürften exzellent sein.

In Relation zur Größe entwickelt Porsche einen recht großen Teil der Software selbst. Inhouse-Software ermöglicht es den Stuttgartern nämlich, schnell auf Kundenwünsche zu reagieren und Kompetenz ebenso wie den Code im Haus zu halten. Der Bereich "Car-IT" bei Porsche ist also ein schönes Beispiel für die Relevanz, die Software an der Wertschöpfung in der Autoindustrie erreicht hat – auch und gerade im höherpreisigen Sektor. Dr. Rahima Yakoob leitet ein Team von 15 Codern, das bei Porsche unter anderem die App "My Porsche" und die dazugehörigen Funktionen in der Cloud nicht nur entwickelt, sondern auch betreibt. Denn oft erfolgen Entwicklung und Betrieb räumlich oder strukturell getrennt.

In einem einfachen Satz, als würde man es der Oma sagen: Was ist der Kern des Jobs?

Mein Team und ich entwickeln Software bei Porsche. Wir wollen ein ganz auf den Kunden zugeschnittenes Fahrzeugerlebnis bieten, vom Smartphone-Bildschirm bis hinter das Lenkrad.

Was sind die typischen Aufgaben darin?

Unsere Hauptaufgabe ist die Programmierung. Wir schreiben Code. Wir sind Coder. Wir arbeiten nach dem Prinzip von DevSecOps, das Development (Entwicklung), Security (Sicherheit) und Operations (Betrieb) in einer Team-Verantwortlichkeit zusammenfasst. Sicherheit ist besonders wichtig in der Autoindustrie, deshalb integrieren wir sie von Anfang an stark. DevSecOps hat die zusätzlichen Vorteile gegenüber separaten Verantwortlichkeiten für Sicherheit, dass die Kosten sinken und die Entwicklungszyklen kürzer werden. Es ist im Prinzip ähnlich wie bei der integrierten Fehlerbehandlung in der agilen Software-Entwicklung: Es ist einfacher, schneller und effizienter, von Anfang an auf Sicherheit und Fehlerfreiheit zu optimieren, als hinterher aufwendig zu suchen und dann zu korrigieren.

Unsere Arbeit erstreckt sich über drei Hauptbereiche: das Backend, die My-Porsche-App und die dazugehörigen Cloud-Dienste, die wir entwickeln und auch betreiben. You build it, you run it. Wir haben also außer den typischen Aufgaben der Software-Entwicklung zusätzlich die Aufgabe, dass unsere Software und unsere Cloud-Dienste reibungslos laufen.

Arbeitsplätze in der Autoindustrie auf heise Jobs

Worin besteht die Besonderheit des Jobs?

Wir sind ein Inhouse-Software-Entwicklungsteam. Natürlich arbeitet Porsche auch mit externen Partnern zusammen, aber der eigene Code bleibt eben im Haus, das Know-how können wir also wiederverwenden. Außerdem ermöglicht es uns die Inhouse-Entwicklung, wesentlich schneller auf Marktanforderungen zu reagieren. Die Besonderheiten von DevOps, beziehungsweise DevSecOps habe ich ja bereits angerissen.

Wie wohl die allermeisten Tech-Konzerne arbeiten auch wir nach agilen Methoden. Wir brechen die Arbeit also in kleinere Iterationen auf und liefern nach zweiwöchigen Sprints jeweils in sich fertige Ergebnisse. Diese regelmäßigen Releases sorgen dafür, dass sich unsere Arbeit stetig an sich ändernde Anforderungen anpassen kann. Gleichzeitig ermöglichen sie es uns, unsere Performance transparent einzuschätzen mithilfe von Kennzahlen und unserer Erfahrung. Ein großer Teil der Arbeit ist mittlerweile auch automatisiert. Das betrifft zum Beispiel die DevOps-Pipeline. Da wäre das Testing, bei dem Bugs automatisiert im Software Code gesucht werden, damit wir sie sofort eliminieren können. Die Arbeitsweise hat sich stark verändert im Vergleich zu früher, als Projekte im Wasserfall-Modell komplett geplant wurden. Hier gab es dann einen Freeze und anschließend wurde versucht, diesen Plan insgesamt abzuarbeiten. Für diese Vorgehensweise entwickelt sich der Software-Bereich heute aber viel zu schnell. Der große Plan wäre nach seiner Fertigstellung schon veraltet.

Kunden erwarten heute von ihrem Auto, das es sich in ihre Datennetzwerke integriert, in ihren Datenalltag. Das Gesamterlebnis Hardware-Software-Vernetzung-Menschen bildet das Produkterleben.

(Bild: Porsche)

Was bedeutet die Stelle im Konzern?

Wir erleben gerade eine grundlegende Transformation in der Autoindustrie. Die Kunden haben heute ähnliche Erwartungen an ein Fahrzeug wie an ein Smartphone. Die Inhouse-Software-Entwicklung wird daher wichtiger. Die Arbeitsgeschwindigkeit ist sehr hoch, aber auch die Komplexität. Wir beschleunigen die Software-Entwicklung. Einerseits durch Feedback aus den Reviews, andererseits durch Vorwegnehmen von Features – also jenen Dingen, bei denen die Kunden noch gar nicht wissen, dass dies möglich ist und sie es vielleicht haben wollen.

Wie sind Sie in diesen Job gekommen?

Ich war schon vorher Software-Entwicklerin in Stuttgart bei einem anderen Automobilhersteller. Nach mehr als zehn Jahren Erfahrung schien mir die Zeit reif, ein Team zu leiten. Also bewarb ich mich auf eine Stelle bei Porsche und das hat geklappt.

Spannende Jobs in der Autoindustrie

Welche Ausbildung(en) brauchen Leute, die sich für den Job interessieren?

Man muss natürlich eine gewisse Ausbildung in Technologie mitbringen, etwa über Informatik-Studiengänge. Ich habe zum Beispiel einen Bachelor in Computer Science und einen Master in IT Software Technology gemacht. Später habe ich noch meinen MBA und Doktor der Wirtschaftswissenschaften absolviert – mit einer Arbeit über IT-basierte Logistik und Lieferkettenmanagement in der Autoindustrie. Es führen aber viele Ausbildungen zu den nötigen Vorkenntnissen. Und zur Team-Leitung gehört etwas Erfahrung im Job und sehr viel Freude an der Zusammenarbeit mit Menschen.

Welche Interessen sollte man haben, um den Job motiviert machen zu können?

Wichtig für unsere spezielle Arbeit ist Expertise und Affinität in den Bereichen Technik, Daten und Cloud. Cloud zum Beispiel hat deutlich weniger Grenzen als Betriebssysteme und Hardware. Man kann Services recht schnell in komplett andere Anwendungen überführen. Wenn daher jemand vorher in der Cloud-Datenanalyse gearbeitet hat, kann das schon sehr gut passen. Man braucht außerdem ein "Digital Mindset", eine positive Grundeinstellung zur Technik. Dazu kommen Offenheit und Teamgeist.

Vervollständigen Sie den Satz für Interessierte an diesem Job: "Um hier einen Platz zu finden, brauchst du ..."

... Leidenschaft für neue Technologien und eine Begeisterung für die Marke Porsche und ihre Produkte.

(cgl)