Schule digital: Medien(bildungs)konzepte – ohne geht's nicht

Seite 4: Die Konzeptentwicklung

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Die meisten Bundesländer stellen Materialien bereit, die dabei unterstützen können, ein Medien(bildungs)konzept zu erstellen. Oft gibt es Musterkonzepte, an denen man sich wahlweise entlanghangeln muss oder kann. Gelegentlich wird – wie beispielsweise in Schleswig-Holstein – im ersten Schritt gar kein vollständiges Konzept erwartet.

In vielen Bundesländern gibt es eine medienpädagogische Beratung, die unterstützen kann. Nicht alle Beratungssysteme sind personell gleichermaßen gut aufgestellt, aber zumindest Hinweise auf das, was jeweils erwartet wird, sollten immer möglich sein. In den landeseigenen Veranstaltungsdatenbanken lohnt sich eine Suche nach entsprechenden Einführungsveranstaltungen.

So lassen sich von vornherein Irrwege vermeiden, die den späteren Prüfkriterien nicht gerecht werden. Oft fängt das schon bei Begrifflichkeiten an, wie Sie an der seltsamen Schreibung des Begriffes Medien(bildungs)konzept in diesem Artikel schon erkennen können. In Niedersachsen meint Medienbildungskonzept das, was in anderen Bundesländern schlicht Medienkonzept heißt.

In allen Bundesländern werden in Medienkonzepten Aussagen zum "Ist-" und "Sollzustand" in Bezug auf die digitale Infrastruktur erwartet (zum Beispiel Netzwerktechnik, WLAN). Diese unterscheidet sich bezogen auf Schulformen sehr. Eine berufsbildende Schule mit technischer Ausrichtung wird anders aufgestellt werden müssen als ein Förderzentrum.

Auch wenn die Schulformen durch die Republik verschiedene Bezeichnungen tragen: Innerhalb einer Schulform werden sich die Bedarfe an digitaler Infrastruktur hingegen kaum unterscheiden. Bayern beschreibt förderfähige Infrastruktur genau wie Niedersachsen sogar recht dezidiert. Hier können eine Zusammenarbeit und der Austausch von Textbausteinen mit anderen Schulen der gleichen Schulform viel Sinn machen – gerade weil digitale Infrastruktur nahezu pädagogikneutral ist und immer benötigt wird. Damit lässt sich der Soll-Zustand in Bezug auf die Infrastruktur beschreiben.

Bei der Erfassung des Ist-Zustandes werden viele Schulen auf die Hilfe von Fachpersonal angewiesen sein. Häufig sind dessen Dienste als Begleitmaßnahme zum Digitalpakt förderfähig.

Durch diese Vorgehensweise kauft man sich – je nach Umsetzung des Digitalpaktes im eigenen Bundesland – viel Zeit. Die Umsetzung digitaler Infrastruktur ist meist genau das, was am meisten davon benötigt.

Eine große Sorge der Schulträger besteht darin, dass sie auf Folgekosten der digitalen Schulausstattung sitzenbleiben werden. Während digitale Infrastruktur – falls sie gut und nach heutigem Stand der Technik geplant ist – durchaus für mehrere Jahre benutzbar bleibt und im Betrieb kaum Folgekosten verursacht, ist das bei digitalen Geräten anders. So müssen Präsentationssysteme oder Tabletcomputer irgendwann ersetzt werden, weil sie zum Beispiel herstellerseitig nicht mehr mit Updates versorgt werden oder ihre Leistungsfähigkeit nicht mehr zeitgemäß ist. Fehlinvestitionen sind hier doppelt teuer: Stellt sich beispielsweise heraus, dass digitale Klassenraumausstattungen den Erwartungen der Lehrkräfte nicht entsprechen, bekommt man große Probleme, wenn diese schulweit installiert worden ist.

Daher können kleinere Schritte hier schneller zum Ziel führen: Warum nicht einen Gebäudetrakt umrüsten, Erfahrungen im Alltag sammeln und dann schulweit einführen? Warum nicht erst mit schuleigenen Klassensätzen von digitalen Endgeräten arbeiten, um dann ganze Jahrgänge damit auszustatten? Diese Geräte bleiben dann immer noch zur Durchführung von Prüfungen oder als Leihgeräte nutzbar.

Diese Vorgehensweise trägt der Sorge vieler Träger Rechnung, dass mit den beschafften Geräten und Werkzeugen bei zunächst beherrschbaren Erstkosten sinnvoller Unterricht stattfindet. Der spätere Appell, auf diesem Weg dann weiterzugehen, findet vielleicht so mehr Gehör. Dieses prozesshafte Konstrukt der kleinen Schritte kann im Rahmen des Medienkonzeptes verschriftlicht und begründet werden.

Durch diese eher zurückhaltende Vorgehensweise erhält man in der Umsetzung etwas Zeit, um ein für Medienkonzepte oft obligatorischen weiteren Punkt anzugehen: Die Fortbildungsplanung für Lehrkräfte.

Kollegien sind bezüglich digitaler Kompetenzen oft sehr heterogen aufgestellt. Im Umgang mit digitalen Werkzeugen und Geräten gibt es sowohl große Unsicherheiten, als auch Stärken, die im Kontext der Pandemie gleichermaßen deutlich geworden sind. Je nach Ausgangslage lässt sich diese Heterogenität sichtbar machen: Einen ersten Rahmen für eine "digitaldidaktische" Bestandsaufnahme kann der DigCompEdu bilden. Er beschreibt wissenschaftlich fundiert, welche digitalen Kompetenzen Lehrkräfte benötigen, um Medienkompetenz bei den Schülerinnen und Schülern zu fördern. Lehrkräfte schätzen sich dabei selbst ein. Auf Basis der Selbsteinschätzung in einem Kollegium lassen sich Schwerpunkte bei den Fortbildungsbedarfen an einer Schule identifizieren. Das Besondere am DigCompEdu besteht darin, dass individuelle Handlungsempfehlungen nach Durchlaufen der Selbsteinschätzung gegeben werden, sich aber auch schulweite Maßnahmen und Bedarfe ableiten lassen.

Wichtig sind im Rahmen des Medienkonzeptes bei der Fortbildungsplanung Realismus – also vor allem das Wissen um die Begrenztheit der eigenen Ressourcen. Daher sind Überlegungen, die sich auf andere schulische Bereiche übertragen lassen, besonders effektiv und haben die größten Chancen, sich nachhaltig zu etablieren.

Schulen arbeiten mit Wissen. Wissen ist eine der vielleicht wichtigen Voraussetzungen für eine Kompetenzentwicklung. Genau wie in vielen anderen Institutionen und Firmen ist der Zugriff auf und die Organisation von Wissen ein zentraler Punkt.

Das geschieht im Kleinen: Wenn die Lehrkraft, welche die Homepage betreut hat, in Ruhestand geht – gibt es eine Möglichkeit, ihre Arbeit fortzuführen oder fängt die mit der Aufgabe betraute Person wieder ganz von vorne an?

Das geschieht im Großen: Muss sich die neue Referendarin an einer Schule ihr eigenes Unterrichtskonzept komplett neu erarbeiten oder kann sie auf Erfahrungswerte ihrer Fachschaft systematisch zugreifen ohne dabei mehr oder minder zufällig an einen hilfsbereiten Kollegen zu geraten?

Viele Lernmanagementsysteme lassen sich nicht nur dafür nutzen, Schülerinnen und Schülern Aufgaben und Lernpfade bereitzustellen, sondern können auch dem gemeinsamen Lernen in einem Kollegium dienen. Es ist etwas anderes, jemandem aktiv um Unterrichtsmaterial bitten zu müssen oder zeit- und ortsunabhängig Zugriff auf einen Material- und Ideenfundus zu haben – bis hin zur Möglichkeit des Austausches gesamter Unterrichtskonzepte. Was für ein Kollegium gut funktioniert, kann in Schulklassen genauso funktionieren. Nicht immer muss es ein vollständiges Lernmanagementsystem sein – manchmal ist der Beginn mit einem Wiki der einfachere Weg.

Geplante Strategien zum Umgang mit Wissen lassen sich in einem Medienbildungskonzept beschreiben und einen Nutzen in anderen Bereichen der Schule entfalten.