Jobs in der Autoindustrie: Driver Distraction Engineer

Natalia Sevcenko sorgt bei Mercedes-Benz dafür, dass Bedienelemente des Autos nicht von der Fahraufgabe ablenken und tariert Luxus und Sicherheit aus.

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(Bild: Mercedes-Benz)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Clemens Gleich

Die Autoindustrie und auch ihre Zulieferer befinden sich mitten in einem disruptiven Wandel. Allein schon der Wechsel vom Verbrennungs- auf den Elektromotor wird eine der Schlüsselindustrien fundamental verändern, auch und gerade in der Arbeitswelt. Zahlreiche Jobs werden entfallen, gleichzeitig neue entstehen und viele sich verändern. In einem Themenschwerpunkt wollen wir Arbeitsplätze in der Autoindustrie und ihren Zulieferern beleuchten, die es vor ein paar Jahren in dieser Form noch nicht gab, aber in den nächsten zehn Jahren an Bedeutung zunehmen werden. Firmen werden sich, noch stärker als aktuell schon, auf die Suche nach entsprechend ausgebildeten Mitarbeitern machen. Ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt dürften exzellent sein.

Natalia Sevcenko kümmert sich darum, dass die Nutzerschnittstellen im Fahrzeug inklusive Infotainment mit der Fahraufgabe sicher vereinbar sind. Die "User Experience" (UX) eines Autos unterscheidet sich fundamental von jener in Unterhaltungsgeräten, weil Fehlbedienungen oder auch einfach nur Aufmerksamkeitsverlust tödlich sein können. Deshalb gibt es strenge Vorgaben der Gesetzgeber und noch strengere interne Richtlinien bei den Autoherstellern, weil sich niemand nach einem Unfall ein Gutachten leisten kann, dass die verkauften Bedienkonzepte inhärent gefährlich sind. In diesem spannenden und wichtigen Umfeld arbeitet Frau Sevcenko deshalb sehr nahe am Erlebnis des Kunden, das sie möglichst sicher mitgestalten will. Zu diesem Job gehören deshalb außer Psychologie und Technik auch eine gewisse Freude am Fahren.

Was ist der Kern des Jobs?

Meine Aufgabe ist es, sicherzustellen, dass Fahrerinnen und Fahrer während der Fahrt nicht abgelenkt werden.

Was sind die typischen Aufgaben darin?

Auf Basis wissenschaftlicher Erkenntnisse und bekannter Regularien bewerte ich die Konzepte des User Interface (UI) und Design und berate ein multidisziplinäres Team. Bei Bedarf prüfe ich neue Technologien und Funktionen mithilfe experimenteller Methoden.

Bei der Konzeption, Vorbereitung, Durchführung, Auswertung und Interpretation von Probandenstudien arbeite ich eng mit internen und externen Kollegen aus unterschiedlichsten Bereichen und Institutionen zusammen – darunter Programmierer, Techniker, Konzepter, Designer und Juristen. Wir achten dabei stark darauf, immer Up-to-Date im Hinblick auf die moderne Forschung zu bleiben. Häufig betreue ich daher studentische Arbeiten oder besuche relevante Konferenzen.

Basierend auf all diesen Erkenntnissen entwickelt und betreut unser Team einen sogenannten Ablenkungsmanager. Dabei handelt es sich um eine Softwarekomponente, die situationsbedingt entscheidet, was dem Fahrer auf welche Art und Weise angezeigt werden darf.

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Worin besteht die Besonderheit des Jobs?

Ich finde es wirklich wichtig, den Menschen in den Mittelpunkt der Entwicklung zu stellen, und genau das tue ich in meiner Position. Ich trage dazu bei, dass unsere Autos an die menschliche kognitive Architektur angepasst sind und die Aufmerksamkeitsverteilung ihrer Fahrerinnen und Fahrer bei der Fahrt optimal unterstützen.

Der "Hyperscreen" im EQS zeigt, wie viel Informationen das Auto auf den Fahrersitz werfen kann. Prüfung und Management der potenziellen Ablenkung sind daher unabdingbar für einen sicheren Betrieb.

(Bild: Mercedes-Benz)

Was bedeutet die Stelle im Mercedes-Benz-Konzern?

Als Teil des Teams leiste ich einen Beitrag dazu, dass Fahrzeuge von Mercedes-Benz Sicherheit und Luxus vereinen.

Wie bist du in diesen Job gekommen?

Ich bin Diplominformatikerin und promovierte Kognitionspsychologin. Meine aktuelle Stelle ist insoweit perfekt für mich, als dass sie diese recht unterschiedlichen Bereiche sehr gut vereinen kann. Konkret bin ich auf die Stellenanzeige durch eine LinkedIN-Veröffentlichung gestoßen und habe mich auf herkömmliche Weise beworben.

Welche Ausbildung(en) brauchen Leute, die sich für den Job interessieren?

Interessierte sollten ein Studium sowie Berufserfahrung im Bereich Human Factors, Ingenieurspsychologie oder verwandten Bereichen vorweisen.

Welche Interessen sollte man haben, um den Job motiviert machen zu können?

Man sollte ein ausgeprägtes Interesse am Menschen und seiner Kognition haben und Begeisterung für neue Technologien mitbringen. Idealerweise gehört natürlich auch Freude am Autofahren dazu.

Vervollständige den Satz für Interessierte an diesem Job: "Um hier seinen Platz zu finden, brauchst du ..."

... Offenheit, Wissbegierde und die Bereitschaft, stetig zu lernen, dazu Technikaffinität, gute Englischkenntnisse, ein Hands-on-Mindset und eine rasche Auffassungsgabe. Manchmal bedarf es auch einer gewissen Frustrationstoleranz und Stressresistenz. Den Führerschein braucht man außerdem unbedingt.

(cgl)