Typisch deutsches Digitaldesaster: Die Online-Autozulassung i-Kfz

Seite 4: E-Perso-Dilemma

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Nach dem Start der dritten Stufe von i-Kfz rückt das nächste Problem in den Fokus: In den Städten und Landkreisen, die die Onlinedienste eingeführt haben, werden diese kaum genutzt. Gründe dafür gibt es viele: Manche Kommunen verstecken i-Kfz auf ihren Webseiten eher, als die Dienste anzupreisen. Hinzu kommt der Umstand, dass man bei der Neuzulassung tagelang auf den Papierbescheid und die Plaketten warten muss. Die Zulassung übers Internet kostet sogar mehr als vor Ort in der Behörde, weil das Briefporto obendrauf kommt. Zulassungsdienstleister und Autohändler können i-Kfz überhaupt nicht nutzen, obwohl Kommunen und Wirtschaft das seit Jahren fordern.

Als größtes Hindernis gilt Experten jedoch der E-Perso, mit dem Bürger sich authentifizieren müssen. Kaum ein Bürger hat damit Erfahrung, bei vielen ist die Funktion nicht freigeschaltet, oder sie kennen ihre PIN nicht. Obendrein braucht man zum Auslesen des Ausweis-Chips ein NFC-fähiges Smartphone oder ein spezielles Lesegerät.

Woran die i-Kfz-Anträge im Detail scheitern, hat die Friedrich-Ebert-Stiftung im Landkreis Elbe-Elster untersucht (PDF): Dort wurde i-Kfz bis Februar 2021 knapp 100.000 Mal aufgerufen. 65 Prozent der Besucher begannen mit der Authentifizierung per E-Perso, doch nur 5 Prozent schlossen diesen Schritt ab. Das integrierte Onlinebezahlverfahren meisterten nur 1,6 Prozent, und nur 1 Prozent der Besucher schickte den Antrag ab.

Aufgrund solcher Erfahrungen entscheidet etwa die Hälfte der Bundesländer nach Beginn der Coronapandemie kurzerhand, das E-Perso-Erfordernis bei i-Kfz temporär zu streichen. Zum Beispiel muss man in Berlin nur noch einen Scan des Personalausweises hochladen. Wie riskant das ist, darüber kann man lange streiten.

Gerade im fremden Namen ein Auto an- oder abzumelden ist jedenfalls alles andere als kinderleicht. Im Rahmen von i-Kfz muss man je nach Verfahren einen oder zwei Sicherheitscodes eintippen. Diese befinden sich auf den Zulassungsbescheinigungen und den Kennzeichen und müssen durch Rubbeln oder Abziehen eines Aufklebers freigelegt werden. Fälle von Missbrauch seien nicht bekannt, erklärte das Bundesverkehrsministerium auf Anfrage von c’t.

Nach den Entscheidungen der Länder stiegen die Nutzerzahlen sprunghaft an. Wie stark das auf den E-Perso-Verzicht zurückzuführen ist, lässt sich aber nicht mit Bestimmtheit sagen. Denn viele Kommunen schlossen wegen der Pandemie gleichzeitig ihre Zulassungsstellen, sodass i-Kfz plötzlich die einzige Möglichkeit war. Von einem Durchbruch kann angesichts der bundesweiten Nutzungsquote von 0,6 Prozent bis Ende 2021 jedenfalls keine Rede sein.