People Analytics: Wie Arbeit kĂĽnftig vermessen wird

COVID-19 hat die Digitalisierung der Arbeit rasant vorangetrieben. Die dafür notwendigen Werkzeuge erlauben eine neue Qualität der Überwachung am Arbeitsplatz.

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(Bild: Science Photo Library / Ikon)

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Es ist keine neue Entwicklung, dass Unternehmen die von ihren Mitarbeitern generierten Daten mehr und mehr einer technischen Analyse unterziehen. Sie läuft seit Jahren – aber bisher blieb sie für große Teile der Öffentlichkeit unter dem Radar: Die Tools und Werkzeuge der modernen Büroarbeit sind keine isolierten Programme mehr. Sie spielen zusammen, tauschen Informationen aus, generieren Daten und Metadaten. Und wo Daten sind, ist eine Untersuchung dieser Daten nicht weit.


Dieser Artikel stammt aus Ausgabe 04/2021 MIT Technology Review (als pdf bestellen). Das Heft beschäftigt sich als Sonderheft mit der Zukunft der Arbeit.


Bereits 2017 stellte beispielsweise Microsoft als Bestandteil von Office 365 das Tool "Workplace Analytics" zur Verfügung. Workplace Analytics nutzt die von den verschiedenen Office365-Anwendungen generierten Daten, um laut Microsoft "die Produktivität von Wissensarbeitern messbar" zu machen – auf der Ebene von Teams in Unternehmen. Analog dazu liefert das Tool "My Analytics" Zahlen und Fakten zur Beurteilung der persönlichen Effizienz.

In das Bewusstsein einer breiteren Öffentlichkeit gelangten diese Werkzeuge jedoch erst im Herbst 2020 mit der Integration in Microsoft Teams. Die Kollaborationssoftware dient in Zeiten der Pandemie in vielen Unternehmen, die ohnehin bereits mit Office-Produkten von Microsoft arbeiten, als Kommunikationszentrale für verteilte Mitarbeiter. Dementsprechend schreckte die Nachricht Beschäftigte und Datenschützer vor allem in Europa auf, woraufhin Microsoft im Dezember 2020 die Anzeige und Analyse einzelner Usernamen im System sperrte – die Arbeit von Gruppen oder Abteilungen lässt sich aber weiter analysieren, wenn das entsprechende Tool lizenziert ist.

Was in Deutschland in der Regel nicht der Fall ist, weil es zum einen Datenschutz-Bedenken gibt und zum anderen die Verwendung solcher Tools mitbestimmungspflichtig ist. Doch die Gefahr einer umfassenden Überwachung und Kontrolle im Unternehmen ist damit nicht gebannt. Denn Microsoft ist längst nicht das einzige Unternehmen, das solche Werkzeuge anbietet.

Auch IBM beispielsweise hat mit dem Personal Social Dashboard ein ganz ähnliches Produkt auf dem Markt, das hauptsächlich die Aktivitäten des Nutzers in innerbetrieblichen Netzen analysiert. Und das sind nur die großen Player: Unter dem Stichwort "People Analytics" hat sich seit einigen Jahren ein dynamisch wachsender Sektor entwickelt, der verspricht, Unternehmen durch die automatisierte Auswertung der Tätigkeit ihrer Beschäftigten effizienter und erfolgreicher zu machen.

"Workplace-Analytics-Software" analysiert die Produktivität von typischen Bürotätigkeiten. Solche Tools, wie hier der "Productivity Score" von Microsoft, sind umstritten, denn sie lassen sich auch zur Überwachung von Beschäftigten nutzen.

(Bild: Microsoft)

Die Corona-Epidemie und die damit verbundene Ausweitung des Homeoffice haben diese Entwicklung nun noch einmal beschleunigt und verschärft. So berichtet etwa die britische Zeitung Guardian, dass bei Mitarbeitern des französischen Callcenter-Konzerns Teleperformance, die im Homeoffice sind, eine spezielle Webcam installiert wird, deren Stream von einer KI überwacht wird.

Der Konzern, der weltweit tätig ist und zu dessen Kunden in Deutschland beispielsweise Volkswagen gehört, überwacht seine Angestellten zwar nicht lückenlos. Der Algorithmus überprüft jedoch stichprobenartig, ob sich die richtige Person am Arbeitsplatz befindet, niemand anderes in der Nähe ist und ob jemand auch tatsächlich arbeitet.

Die Möglichkeiten zur digitalen Kontrolle sind vielfältig: Softwareprodukte wie Hubstaff tracken Mausbewegungen und Tastatureingaben, aufgerufene Webseiten, E-Mails, Dateiübertragungen und Anwendungen – und das nicht nur bei US-Unternehmen. Hubstaff habe bestätigt, dass sich die Nachfrage nach seinen Produkten in Deutschland seit März 2020 verdreifacht hat, berichtet das Portal Mitbestimmung.de der Hans-Böckler-Stiftung des DGB.