Die "Siemens-Familie" im Tal der Tränen

Die Anleger von Siemens, Infineon und Epcos müssen sich in den kommenden Tagen auf schlechte Nachrichten einstellen.

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Von
  • Axel Höpner
  • dpa

Die Anleger der Siemens-Familie müssen sich in den kommenden Tagen auf schlechte Nachrichten einstellen. Epcos, Infineon und Siemens werden für das Geschäftsjahr nach Ansicht von Branchenkennern Gewinneinbrüche oder gar Verluste präsentieren. Die drei Unternehmen kündigten bereits die Streichung von 24.000 Stellen an. "Die Zeiten, in denen Siemens als besonders zuverlässiger Arbeitgeber galt, sind definitiv vorbei", klagt der Siemens-Beauftragte der IG Metall, Wolfgang Müller. Die Arbeitnehmer fürchten, dass die Unternehmen die Bekanntgabe der schlechten Zahlen für die Ankündigung weiteren Arbeitsplatzabbaus nutzen könnten. Denn im vierten Quartal des laufenden Geschäftsjahres 2000/01 (30.September) dürften Siemens, Epcos und Infineon laut Analysten rote Zahlen geschrieben haben. Verantwortlich dafür ist vor allem die weltweite Hightech-Flaute. Doch auch hausgemachte Probleme belasten nach Einschätzung von Branchenkennern die Bilanz.

Nach zwei Jahren kräftiger Gewinnzuwächse legt Siemens-Chef Heinrich von Pierer die Zahlen für 2000/01 am 14. November vor. Im dritten Quartal entstand ein hoher Verlust bei Deutschlands größtem Elektrokonzern, auch für das vierte Quartal erwarten Analysten keine Trendwende. "Siemens wird zudem möglichst alle Belastungen noch in dieses Quartal packen", sagt Merck-Finck-Analyst Theo Kitz. Er rechnet für das Gesamtjahr vor Sonderposten noch mit einem Nettogewinn von weniger als 800 Millionen Euro. 1999/2000 waren es noch 3,38 Milliarden Euro.

Allein im Geschäft mit Handys und Telekommunikations-Netzwerken musste Siemens im dritten Quartal operativ einen Verlust von mehr als einer Milliarde Euro verbuchen. Im Mobilfunkbereich (ICM) und bei Netzwerken (ICN) zusammen werden fast 15.000 Stellen gestrichen. Im Handygeschäft sei Siemens als Nummer vier der Welt mit überzeugenden Produkten gut aufgestellt, sagt Kitz. Wenn sich der Markt erhole, werde auch ICM in Fahrt kommen. Dagegen stimme bei ICN die Produktpalette nicht. Daher könnte Pierer in den kommenden Wochen eine Neuausrichtung verkünden. Weiterer Stellenabbau könnte dabei ebenso Option sein wie die Kooperation mit einem Konkurrenten.

In Zeiten der Hightech-Krise profitiert Siemens von seiner breiten Aufstellung, die vor kurzem noch mit einem Konglomerats-Malus bedacht wurde. Die soliden Gewinne aus dem Kraftwerksbereich, der Medizintechnik und von Osram stabilisieren aber das Ergebnis. So ein Ausgleich fehlt Infineon und Epcos. Infineon-Chef Ulrich Schumacher muss am Dienstag (13. November) wohl tiefrote Zahlen präsentieren. Bei Speicherchips, früher der Gewinnbringer, liegen die Preise derzeit weit unter Herstellungskosten. Schumacher bastelt derzeit an einem Speicher-Bündnis mit Konkurrent Toshiba. Noch stocken die Gespräche laut Branchenkreisen, weil Toshiba die Restrukturierungskosten von 500 Millionen Euro nicht übernehmen will. Wird man sich einig, will Schumacher den dann größeren Speicherchip-Bereich ausgliedern und gut ein Jahr später an die Börse bringen.

Nicht nur deshalb ist Kitz für Infineon verhalten optimistisch. "Bei Halbleitern liegt der Boden vielleicht sogar schon hinter uns." Nach Einschätzung der IG Metall könnte Infineon nach dem rigorosen Stellenabbau allerdings Probleme bekommen, wenn es wieder aufwärts geht. "Infineon wird nie wieder die Fachkräfte finden, die es braucht. Infineon ist als Arbeitgeber verbrannt."

Auf einen Branchen-Aufschwung hofft auch EPCOS-Chef Gerhard Pegam, der am 20. November Zahlen vorlegt. Bei dem Bauelemente-Spezialisten brachen die Auftragseingänge dramatisch ein. Für das vierte Quartal des Geschäftsjahres 2000/01 rechnete Pegam mit Verlusten. Der Fachverband ZVEI machte Pegam in dieser Woche zumindest schon einmal ein wenig Hoffnung: Im Weltmarkt für elektronische Bauelemente sei im Jahr 2002 eine Erholung absehbar. Wann diese aber genau einsetzt, wagt derzeit kaum ein Experte abzuschätzen. So dürften sich auch Pierer, Schumacher und Pegam in den kommenden Wochen mit konkreten Prognosen zurückhalten. (Axel Höpner, dpa) / (jk)