Missing Link: Spiele der XX. Olympiade München 1972 – der Anschlag

Seite 4: Das "vergifteten Angebot"

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In den Verhandlungen passierte zunächst nicht viel. Sowohl Innenminister Genscher wie der Kanzlersohn Peter Brandt boten sich als Geiseln im Austausch gegen die israelischen Sportler, was "Issa" glatt ablehnte. Während des Einsatzes liefen die Wettkämpfe weiter, was wiederum die israelische Regierung mit "Verwunderung" zur Kenntnis nahm. Um 17:20 Uhr wurde der Angriff abgeblasen, weil "Issa" eine neue Forderung stellte: Nun wollten die Terroristen zusammen mit den Geiseln nach Ägypten ausgeflogen werden. In Kairo würden sie um acht Uhr morgens die Geiseln erschießen, wenn die israelische Regierung nicht bis dahin die palästinensischen Gefangenen ebenfalls dorthin gebracht hat.

War Deutschland damit das Problem los? Innenminister Genscher sprach von einem "vergifteten Angebot". Immerhin eröffnete es den Einsatzkräften eine neue Perspektive, die Geiseln und Terroristen aus dem vertrackten Olympischen Dorf zu bringen und auf dem Flughafen Fürstenfeldbruck, der als "Olympia-Flughafen" genutzt wurde, eine neue Überraschungstat zur Befreiung der Geiseln zu organisieren. Um 18:30 Uhr wollte "Issa" ausflogen werden.

Die in der Ausbildung befindlichen Präzisionsschützen sollten bis 18:45 Uhr dorthin geflogen werden, das THW sollte das Vorfeld mit Lichtgiraffen taghell erleuchten. Eine weitere Zugriffsmöglichkeit sollte auf dem 550 Meter langen Weg zum Hubschrauberlandeplatz über einen Weg auf der unterirdischen Fahrebene der Conollystraße besetzt werden. Gleichzeitig versuchte man, in Verhandlungen mit "Issa", das Ultimatum zu verlängern, weil erst noch eine Lufthansa-Maschine in Fürstenfeldbruck landen musste. Tatsächlich hatte man die Einsatzleitung bei der Lufthansa noch gar nicht angefragt.

Als die Hubschrauber gelandet waren, bestand "Issa" auf einer Besichtigung des unterirdischen Fußweges im Beisein des Polizeichefs Manfred Schreiber. Als Schreiber mit "Issa" die Fahrebene betritt, ruft der Polizeichef plötzlich laut und deutlich "Probegang". Damit wurde "Issa" klar, dass der Spaziergang eine Falle ist. Er bestand sofort auf einem Bus für den Transport zu den Hubschraubern. Als "Issa" und sein Kommando schließlich den Bus bestiegen, wird erstmals an diesem Tag klar, dass es sich genau um acht Terroristen und neun Geiseln handelt.

Auf sie warteten fünf Präzisionsschützen in Fürstenfeldbruck. Diese hatten jedoch keinen Funkkontakt untereinander, obwohl sie mehrfach um entsprechende Funkgeräte gebeten hatten. Zudem glaubten sie noch, dass fünf Terroristen mit den Hubschraubern ankommen werden. Niemand hatte nach Fürstenfeldbruck gemeldet, dass acht Terroristen im Anflug waren. Damit war die gesamte Planung über den Haufen geworfen.

Nach der Landung in Fürstenfeldbruck sah die Situation so aus: "Issa" und sein Unterkommandant "Tony" inspizierten die bereitgestellte leere Boeing. Bereitschaftspolizisten sollten eigentlich das Flugpersonal simulieren, hatten sich aber geweigert und die Maschine verlassen, als sie hörten, dass es um diese Palästinenser aus dem Olympiadorf ging. Vier weitere Terroristen blieben bei den Hubschraubern, zwei blieben in den Hubschraubern und behielten die Geiseln im Auge.

Auf das Kommando vom Tower "Feuer frei" erfolgte eine wilde Schießerei, bei dem die Lichtanlage außer Gefecht gesetzt wurde. Immerhin gelang es den Präzisionsschützen, "Issa" und "Tony" zu töten. Ein weiterer am Boden liegender Terrorist wurde erschossen, als er aufsprang, um eine Handgranate in einen der Hubschrauber zu werfen. In einem der Hubschrauber erschoss ein Terrorist alle Geiseln, im anderen wurde eine Handgranate gezündet, die den Hubschrauber abbrannte. David Berger, der letzte noch lebende israelische Sportler, verstarb in ihm an einer Rauchvergiftung. Von den Palästinensern überlebten drei das Gefecht, einer davon schwer verletzt. Getötet wurde auch ein deutscher Polizist, ein unbeteiligter Fahrer der Bereitschaftspolizei.