Kuhnix: Das Embedded-OS QNX im sich wandelnden Autobereich

Seite 2: Infotainment = Smartphone

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Vor allem aber zeigt sich auch oder gerade auf den Mittelkonsolen unserer Autos, wie stark sich unsere tragbaren Überall-Computer im Alltag etabliert haben. "Das Infotainment-System der Zukunft wird mehr und mehr: mein Smartphone", sagte John Wall im Interview. Er ist Senior Vice President and Co-Head der BlackBerry Technology Solutions, zu denen auch QNX gehört. Wir wollen im Auto vielleicht etwas besser integrierte Navigation als ein Smartphone über den Kabinen-Lüftern unserer Skodas, wir wollen das aber nicht zu jedem Preis. Wir brauchen ohnehin nicht viel: Die Boxen sollen Unterhaltung spielen und ich will Freisprech-telefonieren können. Das schafft mit minimalen Investitionen selbst unser 20 Jahre alter Daimler. Automobile Infotainment-Software muss also völlig anderen Anforderung genügen als ein Consumer-Tablet, das in der Regel nach unter 5 Jahren ausgetauscht wird.

"Es gibt einen starken Drang in Richtung Android beim Infotainment", sagte John Wall. "Das liegt vor allem am App-Ökosystem." Denn wie gut oder schlecht sich Android letztendlich für die Mittelkonsole eignet, steht weit hinter einem riesigen Vorteil zurück: Zugriff auf Googles Play Store, beziehungsweise ein Auto-Subset davon.

Schon Android Auto zeigt, dass Google die Themen Navigation und Kommunikation besser bespielt als die meisten Autohersteller. Das höher integrierte Android Automotive OS hat dann zudem Zugriff auf die Fahrzeugdaten, was ein Zusatzpotenzial für Software ergibt. Jeder Autohersteller würde natürlich gern selber Software für seine Flotte auswählen und verkaufen. Doch wenn ein funktionierender Markt entstehen soll, muss sich App-Entwicklung lohnen, und das tut sie erst ab einer gewissen Nutzer-Anzahl.

Details QNX (5 Bilder)

Prozessübersicht aus der IDE QNX Momentics. "procnto" ist der Microkernel und Prozess-Manager von QNX Neutrino, "smp" bezeichnet die Version für symmetrisches Multiprocessing, "instr" die Version mit Debug-Markern (instrumented kernel).

(Bild: BlackBerry)

Volkswagen hofft, selbst eine kritische Masse aufzubringen, der sich dann Andere anschließen. Volvo hat im Polestar 2 das erste System mit Android Automotive OS am Markt. Wer Volvos Android-System gesehen hat im Vergleich zu Volkswagens Systemen, kann ahnen, wie viel Aufholarbeit sowohl bei der Datenbasis als auch bei der Nutzerschnittstelle Wolfsburgs Coder noch leisten müssen, um ansatzweise vergleichbar zu sein. Die Premium-Hersteller Mercedes-Benz und BMW kochen ihre eigenen Süppchen. Prognose: Wenn sich die Autohersteller nicht bald auf gemeinsame IT-Plattformen einigen, gehört der Auto-App-Markt künftig Google. Den Autoherstellern bleiben dann nur Feature-Verkäufe, also Dinge wie Freischaltung eines Fernlicht-Assistenten.

In dieser Umwälzung hilft BlackBerry der flexible, modulare Aufbau der Produktpalette. Android kann schön sicher gekapselt in einer VM laufen, damit Googles Marktplatz zur Verfügung steht, ohne dass Androids Sicherheitsprobleme zum Problem erwachsen. Der Autohersteller wählt daher an Systemen für Unterhaltung, Kommunikation oder Spracheingabe aus, was zu Produkt, Anspruch und Budget passt. Und wenn er will, dass diese einzelnen Zutaten eine gelungene Suppe ergeben, wird er – so die Hoffnung bei BlackBerry – trotz des Wandels immer wieder auf QNX-Systeme stoßen, die zwischen all den Zutaten vermitteln.

(cgl)