Virtuell analog: Eigenbau-Synthesizer

Mikrocontroller können auch Musik: Wir stellen vier virtuell analoge Synthesizer mit Atmel-Chips zum Selbstlöten vor.

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Lesezeit: 19 Min.
Von
  • Philip Steffan
Inhaltsverzeichnis

Ganz früher waren Synthesizer groß und schwer und nahmen ganze Schränke ein, dann schrumpften sie und passten in Keyboard-Gehäuse und Racks. Mittlerweile findet die Klangsynthese oft im Computer statt, der die gewünschten Signale schnell genug berechnen kann. Trotzdem schwören viele Soundfreaks auf den "echten" Klang elektronischer Bauteile, der sich nur mit einem Gerätepark erzeugen lasse – ähnlich wie DJs der alten Schule, die ihre Vinylplatten nie durch ein entsprechendes DJ-Programm ersetzen würden.

Die Synthesizer auf den folgenden Seiten bestehen aus Hard- und Software, tun also nur so, als würden die Klänge durch analoge Klangsynthese entstehen. Gerade dadurch führen sie aber neue Eigenheiten ein: Sie klingen rauer und heben sich so von den Sounds der Computer-Plug-ins ab. Außerdem lassen sie sich alle selbst zusammenbauen. Eine Einführung in die subtraktive Synthese finden Sie auf der letzten Seite dieses Artikels.

Die Arduino-Plattform hat dem Programmieren von Mikrocontrollern ein Revival beschert. Während sich der Chip von Atmel aber bei vielen Eigenbauprojekten langweilt, bekommt er bei der Klangsynthese ordentlich Arbeit: Dafür sind 32 oder 64 KByte Speicher und ein Takt von rund 20 MHz nämlich doch sehr knapp. Es reicht in der Regel auch nur für monophonen Sound, das heißt: Der Synthesizer erzeugt immer nur einen Ton wie zum Beispiel eine Flöte und keine Vielklänge wie etwa ein Klavier.

Insofern hat die Entwicklung von Mikrocontroller-Synthesizern auch einen sportlichen Aspekt: Die Einschränkungen sorgen dafür, dass jede Funktion und jeder Algorithmus so kompakt wie möglich programmiert werden muss.

Die hier getesteten Synthesizer sind nicht größer als eine Brotdose und lassen sich mit Batterien betreiben, aber es sind keine Spielzeuge: Fast alle lassen sich über eine MIDI-Schnittstelle in ein Studio-Setup integrieren. Die erzeugten Sounds reichen vom digitalen Pieps wie von den ersten Spielkonsolen über tanztaugliche Elektro-Bässe bis hin zu undefinierbaren Geräuschen. Da keiner der getesten Synthesizer einen eigenen Lautsprecher hat, braucht man zusätzlich Kopfhörer oder einen Verstärker.

Bei allen Geräten handelt es sich um Open-Source-Hardware: Die Hersteller bieten die Schaltpläne und den Programmcode zum Download an. Das soll eine unabhängige Weiterentwicklung von Hard- und Software ermöglichen. Wem die Anordnung der Knöpfe oder der Klang der Oszillatoren nicht zusagt, kann selbst eingreifen. Tipps dazu findet man in den Diskussionsforen auf den Webseiten der Hersteller.

Das Abenteuer DIY-Synthesizer beginnt meist mit der Wahl zwischen drei Paketen:

  • Mit einem fertig aufgebauten Gerät im Gehäuse kommt man am schnellsten zur Musik, verpasst aber den ganzen Bastelspaß und zahlt natürlich am meisten. Dafür erspart man sich im Zweifelsfall frustrierende Stunden der Fehlersuche.
  • Wenn die Aussicht auf ein paar Stunden mit dem Lötkolben nicht abschreckt, sollte man zum Bausatz greifen, der in der Regel alle benötigten Teile enthält. Außerdem hat man dann die Wahl, ob man den Synthesizer in das meist zusätzlich angebotene Gehäuse einbaut oder sich eine eigene Lösung einfallen lässt.
  • Die kleinste Variante: Meistens wird auch nur die unbestückte Synthesizer-Platine für 10 bis 20 Euro angeboten. Die Bauteile muss man sich dann selbst besorgen. Dabei sollte man im Vorfeld aber genau überprüfen, ob man alle Teile im Inland und von einem Händler bekommt. Zahlt man mehrfach Porto, ist der Preisvorteil gegenüber dem kompletten Bausatz schnell wieder weg.

Wie die getesteten Synthesizer klingen? Hier gibt es online Klangbeispiele aller Geräte.