Nachschlag: Vorstellung BMW M5

BMW gönnt der Überarbeitung des M5 eine eigene Vorstellung. Trotz überreichlich Leistung könnte die Zielgruppe in einer Hinsicht enttäuscht sein.

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BMW M5

(Bild: BMW)

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Nein, einen Hang zu einem schüchternen Auftritt wird den Bayern angesichts der Vorstellungen in der jüngeren Vergangenheit wohl niemand unterstellen. Da wird manch einer froh sein, dass das gerade vorgestellte Facelift des 5ers, nun ja, weniger effektvoll ausfiel als erwartet – oder sollte man sagen: befürchtet? So oder so: Was noch fehlte, war die Spitze des 5er-Programms, für die BMW einen eigenen Termin genehmigte. Der überarbeitete M5 könnte die Erwartungen seiner Zielgruppe dennoch leicht enttäuschen.

Denn BMW hat die Chance verpasst, im Rahmen der Modellpflege die Leistung zu erhöhen. Nicht, dass das in der Lebenswirklichkeit dieser Leistungsklasse eine Rolle spielen würde – für relevante Verbesserungen bei den Fahrleistungen müsste angesichts der Ausgangslage von 441 kW (600 PS) im M5 und 460 kW (626 PS) im M5 Competition schon kräftig draufgesattelt werden. Wichtig gewesen wäre das vor allem für den viel zitierten Stammtisch, der jedoch nicht unterschätzt werden sollte – nicht wenige der M5-Kaufentscheidungen fallen mutmaßlich genau aus solchen Beweggründen. Den Beleg für diese These liefert das Competition-Modell mit 19 kW mehr: Für die Fahrleistungen ist der Zuwachs nahezu nebensächlich, für den Umsatz keineswegs. Immerhin muss das kleine Plus dem Kunden 9000 Euro Aufpreis wert sein.

Das inklusive DIN-Fahrer knapp zwei Tonnen schwere Auto setzt sich bei Bedarf rasant in Bewegung, egal welche Ausbaustufe sich der Kunde gegönnt hat. BMW nennt 3,4 (M5) bis 3,3 Sekunden (M5 Competition) im Standardsprint, die meisten Exemplare meines Auto-Lebenslaufs hätten vermutlich Tempo 90 später erreicht als der M5 die 200 km/h – was unter idealen Bedingungen in 11,1 / 10,8 Sekunden erledigt sein soll. Mit dem aufpreispflichten „M Driver’s Package“ ist erst bei 305 km/h die Spitze erreicht, wer sich das spart, kann nur bis 250 km/h beschleunigen.

BMW M5 Facelift 2020 (12 Bilder)

BMW M5 Nummer fĂĽnf hat von allem im Ăśberfluss, sieht man einmal von der direkten Konkurrenz ab.
(Bild: BMW)

Der 4,4-Liter-V8 mit Twinscroll-Turbolader, zylinderbankübergreifendem Abgaskrümmer, indirekter Ladeluftkühlung und einem maximalen Einspritzdruck von 350 bar stellt ein maximales Drehmoment von 750 Nm bereit. Vermutlich wäre noch mehr möglich, doch das Getriebe setzt hier gewisse Grenzen. Unterschiede zwischen den M5-Modellen gibt es bei der Motoraufhängung. Die Antriebslager des XL-Modelle haben eine höhere Kennlinie mit einer Federrate von 900 N/mm im Vergleich zu 580 N/mm im BMW M5.

Von der strafferen Anbindung der Antriebseinheit an die Fahrzeugstruktur verspricht sich BMW ein „nochmals spontaneres Ansprechverhalten des Motors”. Außerdem sollen „die charakteristischen Akustikeigenschaften des V8 noch prägnanter den Innenraum erreichen” und so „das Antriebserlebnis steigern”, führt BMW aus. Mit solchen Worten können Techniker die Presseabteilung natürlich wunderbar schönschwurbeln lassen, dass die steifere Anbindung den Nachteil von mehr Lärm mit sich bringt. Oder darf man Absicht unterstellen?

Außerdem bewirke die steifere Kennlinie ein „wahrnehmbar direkteres und präziseres Einlenken in Kurven“. Mutmaßung der Redaktion: Schon dem ordinären Basis-M5 dürften, ein gewisses Talent am Steuer vorausgesetzt, nur wenige Autos folgen können. Zumal die Konkurrenz rar ist. Audi bietet noch einen A6 mit 600 PS an, Porsche offeriert im Panamera bis zu 680 PS, ist damit aber nicht schneller als der M5. Volvo und Jaguar entziehen sich diesem Wettrüsten. Mercedes in diesem Segment zumindest aktuell auch, wobei man damit rechnen darf, dass dies keine dauerhafte Entscheidung ist.

Noch können die Hersteller beim Flottenverbrauch die schlimmsten Sünder ausklammern. Die Verbrauchsangabe des M5 ist im WLTP erfasst und auf den NEFZ zurückgerechnet, letzterer ist auch im Jahr 2020 noch immer verpflichtend zu kommunizieren. 10,5 bis 10,6 Liter sollen es in diesem beschönigenden Zyklus sein. Wer sich diese Rakete zulegt, wofür sie gedacht ist, darf wohl locker drei Liter plus X addieren. Erstaunlich ist, dass BMW laut Datenblatt die überarbeitete Version mit der bald nicht mehr zulassungsfähigen Abgasnorm Euro 6d-Temp zu den Kunden schickt. War es wirklich nötig, Kritikern die Wange derart ungeniert hinzuhalten?

Den Käufern wird Realverbrauch und Abgasnorm vermutlich herzlich egal sein. Der Einstiegspreis liegt bei 120.900 Euro, der M5 Competition bei 129.900 Euro. Die dazugereichte Ausstattung ist üppig, was nicht etwa heißen soll, BMW böte keine Chancen, die Preise in erheblichem Umfang weiter zu liften. Schüchternheit ist den Bayern schließlich auch in dieser Hinsicht fremd.