DSL-Branche: "Jeder spricht mit jedem"

Die Konsolidierung des Breitbandmarkts setzt sich fort. Unternehmen loten mögliche Übernahmen aus, nach Ansicht von Experten wird sich die Branche auf wenige Player reduzieren.

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Von
  • Martin Murphy
  • dpa

Die Telekommunikationsanbieter rüsten sich für ein Abflauen des Breitbandbooms. Nach dem jüngsten rapiden Wachstum rechnen Unternehmen und Experten für dieses und das kommende Jahr mit einer Abschwächung. "Die Zuwachsraten der DSL-Neuanschlüsse der letzten Jahre werden in 2008 und folgend nicht mehr zu realisieren sein. Es tritt eine Sättigung des Marktes ein", sagt Martin Gutberlet von der Marktforschungsfirma Gartner. Die Anbieter müssen sich auf harte Zeiten einstellen, denn mit ihren millionenschweren Marketingbudgets ringen sie künftig um immer weniger Kunden. Den Wettbewerb werden nicht alle mitgehen können, die ersten treten bereits auf die Bremse. freenet etwa mit 1,3 Millionen Breitbandkunden stellt die DSL-Sparte zum Verkauf.

Nach Angaben von Versatel-Chef Peer Knauer sind die Kosten für Neukunden davongaloppiert. 600 Euro und mehr müssten pro Neukunden investiert werden, sagt der Manager. Mindestens 20 Monate muss der Kunde dann gehalten werden, um die Kosten wieder einzuspielen. Nach dem gnadenlosen Preiskampf ist ein DSL-Anschluss schon für 30 Euro im Monat zu haben. Die Tarife würden weiter fallen, sagt Arcor-Chef Harald Stöber, allerdings nicht mehr so stark wie 2007. Laut dem Statistischen Bundesamt setzte sich der Abschwung im Februar fort.

Kleinere Anbieter drohen bei der Marktsättigung auf der Strecke zu blieben. "Die Konsolidierung ist nicht zu stoppen. Heute spricht jeder mit jedem", sagt ein Vorstand einer Telekomfirma. Allerdings gibt es ein Problem: Außer Telefónica, United Internet und Versatel gebe es niemanden, der akquisitionswillig sei, heißt es in Branchenkreisen. Der Verkauf von Tele2 Deutschland zieht sich daher hin und auch die Veräußerung des freenet-Breitbandgeschäfts scheiterte zunächst. freenet-Chef Eckhard Spoerr startet nun einen neuen Anlauf.

Vier Blöcke kristallisieren sich heraus, die den Markt künftig beherrschen werden. Neben der Telekom sind dies Telefónica/O2, Vodafone mit seiner Tochter Arcor und United Internet. Aktiv zeigt sich vor allem United Internet. Das Unternehmen ist zwar der zweitgrößte DSL-Anbieter nach der Telekom, allerdings muss Vorstandschef Ralph Dommermuth auf das Netz der Konkurrenz zurückgreifen. Wegen des harten Preiskampfs schlägt dies zunehmend auf die Margen. In den vergangenen Monaten hat sich United Internet daher maßgeblich an Versatel und freenet beteiligt, um sich einen Zugriff auf Kunden und Netz zu sichern.

Aktiv an der Konsolidierung beteiligten will sich der Finanzinvestor Apax, der 44 Prozent von Versatel kontrolliert. Ein direktes Interesse an dem Netzbetreiber QSC wies Apax-Manager Torsten Krumm zwar zurück. Ein Übernahme zu einem späteren Zeitpunkt schloss er aber nicht aus. Laut Angaben aus Kreisen könnte eine Übernahme über Versatel laufen. Krumm räumte ein, dass Apax eine Konsolidierung der DSL-Branche anstrebt. "Jeder spricht mit jedem." Ausschließen könne er daher nichts, sagte er mit Blick auf eine Übernahme von QSC.

Versatel-Chef Knauer stimmte seine Anleger vergangene Woche jedenfalls auf Akquisitionen ein: "Es kann effektiver sein, Kunden vom Wettbewerb oder über einen Wettbewerber zu kaufen." Interesse signalisierte er an dem freenet-Geschäft. Mit einem Erwerb der Sparte würde das Düsseldorfer Unternehmen seine DSL-Kundenzahl auf rund zwei Millionen vervierfachen.

Die Telekom muss sich aufgrund ihrer Marktmacht aus der Konsolidierung heraushalten. Derweil rüstet sich der Konzern für kräftige Kundenzuwächse, in dem es seine Netze für eine schnellere Übertragung. "Wir visieren auch in diesem Jahr einen Marktanteil am Neukundengeschäft von 45 Prozent an", sagt Telekom-Festnetzchef Timotheus Höttges. (Martin Murphy, dpa-AFX) / (vbr)