Schule digital: Der Digitalpakt – ein weiteres deutsches Digitalversagen?

Seite 4: Die Pandemie als Katalysator

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Die Pandemie hat dafür gesorgt, dass politisch viel Bewegung in die Förderprogramme gekommen ist. Lehrkräfte mussten sich den Herausforderungen des Fernunterrichts stellen. In welcher Form sie das tun konnten, hing immer von den Voraussetzungen vor Ort und nicht zuletzt der Schulform ab. Grundschulen auf dem Land hatten es naturgemäß schwerer als berufliche Schulen in der Stadt.

Aber egal, wie gut die jeweilige Schule im digitalen Bereich aufgestellt war: Es fand eine Auseinandersetzung mit digitalen Geräten und Werkzeugen statt. Diese kann im Idealfall dafür sorgen, dass ein Großteil aller Beteiligten mittlerweile besser weiß, wovon gesprochen wird, wenn es um digitale Ausstattungsplanung von Schulen geht.

Für die Träger gerieten Digitalthemen im Kontext von Schule zunehmend in den Fokus. Dabei spielte auch der Druck aus den Elternhäusern eine Rolle. In vielen Fällen führte das zu einer beschleunigten Planung oder zumindest zu einem veränderten Bewusstsein um die Bedeutung von Digitalthemen für die Schulen der Region.

Pessimisten sagen, dass alle Akteure im Bereich Schule Digitalthemen immer nur im Kontext der Pandemie wahrnehmen und sich nach den Zeiten vor Corona zurücksehnen. Sie fürchten, dass Schule – schneller als man hinschauen kann – in den Zustand vor der Pandemie zurückfallen wird.

Optimisten sehen die Veränderung. Viele Menschen sind intensiv mit den Möglichkeiten und Potentialen digitaler Werkzeuge in Verbindung gekommen. Gerade für den ländlichen Raum kann Lernen in Distanz an Bedeutung gewinnen, etwa im Bereich der beruflichen Bildung. Viele Beteiligte sprechen nach dieser langen Coronazeit technisch kompetenter miteinander.

Schule und Unterricht sind durch das Distanzlernen transparenter geworden. Eltern haben Einblicke in die Arbeit vieler Lehrkräfte gewonnen. Die Klassenraumtür wurde offener.

Corona ist ein Weckruf. Geld alleine reicht nicht. Es braucht Menschen, die diese Mittel sinnvoll verwenden und die Beteiligten an einen Tisch bringen. Digitalität bedeutet Vernetzung – auf unterschiedlichen Ebenen. Es wurde in der öffentlichen Diskussion oft mit dem Finger auf die Schulen gezeigt. Unterscheiden die sich in ihren bürokratischen Abläufen eigentlich wesentlich von denen in großen Wirtschaftsunternehmen?

Deswegen ist es aus meiner Sicht falsch, den Erfolg oder Misserfolg des Digitalpakts nur an der Kennzahl "Mittelabfluss" zu messen. Ich sehe im Gegenteil eine große Gefahr darin, dass unter politischem Druck nun die Schulen mit digitalen Geräten und Werkzeugen geflutet werden, die sie in dem Tempo und der Fülle gar nicht sinnvoll einsetzen können.

      • Digitale Infrastruktur an Schulen ist nichts, was eine Begründung erfordert. Sie gehört wie eine Elektroverkabelung oder eine Heizungsanlage zur Grundausstattung. Das gilt auch für breitbandige Internetanschlüsse.
      • Träger brauchen eine Perspektive, die Vertrauen schafft, dass Folgekosten aus den Anschaffungen des Digitalpakts nicht allein von ihnen getragen werden müssen. Die wichtige Rolle der Träger ist in der öffentlichen Berichterstattung zu unterrepräsentiert.
      • Es mangelt an Fachpersonal sowohl im technischen als auch im pädagogischen Support im Bildungssystem, zu dem auch die Schulträger gezählt werden müssen. Hier wäre im sowohl Bereich der Fachinformatik als auch in der Lehrkräfteausbildung die Schaffung bildungsbezogener Zusatzqualifikationen oder gar ganzer Berufsbilder bedenkenswert.
      • Es braucht mehr Klarheit im Bereich der datenschutzrechtlichen Vorgaben im Bildungssystem – dieser Aspekt ist zu umfassend, um ihn in einem Überblicksartikel wie diesem darzustellen.
      • Ein Medien(bildungs)konzept ist nicht das Stück Papier, auf dem es steht. Ein Konzept ist das, was an einer Schule gelebt wird und bei der Schulgemeinschaft ankommt. Damit dies geschieht, benötigen Schulen eine digitale Grundausstattung und Zeit zur Erprobung.
      • Die Frage nach dem Mittelabfluss von Fördergeldern ist aus journalistischer Perspektive nachvollziehbar. Qualitativ ist diese Kennzahl allein wenig aussagekräftig. In ungünstigen Fällen trägt der daraus resultierende Druck mit zu fragwürdigen Beschaffungen bei.
      • Druck ist der schlechteste Berater in komplexen Transformationsprozessen. Immerhin das ist im Digitalpakt berücksichtigt. Denn das Geld läuft vorerst nicht weg. Mittel aus dem Digitalpakt können noch bis zum Frühjahr 2023 beantragt werden, bevor sie endgültig verfallen.
Artikelserie "Schule digital"

(kbe)