Digitaler Behördenfunk: Bundeskartellamt billigt Pläne des Bundes

Das Bundeskartellamt gibt grünes Licht für den Plan von Bundesinnenminister Schily, die DB Telematik mit dem Netzbetrieb zu beauftragen. Der mutmaßlich unterlegene Netzbetreiber Vodafone kann noch Beschwerde beim Oberlandesgericht einlegen.

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Von
  • Sven-Olaf Suhl

Das Bundesinnenministerium (BMI) darf die DB Telematik mit dem Betrieb des so genannten BOS-Digitalfunknetzes beauftragen. Dies ist nach Angaben des BMI das Ergebnis eines Nachprüfungsverfahrens, das vor der 3. Vergabekammer des Bundes beim Bundeskartellamt gestern in Bonn beschieden wurde. Die Vergabekammer habe den Nachprüfungsantrag eines "großen Unternehmens der Mobilfunkbranche" als unstatthaft verworfen, teilte das BMI weiter mit.

Nach Informationen von heise online hatte der Düsseldorfer Netzbetreiber Vodafone D2 diesen Nachprüfungsantrag gestellt. Hierzu erklärte Vodafone-Sprecher Heiko Witzke lediglich, dass sein Unternehmen derzeit den Sachverhalt prüfe und zu einem späteren Zeitpunkt entscheiden werde, wie Vodafone D2 auf diesen Sachverhalt reagiere. Vodafone bietet den Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS) an, ihren Funkverkehr über sein bestehendes Mobilfunknetz abzuwickeln, das hierfür mit BOS-GSM-Funktionen erweitert werden soll. Witzke bekräftigte gegenüber heise online die Position von Vodafone D2, dass diese GSM-Variante unter technischen ebenso wie wirtschaftlichen Gesichtspunkten das beste Angebot für die deutschen BOS darstelle. Allerdigs wäre Deutschland das erste Land, das diese Weiterentwicklung des für die Eisenbahnen entwickelten GSM-R für den BOS-Funk einsetzen würde.

Binnen zwei Wochen kann gegen die Entscheidung des Kartellamts beim zuständigen Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf Beschwerde eingereicht werden. Nach Auskunft eines BOS-Experten wäre ein Entscheid des OLG nicht mehr vor einem anderen deutschen Gericht anfechtbar: Die Möglichkeit einer Verfassungsbeschwerde in Karlsruhe sei nicht gegeben, da es sich beim Spruch einer OLG-Vergabekammer nicht um ein Gerichtsurteil im herkömmlichen Sinne, sondern um "fiskalisches Handeln" des Staats handele. Würde auch die Vergabekammer am OLG wie das Kartellamt entscheiden, bliebe dem betroffenen Unternehmen nur noch die Möglichkeit, den Europäischen Gerichtshof anzurufen.

Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) hatte im Frühjahr einen Vorstoß unternommen, mithilfe der DB Telematik, einem Tochterunternehmen der bundeseigenen Bahn, ein separates Rumpfnetz für die BOS zu errichten. Mit diesem Vorstoß beabsichtigte Schily, dem durch Auseinandersetzungen zwischen Bund und Ländern jahrelang blockierten BOS-Projekt zum Durchbruch zu verhelfen. Die Bundesländer hatten in einem "Umlaufbeschluss" vom 18. März diesem Vorhaben grundsätzlich zugestimmt. Einige Bundesländer meldeten jedoch vergaberechtliche Bedenken gegen den folgenden Teilnahmewettbewerb an, in dem das BMI "Lieferung, Installation, Inbetriebnahme und Support der Funksystemtechnik", nicht jedoch den Betrieb des BOS-Netzes ausgeschrieben hatte. Aus den Teilnahmeunterlagen ergibt sich eine klare Präferenz für den TETRA-Standard, der bereits in zahlreichen Staaten für Sicherheitsaufgaben genutzt wird. Laut der heutigen Miteilung des BMI ist mit dem nächsten Schritt der Ausschreibung, nämlich der Veröffentlichung der Verdingungsunterlagen, "nach derzeitigem Planungsstand Anfang August 2005" zu rechnen.

Zur Ausstattung der Sicherheitsbehörden mit Digitalfunktechnik siehe auch: (ssu)