Ein tieferer Einblick in die Infektions-Tests gegen das Coronavirus SARS-CoV-2

Seite 4: Abrechnung

Inhaltsverzeichnis

Für Massentests ist die Kostenfrage ja nicht unerheblich. Bei Abnahme von einem üblichen kommerziellen Test-Kit, (ohne Mengenrabatte oder andere Synergie-Effekte) ergibt sich für eine grobe theoretische Abschätzung der Worst-case-Kosten bei einem Screening-Testling mit Abnahme von 3 getrennten Proben aus Nase, Rachen und Sputum ohne Berücksichtigung von Abschreibung der Analyse-Hardware:

  • Abnahmematerial etwa 5 €
  • Transportkosten (je nach Aufwand / Probenmenge / Entfernung zum Labor) etwa 20 €
  • RNA-Isolations-Kit (250 Isolationen) etwa 920 € oder 11 € pro Testling
  • Kommerzielles PCR-Test-Kit (96 Reaktionen, davon min. 4 Kontrollen) 1.400 € oder 46 € pro Testling (einfache Testung), bzw. 91 € (doppelte Testung)
  • Laufende Kosten (Personal, Verbrauchsmaterial, Labor, Verwaltung…) pro Durchlauf etwa 150 € oder 5 € pro Testling (einfache Testung), bzw. 10 € pro Testling (doppelte Testung)
  • Summe pro Testling (ein PCR-Durchlauf): 5 + 20 + 11 + 46 + 5 = 87 €
  • Summe pro Testling (doppelter PCR-Durchlauf): 5 + 20 + 11 + 91 + 10 = 137 €

Wie gesagt, das sind die Kosten für das vom RKI empfohlene Komplettpaket mit drei distinkten Proben. Beispielsweise vom Medizinzentrum Dortmund findet man aber die aktuellen Empfehlungen für die Ärzte: Nasenabstrich und Rachenabstrich mit einem Tupfer! Keinesfalls getrennte Abstriche von Nase und Rachen einsenden! Ein Poolen der Abstriche im Labor ist aktuell nicht möglich! Außerdem keine trockenen Abstriche: Es sollten nur noch Abstriche in 1 ml NaCl benutzt werden. Die Bearbeitung trockener Abstriche führt zu erheblichen Zeitverzögerungen in der Bearbeitung der Proben und Befunderstellung!

Beschränkt man sich auf eine einzige Probe ohne doppelten Durchlauf, so würde das bei 45 Euro liegen. Bei den angebotenen Selbsttests, bei denen für 140 bis 240 Euro Entgelt offenbar nur eine Probe üblich ist, würde die Kosten für Abstrich und Transport ja der Kunde übernehmen, da käme man etwa auf 25 Euro. Wenn man gar bei Discountern wie Biomol die Testkits bestellt (620 Euro für 100 Reaktionen mit erheblichen Rabatten bei größeren Mengen) schlagen vielleicht gerade mal 16 oder 17 Euro zu Buche. Da kann man noch die Abschreibung der Hardware mit ein paar Euro hinzurechnen, das lohnt sich aber dennoch richtig.

Für die Abrechnung mit den Krankenkassen gilt die EBM 32816:

Beschreibung:

Nukleinsäurenachweis des beta-Coronavirus SARS-CoV-2 mittels RT-PCR einschließlich eines Bestätigungstestes bei Reaktivität im Suchtest (Befundmitteilung innerhalb von 24 Stunden nach Materialeinsendung)

Obligater Leistungsinhalt

Untersuchung von Material der oberen Atemwege (Oropharynx-Abstrich und/oder Nasopharynx-Abstrich (-Spülung oder -Aspirat),

Fakultativer Leistungsinhalt

Untersuchung von Material der tiefen Atemwege (Bronchoalveoläre Lavage, Sputum (nach Anweisung produziert bzw. induziert) und/oder Trachealsekret),

Der obligatorische Leistungsumfang ist also auf eine Probe im Nasen und/oder Rachenbereich beschränkt, samt einem möglichen Bestätigungstest bei positiven Ausgang. Von Doppeltest keine Spur – der wäre bei 59 Euro Erstattung wohl auch kaum möglich. Und der dritte Test ist fakultativ [–] da zahlt dann der Arzt oder das Labor wohl zu ...

Privatpatienten kann man aber wie üblich schröpfen.

Seit dem 1. Februar 2020 gilt im EBM die neue GOP 32816 zur Abklärung von Verdachtsfällen auf SARS-CoV-2-Infektionen im ambulanten GKV-Bereich. Die GOP wurde ebenfalls in den Ziffernkranz der Ausnahmekennziffer 32006 aufgenommen. Als IGeL-Leistung und für stationäre Wahlleistungspatienten liegt der Preis für die PCR auf SARS-CoV-2 bei 128,23 Euro (= 1,0-facher Satz der GOÄ 1996).

Alle etwa 55 deutschen mit der Testauswertung beschäftigten Labore arbeiten an der Oberkante – ein besonderer Dank und viel Lob auch von dieser Stelle an die fleißigen Labormitarbeiter, die bis zur Erschöpfung dort ihr Bestes geben.

Prof. Christian Drosten spricht gar von einer Viertelmillionen PCR-Tests jede Woche. Ob er jetzt Proben oder Testlinge meint, bleibt dabei offen. Viele haben jedenfalls die Erfahrung gemacht, dass die Zahl der Tests derzeit stark rationiert ist, dabei lehrt doch Südkorea: testen, testen, testen! Und es fehlten zwischenzeitlich auch Test-Kits. So blieben in Baden-Württemberg letzte Woche 2000 Proben unausgewertet, die sollen aber nicht, wie mancherorts berichtet, schlecht geworden sein, sondern können jetzt ausgewertet werden.

Aber eigentlich gibt es laut Sprecher des Bundesverbands der Laborärzte (BDL) 200 bis 300 Labore, die in der Lage sind Sars-CoV-2-Tests durchzuführen. So könnte man 20.000 bis 30.000 Tests täglich durchführen. Denn es ist kaum zu glauben: Da stehen zahlreiche gut ausgestattete PCR-Labore samt Medizinern und Assistenten mit viel Erfahrung mit schnellen, preiswerten Massentests herum, die ganz erheblich mithelfen könnten – aber nicht dürfen, handelt es sich doch um Veterinärmediziner ohne Zertifizierung für die Humanmedizin. Dabei werden doch die gleichen Verfahren, Reagenzien und Maschinen eingesetzt und selbst die Viren sind ähnlich. Da wäre nun auch mal die Politik gefordert: Noch ein Feld, auf dem sie schnelles und entschiedenes Handeln demonstrieren kann.

[update]

Inzwischen hat das RKI im Situationsbericht vom 26.3 auch Labortestzahlen veröffentlicht:

KW 11: 127.457 Tests, 5,9 % positiv
KW 12: 348.619 Tests, 6,8 % positiv

Diese Zahlen gibt es aber offensichtlich nicht täglich. Im Situationsbericht von 27.3 findet man dazu nichts, dafür aber einen Bericht über die gemeldeten Kapazitäten für intensivmedizinische Behandlungen:

"Mit Stand 27.03.2020 beteiligen sich 687 Kliniken, die etwa zwei Drittel aller Intensivbetten in Deutschland vorhalten. Insgesamt wurden 12.975 Intensivbetten registriert, wovon 6.864 (53%) belegt sind. 6.204 Betten werden binnen 24 Stunden neu belegbar. Derzeit befinden sich in den teilnehmenden Kliniken 939 COVID-19-Patienten in intensivmedizinischer Behandlung, davon werden 642 (68%) beatmet. Insgesamt 238 COVID-19-Patienten wurden aus der Intensivbehandlung entlassen, davon sind 58 (24%) verstorben."

Situationsberichte vom RKI gibt es täglich üblicherweise am frühen Abend.

Zum Thema Veterinärlabore

Waren von wenigen Tagen noch Hilfeangebote von Veterinärlaboren abgelehnt worden,
setzten sich inzwischen einige Städte und Landkreise ggf. eigenmächtig über bestehende rechtliche Vorschriften hinweg und beauftragen auch lokale Veterinärlabore, was auch die Transportwege
zum Teil deutlich verkürzt, so etwa der Zollernalbkreis "nach einer Woche zähem Ringens um die Zuständigkeiten auf Landesebene".


Auch Krefeld hat das angekündigt, ebenso ist ein Veterinärlabor in Bad Kissingen beauftragt worden.

[/update]

[2. update ]

Inzwischen hat die FDA der amerikanischen Firma Abbott eine Notzulassung für einen Schnelltest "ID NOW COVID-19" erteilt, der sogar Positivmeldungen in nur 5 Minuten und Negativmeldungen in nur 13 Minuten bewerkstelligen soll. Die Performance-Charakteristiken und die analytischen Studien in dieser Notzulassung sind noch kürzer und die Testensembles noch etwas kleiner, als man von früheren Notzulassungen gewöhnt ist, aber immerhin, es gab keine Fehlmessung:

ID NOW COVID-19 Test Agreement with the Expected Results by Sample Concentration
Target Concentration Number Concordant /
Number Tested
%Agreement [95% CI]
2X LOD 20/20 100% [83.9% -100%]
5X LOD 10/10
100% [72.3% -100%]
Negative 30/30 100% [88.7%-100%]

Mit dem handlichen Analysegerät von der Größe eines Toasters, das die vor zweieinhalb Jahren aufgekaufte Firma Alere entwickelt hat, würde sich gegebenenfalls auch ein Einsatz vorort beim behandelnden Arzt anbieten. Wieviele Analyse-Geräte es davon schon gibt, die bislang etwa zur Influenza-Erkennung eingesetzt werden, wurde nicht bekannt gegeben, auch nicht die Preise. Aber man will ab nächste Woche täglich 50.000 Testkits dafür fertigstellen. Daneben hat Abbott auch die Notzulassung für Testkits für das normale große RT-PCR-System m2000, hierfür sollen Kits für eine Millionen Tests pro Woche bereitgestellt werden.

[/update] (as)