Daimler und Evonik wollen gemeinsam Batterien für Autos fertigen

Der Autobauer und der Chemiekonzern wollen ihr Know-how in der Li-Ion-Technik bündeln und bevorzugt Akkus Mercedes-Pkw und -Nutzfahrzeuge liefern. Schon zuvor hatten Elektro- und Automotive-Firmen ähnliche Kooperationen bekannt gegeben.

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Von
  • Sven-Olaf Suhl

Um das Bündnis zweier Großkonzerne reicher ist der Markt für Lithium-Ionen-(Li-Ion-)Akkusysteme für Automobile: Der Stuttgarter Autobauer Daimler und der Essener Chemie-, Energie- und Immobilienkonzern Evonik Industries gaben heute ihre umfangreiche Kooperation auf diesem Gebiet bekannt und kündigten zusätzlich an, ein neues Gemeinschaftsunternehmen gründen zu wollen. Schon zuvor hatten mehrere Konzerne aus den Bereichen Elektronik und Automotive ihre Investitionen in diesen Sektor verstärkt oder vergleichbare Bündnisse geschmiedet. Erst am Wochenende wurde bekannt, dass auch Chip-Gigant Intel über einen Einstieg in dieses Marktsegment nachdenkt.

Mit heutiger Wirkung erwirbt Daimler zum einen 49,9 Prozent an der Li-Tec Vermögensverwaltung GmbH (Li-Tec), an der Evonik die anderen 50,1 Prozent hält. Die von Li-Tec gefertigten Akkuzellen sollen "kurzfristig" in Elektrofahrzeugen von Mercedes-Benz eingesetzt werden. Angestrebt sei außerdem die Beteiligung eines dritten Gesellschafters für Li-Tec, der über Kompetenzen im Bereich der Systemintegration von Elektrik und Elektronik verfüge, teilten die Unternehmen ferner mit.

Evonik hat nach eigenen Angaben in den vergangenen Jahren rund 80 Millionen Euro in die Weiterentwicklung der Li-Ion-Technik investiert und reklamiert für seine Akkus einen Vorsprung gegenüber Konkurrenzfabrikaten in puncto Lebensdauer, Gewicht und Sicherheit. Daimler wiederum verweist darauf, in in den letzten 30 Jahren über 600 Patente zu batteriegetriebenen Fahrzeugen angemeldet zu haben – davon 230 auf dem Gebiet der Li-Ion-Technologie.

Außerdem wollen Daimler und Evonik ein Joint-Venture gründen, das auf die Entwicklung und Produktion von Batterien und Batteriesystemen für automobile Anwendungen spezialisiert ist. An diesem Gemeinschaftsunternehmen soll der Autokonzern 90 Prozent und Evonik 10 Prozent halten. Nähere Angaben zu finanzieller und personeller Ausstattung oder Produktionsstandorten der Unternehmung machten die Partner bislang nicht. Die dort produzierten Lithium-Ionen Batterien sollen sowohl in Pkw als auch in Nutzfahrzeugen verbaut werden.

Die verfügbaren Kapazitäten von Li-Tec und des Joint-Ventures seien zunächst auf den Bedarf der Daimler AG "konzentriert". Darüber hinaus sei aber auch der Verkauf von Zellen und Batteriesystemen an Dritte vorgesehen. Dabei ist es in der Automobilindustrie nicht üblich, sich bei Schlüsselkomponenten an einen einzigen Zulieferer zu binden. Daher spricht einiges dafür, dass der Autozulieferer Conti, der bereits Li-Ion-Batterien für Daimler liefert, weiter im Geschäft bleit.

Während Optimisten in der Elektromobilität einen Milliardenmarkt sehen – Daimler und Evonik beziehen sich auf Prognosen, die das Marktvolumen für leistungsstarke Lithium-Ionen-Autobatterien im nächsten Jahrzehnt auf mehr als zehn Milliarden Euro und das für Ausgangsmaterialien auf vier Milliarden Euro klettern sehen –, stehen die Autokonzerne bis heute vor dem Problem, dass Batterien für eine Großserienproduktion von Elektroautos zum einen hinreichend leistungsfähig und in ausreichender Stückzahl verfügbar sein müssen, zudem die Sicherheitsanforderungen im Straßenverkehr erfüllen und zugleich zu einem konkurrenzfähigen Preis angeboten werden müssen.

Angesichts der sinkenden Nachfrage nach Neuwagen und des deutlichen Rückgangs der Benzinpreise seit dem Sommer ist die Lösung dieses Zielkonflikts nicht einfacher geworden. Bislang haben Fahrzeuge mit reinem Elektroantrieb, die bei Fahrleistungen und Reichweite mit konventionellen Pkw mithalten können, Exotenstatus und sind für breite Käuferschichten unerschwinglich. Paradebeispiele sind der schon verfügbare Tesla Roadster, von dem aber gerade 250 Exemplare nach Europa kommen sollen – zu einem Stückpreis von 118.000 Euro – oder der ebenfalls rein elektrisch betriebene Mini E. Diese in einer Kleinserie gefertigte Mini-Variante steht nur einer ausgewählten Schar von Leasing-Kunden zur Verfügung. Beide Elektroflitzer haben zudem den Nachteil gemein, reine Zweisitzer mit geringem Kofferraumvolumen: Die in beiden Fällen vom US-Spezialisten AC Propulsion stammenden Li-Ion-Batterien haben einen großen Platzbedarf und sorgen zudem für ein erhebliches Mehrgewicht gegenüber einem vergleichbaren Benziner.

Ungeachtet dieser Schwierigkeiten will die Bundesregierung Deutschland zu einem "Leitmarkt für Elektromobilität" entwickeln: Bis 2020 soll eine Million Autos, die mit Strom "betankt" werden können (Plugin-Hybrid- Fahrzeuge), auf deutschen Straßen unterwegs sein. Im Verein mit den Autoherstellern stricken die Energieversorger an Lösungen für ein "Stromtankstellennetz", das eines Tages der Mineralölwirtschaft Paroli bieten können soll. In Berlin haben BMW und Vattenfall sowie RWE und Daimler entsprechende Pilotversuche gestartet.

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(ssu)