Heizungen: Vergesst die Etagenwohnungen nicht!

Robert Habecks Vorschlag, den Einbau neuer Gas- und Ölheizungen zu verbieten, zeugt von einer Schieflage der Wärmewende: die Fixierung auf Einfamilienhäuser.

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(Bild: Robert Kneschke/Shutterstock.com)

Lesezeit: 3 Min.

Die Ansage von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck, ab 2024 keine neuen Gas- oder Ölheizungen zuzulassen, klingt heftig, aber konsequent. Der Gebäudesektor hängt mit seinen Emissionseinsparungen notorisch hinterher – trotz aller bisherigen Förderprogramme. Eine etwas härtere Mischung aus Push und Pull, also aus Förderung und harter Ordnungspolitik, ist deshalb erst einmal kein völlig absurder Ansatz.

Aber, mit Verlaub: Was glauben Habeck und seine Leute eigentlich, wo die Menschen hierzulande wohl wohnen? Ich jedenfalls wohne in einer Etagenwohnung. Und in dieser Etagenwohnung ist eine Gastherme.

So wie in alle anderen Wohnungen des Hauses.

So wie in den meisten anderen Häusern der Straße.

So wie in den meisten anderen Straßen des Viertels.

So wie in den meisten anderen Vierteln der Stadt.

So wie in den meisten anderen Städten im Land.

Ein Kommentar von Gregor Honsel

Gregor Honsel ist seit 2006 TR-Redakteur. Er glaubt, dass viele komplexe Probleme einfache, leichtverständliche, aber falsche Lösungen haben.

Nur ein Drittel der Deutschen wohnen in einem Eigenheim, der Rest in Mehrfamilienhäusern oder Wohnblocks. Doch wenn ich mir die Heizungsdiskussion anschaue, habe ich den Eindruck, die Beteiligten haben immer nur Häuslebauer im Hinterkopf. Wenn sie keine Gasthermen mehr haben dürfen, sollen sie halt Wärmepumpen kaufen!

Keine Frage, richtig eingesetzte Wärmepumpen sind Wunderwerke der Effizienz. Aber bei den meisten Mehrfamilienhäusern lassen sie schon rein technisch kaum einsetzen. Kleine Wohnungs-Wärmepumpen sind noch in der Entwicklung, und den Platz für eine große zentrale Wärmepumpe nebst Luft- oder Erdwärmetauscher muss man mitten in der Stadt erstmal haben. Zudem müsste in Häusern ohne Zentralheizung dazu ein komplett neues Leitungssystem verlegt werden. Das gilt auch für Fernwärme, Solarthermie oder Pelletheizungen.

Die einzige Option, auch dezentrale Gasthermen klimafreundlich zu machen, wäre ein anderer Brennstoff. Biogas zum Beispiel. Aber das ist erstens nicht ausreichend vorhanden und wäre zweitens aus Klimasicht ein Nullsummenspiel, denn es würde dann bei der Stromerzeugung fehlen. Und Wasserstoff verbietet sich aus Effizienz- und Kostengründen von selbst.

Sicherlich gibt es genug intelligente Wege, auch alte Mehrfamilienhäuser oder Wohnblocks zu sanieren, etwa durch multifunktionale Fassaden. Doch das geht meist mit einer Kernsanierung einher. Beim plötzlichen Ausfall der alten Heizung kommt das nicht in Frage, ebenso wenig wie ein Fernwärmeanschluss. Ich nehme nicht an, dass die Stadtwerke extra einen Bagger losschicken, der sich quer durch die Stadt bis zu meiner Haustür wühlt, wenn ich ihnen das Ableben meiner Heizung melde.

Wahrscheinlich wird das alles ohnehin nicht so heiß gegessen, wie es gekocht wird. Im Vorschlag ist viel von Übergangsfristen und Förderungen die Rede. Doch die Frage bleibt? Wie lassen sich die Häuser, in denen die meisten Menschen wohnen, klimafreundlicher machen?

Ein vielversprechenderer Ansatz wäre vermutlich, sich stärker auf die Fassadendämmung zu fokussieren. Das wäre eine No-Regret-Lösung: Sie bringt bereits eine Emissionsminderung, wenn die alten fossilen Heizungen weiter betrieben werden. Und werden sie schließlich dann doch durch eine Wärmepumpe oder Fernwärme ersetzt, ist eine zusätzliche Dämmung meist ohnehin nötig – oder zumindest sinnvoll. Denn eine unnötig große Wärmepumpe ist auch ein unnötig großer Stromschlucker. Das ist nicht Sinn der Sache. (Es gibt zwar auch Gegenbeispiele, aber die stammen von Einfamilienhäusern.)

(grh)