Nebenkostenprivileg: "Die Cash-Cow der Kabelnetzbetreiber schlachten"

Seite 2: Fernsehkabelnetz der Deutschen Bundespost

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(Bild: Everton Eifert/Shutterstock.com)

Bis zur Jahrtausendwende gehörte das deutsche Kabelnetz der Telekom. Die EU-Kommission sah die Chance, mit der Digitalisierung des TV-Kabels mehr Wettbewerb auf dem von ehemaligen Staatsbetrieben dominierten Telekommunikationsmarkt zu schaffen. Brüssel forderte deshalb, das Kabelnetz solle in eine eigenständige Gesellschaft ausgelagert werden. Um sich nicht selbst einen schlagkräftigen Konkurrenten vor die Nase zu setzen, zerschlug die Telekom das deutsche Kabelnetz in zahlreiche kleine Regionalgesellschaften und verkaufte sie an Investoren.

Heute ist ein Großteil der deutschen Kabelnetze wieder unter einem Dach – bei Vodafone. Das TV-Kabel ist mit rund 17,5 Millionen angeschlossenen Haushalten inzwischen ein enorm wichtiges Medium für schnelles Internet und die größte Konkurrenz für das Festnetz der Telekom. Die Kabelnetzbetreiber liefern nominelle Bandbreiten, bei denen VDSL-Vectoring auch preislich nicht mehr mithalten kann. Es ist deshalb nicht überraschend, dass sich die Telekom vehement für die Abschaffung der "Zwangsabgabe für ein Fernseh-Kupferkabel aus dem letzten Jahrhundert" einsetzt, wie es ein Sprecher formuliert. In Branchenkreisen gilt es als offenes Geheimnis, dass das BMWi die Streichung des Nebenkostenprivilegs nach massiver Lobby-Arbeit der Telekom in die TKG-Novelle aufgenommen hat.

Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass die Telekom dabei ausgerechnet mit dem Glasfaserausbau argumentiert, den sie selbst gerne da behindert, wo er ihr in die Quere kommt: "Wir begrüßen die vorgesehene Abschaffung des Nebenkostenprivilegs, denn dieses Relikt aus den 80er Jahren gehört zu den größten Hindernissen für einen schnelleren Glasfaserausbau." Ganz anders sehen das die Wettbewerber der Telekom und erwarten eher positive Effekte: Denn das noch geltende Nebenkostenprivileg ist per Gesetz technologieneutral. So können davon auch Immobilienbesitzer profitieren, die ihre Hausanlage fit für FTTH/B machen wollen.

Deshalb spricht sich der Bundesverband Breitbandkommunikation (Breko) auch dagegen aus, die Umlagefähigkeit über die Betriebskosten jetzt kurzerhand abzuschaffen. "Anstatt sie zu streichen, sollte man sie aber besser modernisieren und zu einer Triebfeder für den Ausbau zukunftsfähiger digitaler Infrastruktur machen, indem man die Umlagefähigkeit an neue Investitionen in Glasfasernetze bis in die Gebäude und Wohnungen koppelt", schlägt Breko-Chef Stephan Albers vor. Der Breko will das Instrument zur Förderung von Glasfaser und Open-Access-Netzen einsetzen, aber auch nicht in alle Ewigkeit festschreiben. Die bestehenden Gestattungsverträge sollten aber über ihre Laufzeit unbedingten Bestandsschutz genießen, fordert der Verband.

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Das wäre ein Kompromiss, mit dem auch der FDP-Digitalexperte Manuel Höferlin leben kann. "Leider findet der Gigabit-Ausbau auch auf den letzten Metern noch viel zu schleppend statt", erklärt der Bundestagsabgeordnete gegenüber heise online. Auch Höferlin ist dagegen, die Umlagefähigkeit jetzt sofort einzustampfen. "Es wäre eine vertane Chance, das Nebenkostenprivileg einfach nur abzuschaffen. Stattdessen braucht es ein Upgrade mit einem Investitionsanreiz für die Inhaus-Versorgung", sagt der Oppositionspolitiker. "Umlagefähig sollen meiner Meinung nach zukünftig nur noch gigabitfähige Anschlüsse sein. Ein Bestandsschutz für bestehende Mietverträge ist obligatorisch."

Der bisher bekannte Entwurf der TKG-Novelle sieht eine fünfjährige Übergangsfrist für bestehende Verträge vor. Deren üblicherweise deutlich längere Laufzeiten machen es den Netzbetreibern leicht, zu kalkulieren. Rund drei Viertel aller Kabelanschlüsse sind über Jahre fest vermarktet, sorgen für einen stetigen Cashflow und können nicht gekündigt werden. Dass das ein bisschen planwirtschaftlich anmutet, muss jetzt auch als Argument für die Abschaffung der Umlagefähigkeit herhalten. Der EU-Kodex für Telekommunikation sieht vor, dass Vertragslaufzeiten für Telekommunikationsdienste zunächst nicht länger als 24 Monate sein dürfen und danach jährlich gekündigt werden können.

Wegen der Laufzeiten sind die Gestattungsverträge den Verbraucherschützern ein Dorn im Auge. Der Bundesverband der Verbraucherzentralen (VZBV) will sich nicht festlegen, solange der Entwurf noch im Kabinett gärt, verweist aber – wie andere Kritiker des Nebenkostenprivilegs auch – auf einen Beitrag von Michael Gundall von der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz. Verbraucher hätten keinen Einfluss auf die Auswahl des Netzbetreibers, kritisiert Gundall darin: "Echte Wahlfreiheit? Fehlanzeige!". Es sei an der Zeit, "dass die 'CashCow' der Kabelnetzbetreiber zur Schlachtbank geführt" werde. Die Netzbetreiber halten dagegen, dass die Laufzeitregelungen im EU-Kodex für Kundenverträge gelten und nicht für die Gestattungsverträge mit der Immobilienwirtschaft.