Blackstone und die Telekom: Wie eine Investmentgesellschaft Strippen zieht

Anlass für die Aktivitäten der US-Investoren im Hintergrund - in Deutschland auch als "Heuschrecken" bekannt - war die schwache Kursentwicklung der T-Aktie.

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Von
  • Martin Murphy
  • dpa

Kaum hat René Obermann den Vorstandsvorsitz der Deutschen Telekom übernommen, bläst ihm der Wind kräftig ins Gesicht. Fast täglich wird über den Verkauf von Konzernteilen, neue Stellenstreichungen oder einem Einstieg der russischen Sistema spekuliert. Doch bestätigt hat sich bislang keines der Gerüchte. Im Umfeld von Obermann heißt es, der Telekom-Chef müsse sich erst in das neue Amt einarbeiten. Viel Zeit bleibt dem 43-jährigen Topmanager nicht: Auf der Aufsichtsratssitzung am 5. Dezember soll Obermann seine Strategie präsentieren, mit der er der schwächelnden T-Aktie auf die Sprünge helfen will. Ganz genau zuhören wird dabei vor allem Lawrence Guffey, der für Blackstone in dem Gremium sitzt.

Die Investmentgesellschaft, größter Telekom-Aktionär nach dem Bund, ist mit 4,4 Prozent zwar eigentlich nur ein kleiner Anteilseigner, nach Angaben von Beobachtern spielt Blackstone aber eine wichtige Rolle. Schon bei der Ablösung von Obermanns Vorgänger, Kai-Uwe Ricke, hatte die Investmentgesellschaft ihre Finger mit im Spiel. "Der Einfluss von Blackstone ist groß, aber ohne den Bund passiert da nichts", sagt der Sprecher der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW), Jürgen Kurz. Erst nachdem Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) dem Drängen von Blackstone nachgegeben habe, sei der Vorstandswechsel vollzogen worden, heißt es im Umfeld des Aufsichtsrats.

Anlass für das Wirken der US-Investoren im Hintergrund – in Deutschland auch als "Heuschrecken" bekannt – war die schwache Kursentwicklung. Schließlich brachten die ernüchternden Halbjahreszahlen der Telekom das Fass zum Überlaufen. Um gut 10 Prozent brach nach einer Gewinnwarnung der Kurs der T-Aktie ein. Seitdem soll Blackstone den Rauswurf von Ricke betrieben haben – auch wenn die Aufsichtsräte Anfang September den damaligen Vorstandschef noch einmal zappeln ließen und seine neue Strategie absegneten.

Laut einem Spiegel-Bericht präsentierten Vertreter von Blackstone einen "Elf-Punkte-Sanierungsplan" für die Telekom im Finanzministerium. Vorgesehen ist darin unter anderem ein Teilverkauf von T-Systems. Blackstone hatte im April für 2,7 Milliarden Euro ein Aktienpaket gekauft und war damit zum größten Einzelaktionär nach dem Bund geworden, der 31,5 Prozent der Telekom kontrolliert.

Seit dem Aktienkauf wird über die Motivation gerätselt, denn normalerweise wollen Investmentgesellschaften eine Kontrollmehrheit haben. Im Telekom-Aufsichtsrat kursiert sogar eine Studie, in der die Hintergründe für den Einstieg analysiert werden. Demnach hofft Blackstone auf einen Aufschwung des Aktienkurses. Denn mit zuletzt 13,85 Euro notiert der Kurs weiter unter den 14 Euro, die die Investoren bezahlten. "Bei den Anlegern von Blackstone wird dieses Minusgeschäft bestimmt nicht gut angekommen", sagt ein Partner einer großen Investmentgesellschaft. Die Angelsachsen stehen also selbst unter Druck. Blackstone dringe auf den Verkauf von Teilen der Geschäftskundensparte T-Systems. Ein Teil des Erlöses könnte als Sonderdividende an die Aktionäre ausgeschüttet werden, hieß es. Doch Obermann lässt sich – ganz auf der Linie von Ricke – von der Investmentgesellschaft nicht drängen und ließ die Spekulationen umgehend dementieren. "Das Säbelrasseln wird aber nicht nachlassen", heißt es im Umfeld von Blackstone.

Dem Bund kommt das aggressive Vorgehen der Investmentgesellschaft nicht ungelegen: "Mit Blackstone hat der Bund eine Speerspitze, um unliebsame Themen auf den Tisch zu bringen", heißt es in hochrangigen Telekom-Kreisen. Dabei dreht es sich vor allem um einen weiteren Abbau von Arbeitsplätzen. Und daran führt, das weiß auch Obermann, kein Weg vorbei. Die Regierung indes würde bei einer öffentlichen Forderung nach weiteren Einschnitten an Glaubwürdigkeit verlieren, Blackstone nicht. Profitieren würde von einem weiteren Stellenabbau nach Einschätzung von Analysten vor allem der Aktienkurs. Und ein Kursplus käme auch dem Bund zugute: Schließlich will Steinbrück im kommenden Jahr weitere Anteile an der Telekom versilbern – und dann soll die Staatskasse ordentlich klingeln. (Martin Murphy, dpa-AFX) / (jk)