Virtuell analog: Eigenbau-Synthesizer

Seite 2: MeeBlip SE

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Der MeeBlip entstand aus einer Zusammenarbeit zweier Ein-Mann-Betriebe, der kanadischen Firma Reflex Audio und dem Musiktechnik-Blog Create Digital Music. James Grahame und Peter Kirn hatten sich zum Ziel gesetzt, einen günstigen, aber hackbaren Synthesizer zu bauen, der sich ohne vorherige Kenntnisse leicht bedienen lässt.

Günstig wird ein Gerät vor allem, wenn es nur aus wenigen Teilen besteht: Die Klangsynthese im MeeBlip geschieht daher komplett digital in einem ATmega-32A-Mikrocontroller. Die ansonsten ziemlich leere Platine enthält daneben nur noch eine Verstärkerschaltung. Auch das Hoch- und Tiefpassfilter, welches bei vielen anderen Synthesizern analog aufgebaut ist, ist beim MeeBlip nur ein Algorithmus im C-Quellcode. Zudem verzichtet das Gerät von der Größe einer VHS-Kassette auf ein Display.

Am MeeBlip soll man basteln: Der Untertitel lautet "Hackable Digital Synthesizer".

Hackbar wird der MeeBlip, da keiner der Knöpfe und Regler fest mit seiner Funktion verbunden ist: Wer eine andere Anordnung bevorzugt, kann die Zuordnung in der Firmware ändern und den neuen Code per AVR-Programmer in den Synthesizer laden. Im MeeBlip steckt bereits die frühere Arbeit anderer Programmierer: Die Firmware basiert auf dem quelloffenen AVRSynth-Projekt, das 2002 von Jarek Ziembicki gestartet wurde.

Auch Synthesizer-Neulinge können den MeeBlip bedienen: Die Klänge lassen sich über 8 Drehregler und 16 Schalter beeinflussen. Wer nicht genau weiß, was die einzelnen Parameter bewirken, dreht einfach so lange herum, bis der Sound gefällt. Der Verzicht auf ein Display und eine Menüstruktur sorgen dafür, dass das weniger zielgerichtet, dafür spielerischer abläuft. Einen einmal gefundenen Klang kann man in einem der 30 Speicherplätze des MeeBlip ablegen.

Der Sound des MeeBlip ist eher digital-kalt und erinnert an Computerspiele aus der 16-Bit-Ära. Oszillator 1 erzeugt eine Sägezahn- oder Pulswelle (mit verstellbarer Pulsbreite), dazu lässt sich Oszillator 2 mit einer Rechteck- oder Dreieckwelle mischen. Der Low Frequency Oscillator (LFO) kann entweder die Tonhöhe oder das Filter beeinflussen, womit man Vibrato- oder Tremolo-Effekte erzeugen kann. Der oftmals harsche Klang, der sich aus der Art der Sounderzeugung ergibt, hat dabei durchaus Charme. Das Filter bringt zwar etwas klangliche Wärme hinein, klingt aber nicht so satt wie zum Beispiel beim Shruthi. Insgesamt eignet sich der MeeBlip dadurch nicht für jeden Stil: Im Umfeld von minimaler und technoider Musik und Klangkunst ist er wohl am besten aufgehoben.

Wer basteln will, greift besser nicht zum Fertiggerät MeeBlip SE, sondern kauft sich den günstigeren MeeBlip Micro. Bei der Kleinst-Variante (115 mm × 64 mm) fehlen Gehäuse und alle Knöpfe und Schalter. Auf dieser Basis kann man daraus einen batteriebetriebenen Hosentaschen-Synthesizer oder ein koffergroßes Soundmonster bauen. Alternativ bindet man die Platine ohne Bedienelemente nur per MIDI an und steuert so alle Soundparameter manuell oder automatisch von außen.

Mehr Infos

Das Filter?

In der Elektrotechnik sagt man tatsächlich "das Filter": Hier hat sich das Neutrum des lateinischen Wortes filtrum erhalten.

Hersteller
Reflex Audio, Create Digital Music
Bezugsquelle
meeblip.com
Mikroprozessor ATmega 32A
Dauer Zusammenbau
Preis Bausatz 59 Euro (MeeBlip Micro)
Preis Gehäuse
Preis Fertiggerät 150 Euro
MIDI In
Audio Out
Oszillatoren 2
Hüllkurven 1 ADSR
Filterschaltung 4pole LPF (digital)
Firmware-Update
ICSP