Vom Fahren zum Gefahrenwerden. Automatisierte Shuttles – der europäische Weg?

Seite 2: Shuttles in Deutschland

Inhaltsverzeichnis

Automatische Shuttles, die auch schon mal als People Mover oder "On-Demand-Verkehre" bezeichnete werden, sind Fahrzeuge, die auf der ersten und letzten Meile im öffentlichen Transport eingesetzt werden. Als "erste und letzte Meile" wird die Strecke vom Start- und Zielpunkt einer Fahrt zur Haltestelle oder dem Verkehrsknotenpunkt bezeichnet. Diese Strecken müssen geschlossen und zu einem gesamten Angebot integriert werden, weil Bahnhöfe und Haltestellen ja nur Zwischenstationen sind.

Shuttle-Landschaft in Deutschland

(Bild: Susann Massutte)

In Deutschland gibt es daher zahlreiche Forschungsprojekte mit automatischen Shuttles. Der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) zählt derzeit (Stand Mai 2021) über 50 solcher Projekte in Deutschland. Die Experimentierlandschaft umfasst dabei sowohl Fahrbetriebe auf Privatgeländen als auch im öffentlichen Straßenraum mit Geschwindigkeiten zwischen 15 bis 20 km/h und Strecken zwischen 0,4 bis 5 Kilometern.

Dabei kommen in der Mehrzahl Fahrzeuge von einem der beiden französischen Hersteller EasyMile oder Navya SAS, in Hamburg auch solche des Autozulieferers IAV, in München ein Fahrzeug der Aachener Firma e.Go zum Einsatz. Einer der Pioniere auf dem deutschen Markt, der Hersteller des "Olli" auf dem EUREF-Gelände in Berlin, wird im Sommer auf dem deutschen Markt erwartet.

Navya-Shuttle

(Bild: Navya SA)

Bislang folgen alle Shuttle-Betriebe in Deutschland stets vorgegebenen Routen, sie fahren auf einer virtuellen Schiene. Flexible Routenführung, das flexible Befahren alternativer Routen oder gar der Fahrbetrieb in einem ganzen gesamten Operationsbereich (Operational Design Domain) sind für die Shuttles noch Zukunftsmusik.

Automatischer Shuttle auf dem Campus der Charité Berlin

(Bild: falco | Pixabay)

Dabei ist der Linienbetrieb auch gar nicht die Einsatzmodalität, bei der die Gefährten ihre Stärken ausspielen können. Ihre eigentliche Domäne sind flexible Routen und der On-Demand-Einsatz, also Situationen, in denen die Fahrgäste sie nach Bedarf und individuellen Wünschen anfordern können.

Als Pionier beim Testbetrieb von autonomen automatisierten Shuttles in Deutschland gilt insbesondere das Innovationszentrum für Mobilität und gesellschaftlichen Wandel (InnoZ). Bereits 2006 gegründet, wurden auf dem Gelände des ehemaligen Gasometers in Berlin-Schöneberg, wo sich Startups und Wissenschaft auf einem Gelände zusammenfanden, erste Schritte in Richtung Selbstfahrzukunft unternommen.


(Bild: Michelle Lischke)

Timo Daum ist Dozent und Sachbuchautor. 2019 erschien sein Buch "Das Auto im digitalen Kapitalismus. Wenn Algorithmen und Daten den Verkehr bestimmen". Timo Daum schreibt regelmäßig für de Rubrik Missing Link" auf heise online.

(Bild: David Ausserhofer)

Andreas Knie ist Politikwissenschaftler und leitet zusammen mit Weert Canzler die Forschungsgruppe "Digitale Mobilität und gesellschaftliche Differenzierung". Er berät Kommunen und Organisationen zu den Themen Verkehr, Mobilität, Digitalisierung & Nachhaltigkeit.

(Bild: David Ausserhofer)

Weert Canzler leitet zusammen mit Andreas Knie die Forschungsgruppe Digitale Mobilität am Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB). Seine Forschungsinteressen liegen in den Bereichen sozialwissenschaftliche Verkehrs- und Mobilitätsforschung, Energiepolitik, Innovationsforschung und Technologiepolitik.

Andreas Knie und Weert Canzler sind Preisträger des Bertha-und-Carl-Benz-Preises 2021.


Zwischen 2016 und 2020 verkehrte auf dem EUREF-Campus im Berliner Ortsteil Schöneberg der autonome Shuttle Emily, ein autonomer Kleinbus vom Typ EZ10 der französischen Firma EasyMile, der bis zu 12 Passagieren Platz bietet. Das private Gelände diente auch als umfassendes Testzentrum für die Messung von Akzeptanz dieses neuen Verkehrsmittels. Insgesamt konnten dort mehr als 2.500 Fahrgäste durch das InnoZ und das Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB) befragt werden.

Seit Anfang 2020 verkehren fünf automatische Shuttles zwischen Busbahnhof und Altstadt der 43.000 Einwohner zählenden Stadt Monheim am Rhein. Das Projekt wird betrieben durch die Bahnen der Stadt Monheim (BSM), dem städtischen Verkehrsunternehmen, das zum Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR) gehört. In einem Video erklärte die "Smart City Monheim am Rhein": "Der ÖPNV der Zukunft ist hier heute schon sichtbar. Schon bald wird eine eigene Linie mit autonom fahrenden E-Bussen die Altstadt mit dem Busbahnhof verbinden." Bei der Integration von automatisierten und elektrisch betriebenen Shuttlefahrzeugen in das bestehende ÖV-Angebot schreibt sich Monheim eine Vorreiterrolle zu. "Oft fahren die Busse nicht im fließenden Verkehr, es sind nur einzelne oder sie sind unregelmäßiger im Einsatz", sagt eine Sprecherin des Betreibers.

Shuttle in Monheim auf der Linie A01

(Bild: Thomas Spekowius)

Kooperationspartner bei der Umsetzung waren neben dem TÜV Rheinland und dem VRR gleich zwei NRW-Ministerien, nämlich das für Verkehr und das für Wirtschaft. Gefördert wurde das Projekt zu 90 Prozent vom Land NRW, den Rest zahlte die Gemeinde Monheim (0,3 Millionen).

Empfohlener redaktioneller Inhalt

Mit Ihrer Zustimmmung wird hier ein externes YouTube-Video (Google Ireland Limited) geladen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen (Google Ireland Limited) übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Die Smart City Monheim ist stolz auf ihre Vorreiterrolle, wie BSM-Geschäftsführer Detlef Hövermann im März 2019 zum Startschuss des Pilotbetriebs erklärte: "Für die Bahnen der Stadt Monheim als zukünftiger Betreiberin der autonomen Busflotte ergibt sich eine fantastische Chance, neue Erkenntnisse im Öffentlichen Personennahverkehr zu sammeln und damit einen vorausschauenden Beitrag für die Mobilität von morgen zu leisten. Der Betrieb einer Flotte von autonomen Fahrzeugen im Rahmen einer Linienkonzession auf öffentlichen Straßen ist bisher einmalig". Es handelt sich um Europas ersten integrierten Flottenbetrieb automatischer Pendelbusse im öffentlichen Straßenraum.