50 Jahre Intel: Rückblick auf 50 Jahre große Erfolge und große Misserfolge

Seite 2: Die Speicherfirma

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Bis dahin war Intel eine reine Speicherfirma – Lästermäuler sagen, dass das auch heute noch der Fall ist, denn moderne Prozessoren bestehen oft zu über 90 Prozent aus Speicher (Caches, Puffer, Register-Files ...). Der allererste Chip namens 3101 war ein Shottky Bipolar-RAM mit 64 Bit, das sich gleich recht gut verkaufte, aber ein richtiger Renner wurde das Produkt Nr. 3 im Jahre des Börsengangs 1971: das DRAM 1103 mit 1 KBit, hergestellt im 10-µm-pMOS. Parallel dazu stellte die Erfindung eines anderen Speicherproduktes die finanzielle Grundlage der nächsten Jahre dar, das per UV löschbare, nicht flüchtige EPROM. Das entwickelte der ebenfalls schon früh von Fairchild zu Intel gekommene Israeli Dov Frohman quasi nebenbei. Eigentlich war er für den Silizium-Prozess und für Qualitätssicherung zuständig, aber die Trinity gab ihm Spielraum für eigene Experimente mit floating gates, auch wenn sie davon wenig verstanden. Merkwürdigerweise blieb sein wichtiger Beitrag für Intel in der Folgezeit wenig beachtet – in der Intel-Biographie von Michael Malon etwa, "The Intel Trinity" werden Frohman und seine EPROMs nicht einmal erwähnt.

Dr. Dov Frohman-Bentchkovsky (hier ein Bild aus den 60ern) forschte bei Intel auf eigene Faust -- und erfand das EPROM. Erst jetzt im Mai bekam er den Fellow Award des Computer History Museums. (https://www.youtube.com/watch?v=kUhdYKdz-Mg)

(Bild: Intel)

Dank Speicher und EPROMs bekam Intel den finanziellen Spielraum, sich mit anderen riskanten Entwicklungen zu beschäftigen, insbesondere mit dem Mikroprozessor. Da traf es sich gut, dass die japanische Firma Busicom für ihre Taschenrechner just solche integrierten Chips suchte und 1970 gleichzeitig Intel und Mostek beauftragte. Mostek hatte den MK6010 sogar etwas früher fertig als Intel den 4004, dennoch gilt Intels Chip als der "erste verfügbare kommerzielle Mikroprozessor", und das, obwohl die Patentrechte an dem 4004 zunächst Busicom und nicht Intel besaß. Busicom-Ingenieur Masatoshi Shima hatte zudem einen nicht zu unterschätzenden Anteil an der Entwicklung. Rein rechtlich stünden also Busicom die Lorbeeren des "ersten verfügbaren Mikroprozessors zu", die Firma ging aber 1973 in Konkurs und Intel kaufte die Patentrechte am 4004 zurück.

Dumm nur, dass viele Jahre später, im Jahre 1996, im Rechtsstreit zwischen Texas Instruments und einem weiteren Mikroprozessor-Erfinder namens Gilbert Hyatt, TIs Ingenieur Gary Boone die Ehre der Erfindung des ersten Mikroprozessors vom US Patent Office zugesprochen bekam. Und eigentlich ist das ohnehin alles Pillepalle, denn schon vorher gab es Mikroprozessoren, sogar mit 24 Bit, aber eben nur unter strengster Geheimhaltung fürs Militär.

Bei Intel aber schmückten sich dann Stanley Mazor, Ted Hoff und Federico Faggin mit dieser Ehre und sie zogen 1996 gemeinsam in den National Inventors Hall of Fame ein. Den größten Anteil an der Entwicklung trug dabei Federico Faggin (ebenfalls Ex-Fairchild) – auch wenn Ted Hoff das anders sah. Faggin konnte ich vor ein paar Jahren auf der Hot-Chips-Konferenz kennenlernen und unter anderem ein bisschen über die Anfangszeit mit ihm plaudern.

Die drei Erfinder des ersten kommerziell verfügbaren Mikroprozessors 4004 (von links: Federico Faggin, Ted Hoff, Stanley Mazor) bei der Aufnahme in die National Hall of Fame im Jahre 1996. Aber irgendwie fehlt hier Masatoshi Shima ...

Er stieg erst 1970 in das schon laufende Projekt "MC4" ein und war dann nicht nur für das Design des vierbittigen 4004 verantwortlich, sondern auch für die Fertigstellung des achtbittigen Nachfolgers 8008. Dann folgten unter seiner Führung noch der 4040 (ein verbesserter 4004) und im Jahre 1974 der breitflächig sehr erfolgreiche 8080-Prozessor. Dafür arbeitete er Tag und Nacht, fühlte sich von Intel für seine aufopfernde Tätigkeit nicht genügend gewürdigt und bei Patenten gar hintergangen. Insbesondere soll auch die von „Mr. Pingelig" Andrew Grove eingeführte "late list" – wer nicht militärisch pünktlich um 8 Uhr im Gebäude war, musste den Grund dafür in einer öffentlichen Liste eintragen – den temperamentvollen Italiener auf die Palme gebracht haben. Auch sein Nachfolger, der spätere Chefentwickler der 8086, Steven Morse (nicht zu verwechseln mit Steve Morse von Deep Purple, den ich voriges Jahr in Hamburg bewundern durfte …) mokierte sich noch lange Zeit später in einem Interview 2008 über diese unwürdige late list.