E-Auto: Die neue "Knutschkugel" von Microlino

Der Microlino fällt durch seinen Bezug zur BMW Isetta auf, ist aber ein modernes E-Auto. Das urbane Konzept profitiert dabei von der Wiederbelebung der Fronttür

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Microlino

(Bild: Microlino)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Patrick Solberg
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Es hat lange gedauert, aber nun bringt das Schweizer Unternehmen Micro nach dem erfolgreichen Kickscooter seinen Microlino doch noch auf die Straße. Die optischen Gemeinsamkeiten mit der BMW Isetta sind offensichtlich, doch sonst haben die beiden Citymobile, die knapp sieben Jahrzehnte trennt, nicht viel gemein.

Nach seinen Abmessungen und Daten läuft der Microlino in einer Klasse mit dem Renault Twizy, der in seiner L7e-Ausführung 80  km/h erreicht. Mit einer Höchstgeschwindigkeit von immerhin 90 km/h erfordert auch er Mut auf Autobahnen, Land- und Schnellstraßen.

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Für die urbane Mobilität ist der Microlino gut gerüstet, ...

Er ist eher als Citymobil im Format eines ebenfalls elektrisch angetriebenen Citroën Ami gedacht, den es baugleich auch als Opel Rocks-e gibt. Diesen in L6e eingestuften Leichtkraftwagen mit maximal 45 km/h gegenüber besitzt er allerdings den großen Vorteil, im Stadtverkehr problemlos mithalten zu können, statt aufgrund einer kaum nachvollziehbaren Entscheidung des Gesetzgebers wegen fehlender 5 km/h häufiger als nötig überholt zu werden.

Dafür, dass der 2,52 Meter lange Microlino mit seinem Wendekreis von nur 7,40 Metern vor allem für die Innenstadt taugt, ist der Preis von 22.690 Euro für die zweifarbige Pioneer-Variante als Startmodell allerdings schmerzhaft teuer. Daran ändert auch nichts, dass die gerade einmal 1,47 Meter schmale Schweizer Knutschkugel mit dem mittleren 10,5-kWh-Akkupaket immerhin 177 Kilometer zurücklegen kann, ehe er wieder an die Steckdose muss. Später folgt ein Basismodell mit einem 6-kWh-Akku, das knapp 18.000 Euro kosten soll. Selbst für Schweizer Verhältnisse erscheinen die Preise üppig.

Alle Versionen fahren mit Heckantrieb, der 12,5 kW leistet und 89 Nm Drehmoment bietet. Das reicht für einen Ampelspurt von 0 auf Tempo 50 in fünf Sekunden. Der Normverbrauch des Italo-Schweizers wird im WLTP mit knapp sechs kWh pro 100 Kilometer angegeben. Die Einzelradaufhängung für alle Räder ist ein Vorteil; die verschiedenen Achsbreiten ein Nachteil für den Komfort.

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Mit einem großen Stoffschiebedach ist der Microlino gut für die warme Jahreszeit aufgestellt.

Das Basispaket bietet unter anderem LED-Scheinwerfer, digitale Instrumente, Kunstleder und einen 13-Zoll-Stahlradsatz. Neben Platz für zwei Erwachsene bietet das kleine Elektromobil 230 Liter Gepäckraum für bis zu drei Getränkekisten. "Normale Autos sind für den Alltag im Grunde viel zu groß und zu schwer", sagt Brand-Managerin Ann-Christin Koch, "Der Microlino hingegen ist klein, leicht und effizient und spart damit nicht nur Energie, sondern auch eine andere wichtige Ressource: Platz." Der Ein- und Ausstieg erfolgt wie bei der Ur-Isetta durch die große Fronttür. Damit lädt das Auto zum ideal platzsparenden Querparken ein – wie einst der Smart, der heute ein SUV ist.

Neben dem mittleren Akku der Pioneer-Version mit seinen 10,5 kWh und 177 km Reichweite und der bereits erwähnten kleinen Batterievariante mit sechs kWh für 95 km wird noch eine mit 14 kWh und 230 Kilometern angeboten. Die Lithium-Akkus verwenden NMC- oder NCA-Zellchemie (Lithium-Nickel-Mangan-Cobalt-Oxid oder Lithium-Nickel-Cobalt-Aluminium-Oxid). An einer 230-Volt-Steckdose soll der Microlino bestenfalls in drei Stunden mit dem 10,5-kWh-Akku und vier mit den beiden anderen Batterieversionen voll geladen sein. Die Version mit kleiner Batterie kann mit maximal 1,35 kW geladen werden, die großen mit 2,6 kW. Letzteres ist etwas mehr, als man einer normalen 230-Volt-Steckdose dauerhaft (!) zumuten sollte.

Das zusammen mit dem italienischen Auftragsfertiger Cecomp in Turin produzierte Kleinstmobil wiegt 496 Kilogramm (respektive 513 und 530, mit den beiden größeren Akkus). Statt des bei Leichtkraftwagen üblichen Gitterrohrrahmens ist der Microlino mit einer selbsttragenden Karosserie aus eine Stahl-Aluminium-Mischung unterwegs. Der Vertrieb erfolgt über den Mobilitätsdienstleister Astara, der in Deutschland bereits Fahrzeuge der Marken SsangYong, Maxus und Isuzu vertreibt, nachdem das Modell online bestellt werden kann. Die Auslieferungen sollen im zweiten Quartal 2023 starten.

(fpi)