DSA-Verfahren gegen Temu wegen Manipulation und illegalen Produkten

Der chinesische Marktplatz wird verdächtigt, nicht genug gegen illegale Produkte zu tun und Nutzer zu wenig zu schützen.

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Temu liefer allerlei Billigware

(Bild: Markus Mainka/Shutterstock.com)

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Die EU-Kommission hat heute als zuständige Aufsichtsbehörde ein offizielles Verfahren gegen den chinesischen Marktplatz Temu nach dem Digital Services Act (DSA) eröffnet. Die Kommission verdächtigt die "besonders große Plattform", sich nicht an alle Regeln des DSA zu halten. Im Kern der jetzigen Untersuchung stehen dabei vor allem drei Vorwürfe.

Das Hauptproblem aus Sicht der EU-Kommission ist, dass der chinesische Marktplatzbetreiber zwar enorm schnell wachse, dabei aber wichtige Maßnahmen zur Risikobegrenzung nicht ausreichend in Stellung gebracht habe. "Wir wollen sicherstellen, dass Temu sich an den Digital Services Act hält", sagt Margrethe Vestager, Vizepräsidentin der EU-Kommission. Es gehe darum, dass der Anbieter sich an EU-Recht halte und keinen Schaden bei den Verbrauchern verursache. Die Kommission würde darauf hinarbeiten, dass alle Plattformen sich vollständig an das europäische Recht hielten.

Ein konkreter Vorwurf gegen Temu lautet, dass der in der EU schnell wachsende Anbieter nicht genug gegen nach EU-Recht illegale Produkte tun würde. Das betrifft etwa Kosmetik, aber auch Spielzeuge und andere Dinge. Gegenstand des Verfahrens ist dabei die Frage, inwieweit Temus Versuche, illegale Produkte auszuschließen, überhaupt wirksam sind. Zwar sperre Temu illegale Produkte schnell – allerdings würden diese fast genauso schnell auch wieder auf dem Marktplatz auftauchen.

Wenn sich Anbieter nicht an den DSA halten, erlischt nach Kenntnisnahme die Haftungsprivilegierung: Wird ein Marktplatz auf ein illegales Produkt aufmerksam gemacht und dieses anschließend dennoch über diesen gehandelt, können Betroffene im Fall von Problemen den Betreiber in Regress nehmen, wenn dessen Maßnahmen gegen den Vertrieb solcher Produkte unwirksam waren.

Dabei sei nicht zu erwarten, dass gar keine Produkte angeboten wĂĽrden, die sich nicht an EU-Standards halten wĂĽrden. Aber Temu mĂĽsse mehr dagegen tun und den Branchenstandard erfĂĽllen, heiĂźt es aus Kommissionskreisen.

Der zweite Vorwurf zielt auf die Beeinflussung von Nutzern auf der Plattform ab: Die Kommission sieht den erhärteten Verdacht, dass Temu seine Nutzer etwa über Belohnungsprogramme und unzureichende Möglichkeiten bei der algorithmischen Sortierung zu schädlichem Verhalten verleite. Ein dritter Vorwurf lautet, dass Temu Forschern nicht vorschriftsgemäß Zugang zu allgemein öffentlichen Daten zur Plattform gewähre – das aber verlangt der DSA ebenfalls.

Bei dem Verfahren kann die EU-Kommission Stellungnahmen des Betreibers anfordern, aber auch interne Daten beschlagnahmen lassen oder etwa Mitarbeiter des Unternehmens befragen. Bislang habe Temu sich grundsätzlich kooperativ gezeigt, nachdem im Sommer die ersten Anfragen unter dem DSA an die Firma gerichtet wurden. Die Missstände seien aber bislang nicht ausreichend adressiert, heißt es aus Kommissionskreisen. Eine Frist, bis zu der die Vorwürfe geklärt sein müssen, sieht der DSA nicht vor -- allerdings, so mit dem Vorgang Vertraute, sei es auch im Interesse des Anbieters, hier möglichst zügig voranzukommen. Temu gilt seit Mai als "besonders großer Anbieter" (very large online platform, VLOP), und unterliegt damit stärkeren Verpflichtungen als kleine Marktplätze. Das Verfahren kann jederzeit um weitere Aspekte ergänzt werden.

Sollten sich die Verdachtsmomente bestätigen, könnte sich Temu entweder zu Änderungen verpflichten oder mit Strafen nach dem DSA belegt werden. Strafen unter dem DSA können bis zu sechs Prozent des weltweiten Jahresumsatzes betragen. Auch gegen andere Marktplatzbetreiber wie AliExpress hat die EU-Kommission bereits Verfahren eingeleitet.

In der angelaufenen politischen Debatte um mögliche Probleme mit Marktplatzbetreibern ist der DSA nur eine von mehreren relevanten EU-Vorschriften. Mit ihm wird in Brüssel aber darauf gehofft, dass die mit ihm einhergehenden Verpflichtungen einen wesentlichen Beitrag zu anderen Problemfeldern wie der Marktüberwachung bei regulierten Produkten oder bei Zollfragen adressiert werden können.

Update

Der chinesische Marktplatzanbieter teilte am Donnerstagnachmittag mit, dass er den Verbraucherschutz und die Compliance mit den EU-Vorschriften weiter stärken wolle. "Wir werden uneingeschränkt mit den Regulierungsbehörden zusammenarbeiten, um unser gemeinsames Ziel eines sicheren und vertrauenswürdigen Marktplatzes für Verbraucher zu verwirklichen", kündigte ein Temu-Unternehmenssprecher an. Unterdessen wurde das Vorgehen der Kommission vom EU-Verbraucherschutz-Dachverband BEUC begrüßt: Es gebe zahlreiche Probleme mit Temu, die Entscheidung der Kommission könne nur ein erster Schritt sein.

(nie)