Missing Link: 20 Jahre 12. September 2001

Seite 3: War on terror

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In ihrem Krieg gegen den Terror nehmen die US-Soldaten Gefangene und sperren sie in das Lager Guantanamo auf Kuba.

(Bild: dpa)

Snowden ist 2001 18 Jahre alt und als Freelancer tätig, um das Geld für eine aufwändige Zertifizierung als MCSE zu verdienen. Am Morgen des 11. September 2001 fährt er gerade durch Fort Meade, als er im Autoradio von den Anschlägen erfährt. In Fort Meade hatten nicht nur seine Auftraggeber ihren Sitz, sondern auch die NSA, für die Snowden später als externer Mitarbeiter tätig wird.

"Der 12. September war der erste Tag einer neuen Ära, der Amerika mit geeinter Entschlossenheit entgegensah, gestärkt durch einen wiedererwachten Patriotismus sowie das Wohlwollen und Mitgefühl der ganzen Welt", schreibt Snowden in seiner Autobiografie. "Im Rückblick hätte mein Land so viel aus dieser Chance machen können. Es hätte den Terrorismus nicht als religiöses Phänomen behandeln können, was er vorgab zu sein, sondern als das Verbrechen, das er war. Es hätte diesen seltenen Moment der Solidarität dazu nutzen können, die demokratischen Werte und den Widerstand in der jetzt geeinten Öffentlichkeit zu stärken. Stattdessen zog Amerika in den Krieg." Auch der junge Snowden, er meldet sich aus Patriotismus freiwillig zur Armee.

Anfang Oktober 2001 greifen US-amerikanische und britische Streitkräfte Stellungen in Afghanistan an. Kampfflugzeuge und Marschflugkörper fliegen erste Angriffe auf die afghanischen Städte Kabul, Kandahar und Dschalalabad. Ziele sind wichtige Einrichtungen der Taliban-Regierung. US-Präsident George W. Bush spricht in einer Fernsehansprache davon, dass die Taliban nun den Preis für ihre Unterstützung und den Schutz von Bin Laden zahlen würden.

Kommentatoren in US-amerikanischen Medien sehen einen "gerechten Krieg", gar den ersten seit dem Zweiten Weltkrieg, in den die USA verwickelt ist. Bundeskanzler Gerhard Schröder sagt vorbehaltlose Unterstützung zu. Osama bin Laden ruft in einer Erklärung nach den Angriffen zum "Heiligen Krieg" auf; die Taliban kündigten an, sie würden die USA ebenso wie früher die russischen Invasionstruppen bekämpfen. Durch die Luftangriffe werden nach Angaben des Taliban-Regimes etwa 20 Zivilisten getötet.

Der folgende Krieg gegen die Taliban hat sie – wie von ihnen prophezeit – nicht endgültig aus ihren Machtpositionen in Afghanistan vertrieben, wie wir heute wissen. Nach dem Abzug der US-amerikanischen und anderer Truppen in diesem Sommer erlangten sie schnell wieder die Oberhoheit. Terrorismus-Experten vermuten (oder hoffen) nun, dass die Taliban aus ihren Fehlern der Vergangenheit gelernt haben und das von ihnen beherrschte Land nicht wieder zum Unterschlupf für Terroristen werde, um sich nicht den Unmut der Westmächte zuzuziehen.

Edward Snowden sieht im Nachhinein seinen jugendlichen Patriotismus in einem anderen Licht. Die Auswüchse der weltweiten Überwachung, die er später aufdeckte, bahnten sich nach den Attentaten schnell an. Bereits drei Stunden nach dem Angriff auf die Zwillingstürme werden FBI-Beamte bei Internetfirmen in den USA vorstellig, um Carnivore zu installieren. Das E-Mail-Überwachungsprogramm kann aus einem riesigen Datenstrom bestimmte E-Mails von und an einen Verdächtigen herausfiltern. Dabei wird ein Computer mit der FBI-Software, der in einem Käfig gegen Manipulationen von außen geschützt ist, bei dem Provider installiert und mit dessen Servern verbunden. Der Computersicherheitsexperte von der Uni Karlsruhe Christoph Fischer sagt am 13. September 2001, in den USA sei die Installation "der E-Mail-Abhörwanzen voll im Gange".

Ein paar Tage später erklärt US-Justizminister John Ashcroft, er wolle den Kongress auffordern, den Ermittlern größere Befugnisse zu geben. Nach damals geltendem US-Recht wurde bis dato jeweils nur das Abhören eines bestimmten Telefons eines Verdächtigen gebilligt. Die britische Behörde gegen Cybercrime empfiehlt TK-Unternehmen, alle aufgezeichneten Kommunikationsdaten vom 11. September nicht zu löschen, sofern sie relevante Informationen zu den Terror-Anschlägen auf die USA enthalten. US-Präsident George W. Bush hat da bereits ein Gesetzespaket initiiert, um die Überwachung von Telefon und Internet zu erleichtern.

In der EU, deren Justiz- und Innenminister sich Gedanken über ein neues Konzept zur Terror-Bekämpfung machten, regt sich Kritik von Bürgerrechtlern, für die eine weiter gefasste Definition von staatsgefährendem Verhalten zu weit in demokratische Rechte eingreift. In den USA wird geplant, neben der Ermordung von Staatsbediensteten und Bombenanschlägen auch das Cracken von Computern als terroristische Straftat und das absichtliche Verursachen von Schäden an IT-Systemen zu definieren.