Einkaufen mit RFID steckt noch in den Kinderschuhen

Nicht nur der Handelskonzern Metro, auch die Tchibo Frisch-Röst-Kaffee GmbH testet derzeit die Möglichkeiten des Einsatzes von RFID-Technik.

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Von
  • Christiane Schulzki-Haddouti

Nicht nur der Handelskonzern Metro, auch die Tchibo Frisch-Röst-Kaffee GmbH testet derzeit die Möglichkeiten des Einsatzes von RFID-Technik. Tchibo will mit den elektronischen Produktetiketten die Identifikation, Zählung und Kontrolle entlang des gesamten Warenflusses verbessern. Gegenüber heise online teilte Tchibo mit, dass derzeit die Warensteuerung im Hochregallager in Bremen auf Lkw- und Stapler-Ebene mit RFID durchgeführt wird. Tchibo setzt außerdem RFIDs in EAS-Systemen ein, um Diebstähle aufzudecken. Der Kaffeeröster arbeitet zu Fragen des RFID-Einsatzes auch in den Gremien der Centrale für Coorganisation GmbH (CCG) und EAN International mit.

Zurzeit kann allerdings kein RFID-System Produkte in einem gemischten Warenkorb oder auf dichtgepackten Europaletten identifizieren, obgleich der Handelskonzern Metro in seinem Rheinberger Future Store heute schon das Einkaufen der Zukunft propagiert: So soll der Kunde seine Waren durch den Ausgang tragen können, währenddessen der Warenpreis automatisch von seinem Kundenkonto abgebucht wird.

"Die Erfassung eines gemischten Warenkorbs mit Gütern des täglichen Bedarfs ist derzeit definitiv nicht machbar", bestätigt Dierk Früchtenicht gegenüber heise online. Früchtenicht ist Leiter der Entwicklung bei PAV Card, einem Hersteller von kontaktlosen Karten im 13,56-MHz-Bereich. In diesem Frequenzbereich könnten etwa Dosen die Datenübermittlung blockieren. Wenn zwei Transponder übereinander liegen, stören sie sich gegenseitig. Auch müssen die Antennen der Transponder eine bestimmte Ausrichtung zum Lesegerät haben. Sind sie verbogen, können die Lesegeräte die Daten ebenfalls nicht erfassen. Im 2,45-GHz-Bereich, wie er in Pilotverfahren in den USA genutzt wird, können wasserhaltige Gegenstände wie Melonen die Übertragung stören. Die Waren sind auf Grund der vielfältigen Hindernisse nur identifizierbar, wenn der Kunde sie vereinzelt auf ein Förderband stellen würde.

"Die Faszination von RFID besteht für die Handelskonzerne derzeit fast ausschließlich im Diebstahlschutz", sagt der Verbraucherschützer Padeluun vom Bielefelder Foebud e.V.. Foebud wird gemeinsam mit Attac, dem Chaos Computer Club und anderen Daten- und Verbraucherschützern am Samstag eine Demonstration unter dem Motto "Stop RFID" vor dem Future Shop von Metro in Rheinberg durchführen.

Um die datenschutzrechtliche Relevanz zu beurteilen, müssten die Datenschützer jedoch über verschiedene Einsatzszenarien sprechen, die sich nach der Leistungsfähigkeit und Kosten der Transponder richten. Ein Transponder, der allein eine Identifikationsnummer trägt, kostet etwa 1 Cent. Ein Transponder, der zusätzlich einen elektronischen Produktcode speichern kann, kostet zwischen 30 und 40 Cent. Transponder mit Smartcard-ähnlichen Chips sind wesentlich teurer.

Noch ist kein Transponder auf dem Markt, dessen Identitätsdaten restlos gelöscht werden können. Löschen ist derzeit nur mit einer elektronischen Überladung oder mit physischer Gewalt möglich. "Der Einsatz von RFID-Technik richtet sich aber nicht nur nach den Transpondern, sondern auch nach den Lesegeräten und den entstehenden Frequenzproblemen", sagt Johann Bizer beim Unabhängigen Landeszentrum für Datenschutz in Schleswig-Holstein.

Zu den elektronischen Produktetiketten siehe auch:

(Christiane Schulzki-Haddouti) / (jk)