Missing Link: Chinas neue Datenschutzgesetze – eine 'Kulturrevolution 4.0'

Seite 4: Unternehmen müssen mitspielen

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Die Tech-Unternehmen in China sehen ganz offenbar keinen Ausweg – sie spielen mit, konstatieren die MERICS Experten. Mas Alibaba etwa hat einen "Wohlfahrts-Fonds" eingerichtet und 13,7 Milliarden Dollar dafür versprochen. Das sei als Reaktion auf Xis Forderung zu werten, den Reichtum der Neumilliardäre wieder mehr unters Volk zu bringen. Auch andere Unternehmen der Branche haben laut MERICS Vorschau auf 2022 nachgezogen: Tencent, Pinduodou, Meituan und Xiaomi wollen also viel Geld fürs Gemeinwohl ausgeben.

Ob Xi durch die zur Schau gestellte Politik fürs Volk Kapital schlagen kann für seine Wiederwahl als Generalsekretär der KP 2022? Das könnte zumindest ein Kalkül sein. Denn eine dritte Amtszeit ist normalerweise unüblich und würde Xi noch mächtiger machen.

Zum Fürchten ist der Machtanspruch Xis aus der Sicht von Hongkong, wo diejenigen, die noch an einer Art demokratischem System festhalten, in ein mörderisches Rückzugsgefecht verstrickt sind. Gefangenenhilfs- und Medienorganisationen weltweit bescheinigen der an China zurück gegebenen Kronkolonie eine immer verheerendere Menschenrechtssituation. Die Anwendung des 2020 von der VRC verabschiedeten und von Pekings Statthalterin Carrie Lam umgesetzten Nationalen Sicherheitsgesetzes liefert ein weiteres, untrügliches Indiz für pessimistische Prognosen, wenn es um die Umsetzung neuer angeblich nach dem Modell anderer, und sogar demokratischer Staaten geschaffener neuer Gesetze geht.

Gut ein Jahr nachdem es in Kraft getreten ist, zog die Redaktion Bloomberg Bilanz: mindestens 150 Personen sind demnach wegen Subversion, Sezession, Kollaboration mit ausländischen Mächten oder Terrorvorwürfen angeklagt und teils zu hohen Haftstrafen verurteilt worden. Als subversiv zählen dabei bereits Social Media-Äußerungen zur Unterstützung von Aktivisten der Demokratiebewegung und natürlich entsprechende Berichterstattung. Allein Gespräche mit Ausländern können da schon zur Gefahr werden.

Die meisten Festnahmen aufgrund des neuen Sicherheitsgesetzes für Hongkong gab es an nur einem Tag

(Bild: Bloomberg)

Vergangene Woche wurden acht Delinquenten wegen der Teilnahme an der in Hongkong seit über 30 Jahren abgehaltenen Mahnwache am Tag des Massakers auf dem Platz des Himmlischen Friedens zu Gefängnisstrafen verurteilt, darunter auch der Medienunternehmer Jimmy Lai. Die Erinnerung an das Massaker passt nicht in Xis neues Selbstbild.

Die Verurteilten hätten wegen der Pandemie weder an der Versammlung teilnehmen, noch zu ihr aufrufen dürfen, so das Urteil der Vorsitzenden Richterin Amanda J. Woodcock. Sie gehört zur Riege der speziell für die Kammern zu Verfahren für nationale Sicherheitspolitik ausgewählten Juristen.