Virtuell analog: Eigenbau-Synthesizer

Seite 3: Shruthi-1

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Das Shruthi ist ohne Zweifel ein ausgewachsener Synthesizer: Die Liste der möglichen Ausgangssignale der zwei Oszillatoren und wie man sie miteinander verknüpfen kann, ist länger als diese Seite. Die monophone Klangsynthese geschieht komplett digital im ATmega-Mikrocontroller, Tiefpassfilter und Verstärker sind analog aufgebaut.

Jedes Shruthi besteht aus zwei Teilen, dem digitalen Steuermodul und dem analogen Filter-/Verstärkerboard. Bei Letztgenanntem hat man beim Kauf die Wahl zwischen derzeit sechs Modellen, die den Klang mit unterschiedlichen analogen und digitalen Filter- und Effektschaltungen bearbeiten.

Keine Black Box: Das Shruthi-1 ist Open-Hardware und hat ein transparentes Gehäuse.

Alle Soundparameter lassen sich über vier Drehregler einstellen. Mit den sechs Tasten wählt man den zu bearbeitenden Bereich (Oszillatoren, Filter, Hüllkurven und so weiter). Die Parameter und ihre Werte werden auf dem Display mit 16 × 2 Zeichen dargestellt. Wie bei einem Modularsynthesizer lassen sich zwölf Steuersignale intern miteinander verbinden, allerdings virtuell und nicht über Kabel.

Über MIDI hat man live Zugriff auf alle Parameter, kann den Klang also auch komplett mit externen MIDI-Controllern oder über den PC steuern. Wenn das nicht genug Kontrolle ist: Einige Shruthi-Besitzer haben sich – Open-Hardware sei dank – aus dem Bausatz einen klassischen Synthesizer gebaut, bei dem jeder Parameter über einen eigenen Drehregler verstellbar ist.

Das Shruthi ist der wandlungsfähigste Synthesizer in unserem Test: dicke Bässe wie aus den Roland-Synthesizern der 80er Jahre, seltsame Geräusche, pfeifende Resonanzen, dazu endlose Modulationsmöglichkeiten. Neben den zwei Oszillatoren reichern ein Sub-Oszillator und ein Rauschgenerator den Sound an. Über den Audio-Eingang lassen sich auch externe Sounds mit dem Filter bearbeiten.

Dünnes 8-Bit-Gepiepse kann das Shruthi auf Wunsch: Mit dem zuschaltbaren Arpeggiator nähert sich das Gerät dem typischen C64-Sound. Dazu kommt ein Mini-Step-Sequenzer, mit dem man Klangabfolgen programmieren kann. Das alles kann kein kommerzieller Synthesizer für unter 200 Euro.

Vor der Soundtüftelei stehen allerdings mehrere Stunden Bauzeit: Das Shruthi ist nur als Bausatz erhältlich. Der Designer, Olivier Gillet, hält es für das Verständnis des Synthesizers wichtig, diesen auch selbst zusammengesetzt zu haben. Im sehr aktiven Forum zum Gerät gibt es aber eine Liste von "vertrauenswürdigen Instrumentenbauern", die auf Anfrage ein Shruthi bauen.

Dank der ausführlichen englischsprachigen Aufbauanleitung mit vielen Fotos sollten auch Ungeübte davor nicht zurückschrecken: Alle Bauteile lassen sich klassisch von Hand löten, winzige SMD-Krümel kommen gar nicht vor. Sofern man einen brauchbaren Lötkolben hat, kann man an einem verregneten Sonntag aus einem Haufen Bauteile einen überzeugenden Synthesizer zaubern.

Die Ein-Mann-Firma Mutable Instruments von Olivier Gillet hat noch zwei weitere DIY-Synthesizer im Angebot: Anushri, einen vollständig analogen Monosynth mit Drummachine und Multimode-Filter, der sich auch mit größeren Modularsynthesizern verbinden lässt (Bausatz: 200 Euro).

Wesentlich komplexer ist das Modell Ambika: Es besteht aus einer Hauptplatine und sechs kleineren "Voicecards", von denen jede ein eigener monophoner Synthesizer ist. Dafür muss man mit mindestens 600 Euro für alle Teile rechnen.

Hersteller
Mutable Instruments
Bezugsquelle
shop.mutable-instruments.net
Mikroprozessor ATmega 644p
Dauer Zusammenbau ca. 4 Stunden
Preis Bausatz 140 Euro
Preis Gehäuse 25 Euro
Preis Fertiggerät rund 300 Euro
MIDI In/Out
Audio In/Out
Oszillatoren 2 / Sub / 2 LFO
Hüllkurven 1 ADSR
Filterschaltung 4pole LPF (analog)
Firmware-Update
ICSP, MIDI