50 Jahre Intel: Rückblick auf 50 Jahre große Erfolge und große Misserfolge

Seite 3: Intensive Gespräche

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In so einer "erstickenden" Atmosphäre wollte Faggin nicht mehr arbeiten und verließ nach einer heftigeren Auseinandersetzung mit Grove Intel am Halloween-Tag 1974. "You son of a bitch" wollte er laut Malone in "The Intel Trinity" Grove zum Abschied noch zurufen, hat sich aber nicht getraut – etliche Jahre später haben sie sich aber wieder vertragen.

Faggin gründete zusammen mit dem Manager Ralph Ungerman und mit einer Finanzspritze von Exxon die Firma Zilog, wo ihm oben erwähnter Masatoshi Shima bei der Entwicklung des Konkurrenzprozessors Z80 half. Die beiden brauchten nur wenige Monate und ihr Z80 wurde ausgesprochen erfolgreich, stahl dem 8080 schnell die Show.

Geräuschvolle Events bei Intel gabs übrigens später des Öfteren. So berichteten Mitarbeiter, dass etwa das "freundliche Gespräc" zwischen Andrew Grove und Microsoft-Chef Bill Gates im gesamten sechsstöckigen Robert-Noyce-Building zu vernehmen war. Es ging dabei um Intels Native Signal Processing (NSP), das Gates als Konkurrenz zu ureigenen Aufgaben des Windows-Betriebssystems sah. Intel lenkte schließlich ein und kippte das NSP-Projekt.

Faggin, Shima und Zilog schafften es allerdings nicht, rechtzeitig einen funktionierenden 16-bittigen Nachfolger des erfolgreichen, 8-bittigen Z80 auf den Markt zu bekommen. Intel setzte hingegen nach dem Grove-Motto "Only the Paranoid survive" alles daran, den 16-bittigen 8086 und seinen kleinen Bruder 8088 noch vor der Zilog- und Motorola-Konkurrenz fertigzustellen.

Und dann kam noch das das Glück hinzu, nämlich dass IBM 1981 recht zufällig diesen kleineren Bruder für den IBM-PC erkor, dessen Erfolg dann unerwartet geradezu durch die Decke ging. IBM verwendete aus Kostengründen den kleinen Bruder 8088 mit 8-bittigem Bus. Dessen in Israel durchgeführte Entwicklung war so streng geheim, dass nicht einmal 8086-Chefarchitekt Steven Morse bis zu seinem Intel-Abschied 1979 davon wusste.

Intel legte dann zügig nach, 80186 (mit integrierter Peripherie) und 80286 kamen 1982 heraus, letzterer war nicht nur ganz erheblich schneller als der 8086 und bot mehr Adressraum, er führte mit dem Protected Mode auch neue Schutztechniken ein, die den Multiuser-Betrieb absichern sollten.

Und dann kam 1985 das ganz, ganz große Ding, der 80386, der die die recht krude 8086-Architektur vom wuseligen 16-bittigen Kopf auf die orthogonalen 32-bittigen Füße stellte. Er setzte sich in einem hausinternen "turf war" gegen eine andere über viele Jahre von Grund auf neu entwickelte 32-Bit-Entwicklung namens iA432 durch, die mit ihrer Performance aber überhaupt nicht in die Pötte kam. Solche hausinternen Konkurrenzkämpfe pflegt Intel seitdem, hieß es damals Hillsboro/Oregon vs. Santa Clara, ist es heute Hillsboro vs. Haifa.

Der 386-Prozessor hatte zwei Väter: John Crawford und Patrick Gelsinger, die beide auch später für den 486 verantwortlich zeichneten und auch an der Entwicklung des Pentium mitwirkten. Gelsinger wurde danach Chief Technology Officer (CTO) und führte das Entwicklertreffen IDF ein, wo ich ihn in aller Regelmäßigkeit traf. Hilfreich waren hier zahlreiche Wetten, die ich mal gewonnen, mal verloren hatte – egal, es war eben ungemein nützlich, um immer ein 1:1 mit Gelsinger zu bekommen. Intels HPC-Chef Raj Hazra verriet mir erst neulich auf der ISC18, dass er es war, den Gelsinger im Jahre 2002 früh morgens um 8 Uhr beauftragte, den verlorenen Wetteinsatz, eine Flasche Wein, zu besorgen, was selbst in San Francisco, einer Stadt die kaum schläft, um diese Uhrzeit nicht ganz einfach ist. Ja ja, ich hatte die Wette gewonnen, denn AMD bekam im Jahr zuvor mehr Patente zuerteilt als Intel und um 9 Uhr war unser Treffen geplant.

Intel CTO Pat Gelsinger überreicht auf dem IDF 2002 unter den Augen von Journalisten-Urgestein Rudy Kulzer vom Handelsblatt seine Wettschuld. Eine mögliche Krzanich-Nachfolge hat er vor ein paar Wochen gleich "abgetwittert".

(Bild: Andreas Stiller)

Nun könnte man meinen, der große Erfolg des PCs mit seinen vielen Kompatiblen hätte Mitte der 80er Jahre Intels Kasse reichlich gefüllt – aber das Gegenteil war zunächst der Fall. Intel konnte nicht genug liefern, musste günstige Nachbaulizenzen vergeben, investierte in neue Fabs, in Forschung und in die Entwicklung der nächsten Prozessorgenerationen und übernahm sich dabei. In 1985/86 ging's mit dem Profit kräftig bergab und Intel musste erstmals betriebsbedingt Mitarbeiter entlassen.

"Wir handelten wie eine 2- bis 3-Milliarden-Firma, statt wie eine mit 1 bis 1,5-Milliarden, die wir geworden sind", lautete Intels Selbstkritik Intel im Annual Report 1986, dem letzten, für den CEO Gordon Moore verantwortlich zeichnete. 1986 war das bislang einzige Jahr, das mit einem Verlust abschloss (rote Zahlen nach GAAP gab's ansonsten nur in zwei Quartalen: 2Q2009, als Intel EU-Strafe einbeziehen musste, und 4Q2017, als das Unternehmen eine immense Steuernachzahlung gemäß der US-Steuerreform entrichten musste). Vielleicht hatte ihm dann der Aufsichtsrat etwas zu viel Sorglosigkeit und zu wenig Geschäftssinn unterstellt. Seinen Posten (und den des Präsidenten) übernahm jedenfalls Andrew Grove; Moore wurde Chairman und Noyce sein Stellvertreter.