Wissenschaftliche Befunde sprechen gegen einen Gehirn-Upload

Transhumanisten wollen das menschliche Bewusstsein nach dem Tod auf Computer ĂĽbertragen. Neuere Ergebnisse aus der Hirnforschung lassen an der Idee zweifeln.

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(Bild: jgmarcelino/Wikipedia)

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Von
  • Christian Wolf

Das Start-up Nectome hat dem Traum von der digitalen Wiederauferstehung vor einigen Jahren einen unerwarteten Schub gegeben: Es entwickelte eine Methode, die Einbalsamierung mit Kryonik kombiniert. Dem Team gelang es auf diese Weise, Gehirne von Kaninchen und Schweinen so detailliert zu konservieren, dass dabei auch das Konnektom erhalten blieb. Die Hoffnung dabei, berichtet Technology Review in seiner neuen Ausgabe 3/2021 (am Kiosk oder online bestellbar): Könnte man dieses „Konnektom“ – das vollständige Netz aus Synapsen, die die Neuronen verbinden – vollständig auslesen und gelänge das auch beim Menschen, wäre es möglich, die Persönlichkeit mit all ihren Erinnerungen in einer entsprechend konfigurierten Simulation wieder auferstehen lassen. Mittlerweile mehren sich allerdings Hinweise aus der Neuroforschung, die diesen Traum zunichte machen, berichtet Technology Review in seiner aktuellen Ausgabe.

So hatte ein Team um den Psychologen und Neurowissenschaftler Scott Kanoski von der University of Southern California, Los Angeles bereits 2018 herausgefunden, dass die räumliche Orientierungsfähigkeit und Erinnerung von Ratten schlechter wird, wenn man die Verbindung zwischen Magen-Darm-Trakt und Gehirn unterbindet.

Der Neurowissenschaftler Michael Gaebler vom Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften in Leipzig konnte zudem letztes Jahr zeigen, dass bewusstes Wahrnehmen auch mit dem Herzschlag zusammenhängt: Versuchspersonen nahmen elektrischen Reizes am Finger schwächer wahr, wenn das Gehirn gleichzeitig „herzschlagevozierten Potenziale“ zeigte. Die kognitive Neurowissenschaftlerin Catherine Tallon-Baudry von der École Normale Supérieure in Paris vermutet daher, dass Herzsignale dafür sorgen, dass wir Dinge aus dieser subjektiven Ich-Perspektive erleben

.

Allen Einwänden zum Trotz bleibt der Neurowissenschaftler Kenneth Hayworth weiterhin optimistisch. Er ist Mitgründer des US-amerikanischen Non-Profit-Unternehmens Brain Preservation Foundation, Verfechter des Mind Uploading und geht davon aus, dass man nicht alle Bewusstseinsinhalte und Erinnerungen kopieren muss, um einer Person ein digitales Nachleben zu bescheren. „Mind Uploading wird einen gewissen Prozentsatz der Erinnerungen einer Person originalgetreu kopieren“, sagt er. „Für mich persönlich sind meine Langzeiterinnerungen entscheidend für meine Identität.“

TR 3/2021

(wst)