Amazon wieder mit zweistelligem Wachstum, erwartet aber maues Jahresendgeschäft

Kunden halten sich beim Online-Shopping zurück, vor allem in Europa. Amazon prognostiziert ein schwächeres Schlussquartal. Das kommt bei Anlegern nicht gut an.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 5 Kommentare lesen

(Bild: Michael Vi/Shutterstock.com)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Frank Schräer
  • mit Material der dpa

Der weltgrößte Online-Händler Amazon rechnet angesichts erhöhter Inflation und Rezessionssorgen mit einem überraschend schwachen Weihnachtsgeschäft. Der Konzern erwartet im Schlussvierteljahr Erlöse zwischen 140 und 148 Milliarden US-Dollar. Das entspricht einem für Amazons Verhältnisse mauen Wachstum zwischen zwei und acht Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Analysten hatten mit deutlich mehr gerechnet. Anleger ließen die Aktie nachbörslich um fast 13 Prozent fallen.

Auch die Gewinnprognose sorgte für Enttäuschung. Amazon stellte für die drei Monate bis Ende Dezember ein Ergebnis in einer sehr breiten Spanne zwischen null und vier Milliarden Dollar in Aussicht. Im abgelaufenen dritten Quartal verdiente das Unternehmen 2,9 Milliarden Dollar und damit gut neun Prozent weniger als vor einem Jahr. Der Umsatz wuchs zwar um 15 Prozent auf 127,1 Milliarden Dollar, blieb aber ebenfalls leicht unter den Markterwartungen. Marktbeobachter hatten mit 127,5 Milliarden Dollar Umsatz gerechnet.

Selbst bei Amazons lukrativer Cloud-Sparte, die Speicherplatz und Onlinedienste für andere Unternehmen anbietet, gab es einen Wachstumsdämpfer. Amazon Web Services, das Flaggschiff des Cloud-Bereichs, steigerte die Erlöse um 27 Prozent auf 20,5 Milliarden Dollar. Im Vorquartal hatte der Zuwachs noch bei knapp einem Drittel gelegen, als Amazon den Betriebsgewinn halbieren konnte und die Aktie nach oben schoss.

Obwohl Amazon angesichts des Inflationsdrucks bei Benzin, Energie und Transport nach eigenen Angaben auf strikte Kostenkontrolle setzt, steigen die Ausgaben stärker als die Einnahmen. Im vergangenen Quartal kletterten die Betriebsausgaben um 18 Prozent auf 125 Milliarden Dollar. Zusätzlich leidet Amazon – wie viele international aufgestellte US-Konzerne – unter dem starken Dollar, der Auslandserlöse nach Umrechnung in heimische Währung in der Bilanz verringert.

Amazons Finanzchef Brian Olsavsky kündigte in einer Telefonkonferenz nach Vorlage der Quartalszahlen an, die Kosten weiter zu senken: "Wir ergreifen Maßnahmen, um den Gürtel enger zu schnallen". In einigen Geschäftsbereichen soll es Einstellungsstopps geben, zudem will das Unternehmen bestimmte Produkte und Services einstellen und Investitionen überdenken. Sparmaßnahmen wie die jüngste Einstellung des Amazon Glow Tisch-Projektors könnten das zuletzt schon relativ maue Wachstum jedoch noch weiter bremsen.

Olsavsky erklärte laut CNBC weiterhin, dass das wirtschaftliche Umfeld in Europa im letzten Quartal schlechter war als in Nordamerika, weil "der Ukrainekrieg und die Probleme der Energiekrise in dieser Region wirklich zugenommen haben".

An der Börse hat Amazon – wie andere große Tech-Konzerne – ohnehin schon einen schweren Stand. Der Kurs der Aktie ist seit Jahresbeginn um rund ein Drittel gesunken. Sollte es nach dem nachbörslichen Kursrückgang gestern am Freitag weiter kräftig bergab gehen, könnte der Börsenwert unter die Marke von einer Billion Dollar sinken.

(fds)