Messengerdienste: Bundesnetzagentur erwägt Zwang zur Interoperabilität

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Auch aus Sicht der Anbieter von Messengerdiensten gibt es wenig Interesse an der Interoperabilität oder einer gesetzlichen Interoperabilitätsverpflichtung. Von den 44 an der Befragung teilnehmenden Unternehmen befürworten nur drei Betreiber freier Messenger-Clients demnach eine solche Verpflichtung. Lediglich der Meta-Konzern plant seit einiger Zeit seine eigenen Dienste untereinander interoperabel auszugestalten und seine Chat-Dienste zu verknüpfen. Damit soll eine dienst-übergreifende Kommunikation zwischen WhatsApp, Facebook Messenger, Instagram und weiteren Anwendungen ermöglicht werden.

Kleinere Diensteanbieter sehen Interoperabilität jedoch kritisch und bezweifeln, dass es sich hierbei um das geeignete Instrument handelt, um dieser Marktmacht entgegenzutreten. So hat das Bundeskartellamt bei einer anderen Untersuchung kürzlich festgestellt, dass Anbieter von Messengerdiensten Interoperabilität nicht rundheraus ablehnen. Die Hälfte der befragten Unternehmen hat sich offen gegenüber freiwilligen Interoperabilitätsvorhaben gezeigt, wobei sich allerdings nur weniger als die Hälfte daran beteiligen würde.

Der überwiegende Teil der Befragten erwartet von einer Interoperabilitätsverpflichtung jedoch nachteilige Auswirkungen, insbesondere auf Innovation, Datensicherheit und Datenschutz. Allerdings hielten einige Anbieter die Probleme, die mit Interoperabilität einhergingen, für überwindbar. Schwierigkeiten bei Datenschutz und Datensicherheit könnten nach Einschätzung dieser Anbieter auf technischer Ebene behoben werden. Ein höheres Datenschutzniveau wird allerdings nicht erwartet.

Bei den Möglichkeiten der Interoperabilität nennt die Bundesnetzagentur drei technische Ansätze. Die Interoperabilität lasse sich über die Verwendung sogenannter Bridges herstellen, die als Art Übersetzungsfunktion dient und den dienst-übergreifenden Austausch ermöglicht. Solche Bridges werden von einzelnen Apps bereits verwendet, können allerdings einen Verstoß gegen Nutzungsbedingungen einzelner Messengerdienste darstellen.

(Bild: Bundesnetzagentur)

Eine weitere Methode zur Sicherstellung anbieterübergreifender Kommunikation ist die Bereitstellung und Nutzung von Programmierschnittstellen (APIs). Darüber würde vorgegeben, welche Funktionen eines Messengerdienstes erreichbar sind, in welchem Format Daten übermittelt werden und wer über diese Schnittstellen kommunizieren darf. Stellt ein Anbieter für einen Dienst eine Schnittstelle bereit, können Anbieter anderer Dienste über diese Schnittstelle Daten austauschen und somit anbieterübergreifend kommunizieren.

Als drittes Modell erwägt die Bundesnetzagentur eine vollständige Standardisierung, bei der sowohl die Übertragung, die einzelnen Funktionen und die dafür notwendigen Schnittstellen, als auch die Datenformate zum Austausch von Informationen standardisiert wären. Damit würde ein einheitliches Format entwickelt, das von unterschiedlichen Diensteanbietern genutzt und bereitgestellt werden kann, um untereinander kommunizieren zu können.

Letztere Methode entspricht der Standardisierung klassischer Kommunikationsdienste wie Telefonie und SMS. Im Bereich der Messengerdienste existieren aber auch Initiativen zur Entwicklung offener Standards wie Matrix oder XMPP. Offene Kommunikationsprotokolle sollen hierbei, ähnlich wie bei E-Mail, eine anbieterübergreifende Nutzung ermöglichen. Die Messenger-Architektur Matrix dient bereits als Grundgerüst für Messenger im Gesundheitswesen.

Insgesamt zeigt sich aus Sicht der Bundesnetzagentur, dass die Herstellung von Interoperabilität zwischen verschiedenen Messengerdiensten zur Ermöglichung anbieterübergreifender Kommunikation sich deutlich komplexer gestaltet als im Vergleich zu den klassischen und zuvor bereits vollständig standardisierten Telekommunikationsdiensten wie Telefonie und SMS. Deshalb sei auch mit einem erhöhten Regulierungsaufwand zu rechnen. Zudem werden Messengerdienste als internetbasierte Dienste prinzipiell weltweit angeboten. Deshalb müssten mögliche Maßnahmen zur Schaffung von Interoperabilität idealerweise auch international abgestimmt werden.

(fds)