KI steuert an Hammer Kreuzung die Ampeln

An einer Kreuzung in Hamm sorgen sieben Kameras und eine Auswertungseinheit dafür, dass Verkehrsteilnehmer je nach Bedarf grünes Licht gezeigt bekommen.

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Radfahrer und Autos, wie sie vom Yunex-System "gesehen" werden.

(Bild: Yunex / Stadt Hamm)

Lesezeit: 3 Min.

In der nordrhein-westfälischen Stadt Hamm regelt an einer Kreuzung nun eine Ampel-Anlage den Verkehr, die mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz gesteuert wird. Die Technik kann erkennen, wie viele Verkehrsteilnehmer Bedarf für grünes Licht haben, entsprechend priorisieren und reagieren. Christian Breßler, Leiter Verkehrstechnik und -lenkung im Tiefbau und Grünflächenamt der Stadt, meint, in der Komplexität handele es sich um die erste KI-Ampel in Deutschland.

An der Kreuzung Heßler Straße/Marker Allee wird die Technik des Münchner Unternehmens Yunex eingesetzt. Es nutzt in seinem System "awareAI" Videokameras, deren Bilder von Algorithmen ausgewertet werden. An der Kreuzung in Hamm sind dafür sieben Kameras angebracht worden. Diese filmen diagonal über die Straßen hinweg, erfassen dabei auch Rad- und Fußwege.

Dabei erkennt das System beispielsweise einen Radfahrer 70 Meter vor der Kreuzung und berücksichtigt ihn in seinen Berechnungen für die Dauer der Grünphasen. Die KI könne auch erkennen, ob sich einzelne Fußgänger oder ganze Gruppen wie Schulklassen nähern, erläutert Breßler. Dementsprechend wird die Grünphase verlängert, damit die komplette Gruppe die Straßen queren kann.

Breßler versichert, dass die Verkehrsteilnehmer nur kurzfristig für die Steuerung erfasst werden, es werde nichts gespeichert. Wenn die Technik sich bewährt, der Verkehr also gut fließt, könnte die Technik auch an weiteren Ampeln installiert werden.

Yunex Traffic war ursprünglich ein Geschäftsbereich von Siemens Mobility, der 2021 in eine eigenständige Gesellschaft ausgegliedert wurde. Deren Technik "awareAI" ermittelt die Bewegungsrichtung und -geschwindigkeit von erkannten Objekten und kann auf Basis dieser Daten zum Beispiel Querungszeit-Prognosen erstellen. Dabei unterscheidet das System mindestens acht Objektklassen: Fußgänger, Fahrräder, Motorräder, Pkw beziehungsweise Kleintransporter, Lkw, Busse, Straßenbahnen und Eisenbahnen.

Über eine Datenschnittstelle werden die erkannten Objekte mithilfe einer verschlüsselten Websocket-Verbindung im JSON-Format übermittelt, für jedes Objekt dabei die Objektklasse, Position und Klassifizierungs-Konfidenz sowie die jeweilige Detektionszone. Bei Bedarf außerdem Geschwindigkeit, Richtung und Objekt-ID.

Die "awareAI Core" genannte Auswerteeinheit kann pro Sekunde drei Frames auswerten. Wenn geringere Framerates ausreichen, können mehrere awareAI-Kameras über einen einzigen awareAI Core ausgewertet werden. Je nach Komplexität und Umfang der nachgelagerten Anwendungslogik kann dies alternativ auf einem separaten awareAI Server geschehen.

Projekte für eine bessere Regelung der Verkehrsströme gibt es viele. Das Fraunhofer-Institut für Optronik, Systemtechnik und Bildauswertung IOSB arbeitet zum Beispiel an einem System, bei dem Machine Learning den Verkehrsfluss an Kreuzungen optimieren soll. In der allgemeinen Entwicklung hin zu autonomen Autos wird daran gearbeitet, die Fahrzeuge mit den Ampelanlagen zu vernetzen. In München kommunizieren seit Kurzem an 22 Kreuzungen Ampeln mit Autos. Dort wird Autofahrern angezeigt, welches Tempo sie wählen müssen, um bei Grün über eine Kreuzung zu kommen. In London wurden Fußgängerampeln standardmäßig auf Grün geschaltet. Sie werden erst rot, wenn sich ein Fahrzeug nähert.

(anw)