Elektromobilität: Geld für automatisiertes, netzdienliches Laden

Es gibt Elektroautos, es gibt Smart Meter und es gibt dynamische Stromtarife. The Mobility House führt das zusammen und erlässt den Kunden Geld für jede kWh.

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Audi Q8 an Ladesäule

The Mobility House führt die Bausteine dynamische Stromtarife, Elektroauto und Smart Meter zusammen, nennt es "eyond". Kunden bekommen zehn Cent pro geladener Kilowattstunde.

(Bild: Christoph M. Schwarzer)

Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Christoph M. Schwarzer
Inhaltsverzeichnis

Für Elektroautos müssen keine Kfz-Steuern bezahlt werden, die Wartungskosten sind gering und über die Treibhausgasminderungsquote – abgekürzt THG – lassen sich 250 bis 350 Euro direkt verdienen. Um die Gesamtkosten (TCO für Total Cost of Ownership) eines Elektroautos weiter zu senken, eröffnet sich jetzt durch die Verbreitung von digitalen Stromzählern eine weitere Möglichkeit: Es gibt einen Nachlass fürs automatisierte, netzdienliche Laden, der am Monatsende ausgezahlt wird.

Angebot und Nachfrage bestimmen den Preis. Das gilt auch am Strommarkt. Schwankungen ergeben sich nicht nur durch die Produktion aus volatilen Quellen wie Sonne und Wind, sondern auch durch die tages- und jahreszeitlich stark schwankende Nachfrage. Mit einem digitalen Zähler, englisch auch Smart Meter genannt, lässt sich über einen dynamischen Tarif Geld sparen. Es gibt eine Vorausschau des Preises im Stundentakt. Laden, wenn es billig ist und möglichst nur dann. Das funktioniert, musste bisher aber händisch gesteuert werden. Außerdem besteht das Risiko bei dynamischen Stromtarifen, dass das Elektroauto Energie braucht, der Preis aber gerade besonders hoch ist.

Der Systemanbieter The Mobility House zeigt den Entwicklungspfad: Das Elektroauto wird jetzt Teilnehmer am Strommarkt und lädt über den hauseigenen Tarif netzdienlich, wenn der Preis niedrig ist. Das bidirektionale Laden ist der nächste logische Schritt.

(Bild: The Mobility House)

Der Systemanbieter The Mobility House bietet mit "eyond" ab sofort eine Lösung an, bei der sich mit dem automatisierten, netzdienlichen Laden Geld verdienen lässt. Voraussetzung ist ein Elektroauto, eine dazugehörige heimische Ladestation und die Bereitschaft, den Stecker zu Hause tatsächlich ins Auto zu stecken, wenn es ohnehin steht.

Das Angebot richtet sich also vorerst nur an Heimlader. Sie ziehen sich die kostenlose App (Android oder Apple) und schließen einen einjährigen Stromvertrag mit The Mobility House. Danach ist der Vertrag monatlich kündbar. Wie hoch der Tarif ist, hängt vom Wohnort ab. Wichtig ist zu verstehen, dass dieser Vertrag den Nutzer unter anderem gegen Strompreisspitzen absichert. Für jede Kilowattstunde, die ins Elektroauto geladen wird, bekommt der Halter zehn Cent. Die Auszahlung erfolgt jeweils am Monatsende. Theoretisch geht es auch ohne Smart Meter, dann werden aber nur drei Cent pro Kilowattstunde ausbezahlt – so ist das Ding eigentlich nicht gemeint. Der Anbieter hilft bei der Umrüstung auf ein Smart Meter.

Update

Liebe Leser,

wir wollen an dieser Stelle nochmals den Gedanken hinter dieser Idee beleuchten. Der Verbraucher schließt einen Stromvertrag über The Mobility House ab und zahlt für jede kWh einen Preis. Für jede kWh davon, die ins E-Auto geflossen ist, bekommt er am Monatsende 10 Cent ausgezahlt.

Die App (Android, Apple) ist kostenlos. The Mobility House geht von 2500 kWh aus, die pro Jahr an der eigenen Wallbox geladen werden, und zahlt dafür 250 Euro aus. Jeder kann seine eigene Rechnung machen. Voraussetzung ist, dass das Kabel des Elektroautos möglichst oft eingesteckt ist.

(Bild: The Mobility House)

Alle Parameter, die für den Elektroautofahrer wichtig sind, werden per App eingestellt. Also beispielsweise eine morgendliche Startzeit für die Fahrt zur Arbeit, bei der die Batterie zum Beispiel zu 70 Prozent gefüllt sein soll. Die Parameter in der App können jederzeit verändert werden und berücksichtigen auch den Ertrag aus einer Fotovoltaikanlage; alles ist integriert. Es ist erstaunlich, wie lange es gedauert hat, bis ein Anbieter mit einer solchen Convenience-Lösung an den Markt gegangen ist. Das automatisierte, netzdienliche Laden ist nicht weniger als der Beginn der Teilnahme des Elektroautos am Strommarkt.

Die Konfiguration in der App kann jederzeit geändert werden. Es sind sehr viele, aber nicht alle Elektroautos kompatibel: Auf der Positivliste stehen sämtliche Elektroautos aus dem Volkswagen-Konzern, der Hyundai Gruppe (Hyundai, Kia), von Tesla, BMW und Volvo. Dagegen läuft es derzeit noch nicht mit Mercedes, Stellantis und Polestar.

(Bild: The Mobility House)

The Mobility House rechnet 250 Euro Ertrag pro Jahr vor. Die mathematische Basis sind also 2500 kWh, die zu Hause geladen werden und für die je zehn Cent ausgezahlt werden. Umgerechnet entspricht das der Annahme zum Beispiel eines Elektroautos mit einem Verbrauch von 20 kWh pro 100 km, das Strom für 12.500 km aus der eigenen Steckdose beziehungsweise Wallbox zieht. Jeder muss hier seine eigene Kalkulation übertragen.

Wie immer, wenn es ein neues Angebot gibt, sollte kritisch hinterfragt werden: Wo sind die Haken? Tatsächlich gibt es Einschränkungen. So ist "eyond" mit den meisten, aber nicht mit allen Elektroautos kompatibel. Bei sämtlichen Elektroautos des Volkswagen-Konzerns von Audi über Porsche bis Volkswagen läuft es, bei Tesla und BMW auch. Hyundai und Kia sind dabei, Jaguar und Volvo ebenfalls. Bei Polestar dagegen gibt es ebenso eine Lücke wie bei Mercedes und Stellantis. Interessenten müssen außerdem ihre konkrete, individuelle Rechnung aufmachen: Was zahle ich derzeit bei meinem Anbieter für eine Kilowattstunde? Möchte ich vielleicht alles selber kontrollieren, manuell steuern und einen dynamischen Stromtarif von Tibber, Rabot oder Octopus wählen? Wie groß ist meine erwartbare Ersparnis bei "eyond" im Vergleich?

Die Lösung "eyond" berücksichtigt auch die Erträge aus der eigenen PV-Anlage. The Mobility House ist der erste Anbieter eines solchen netzdienlichen Convenience-Tarifs.

(Bild: The mobility house)

Das Potenzial fürs automatisierte, netzdienliche Laden von Elektroautos ist enorm. Heute sind über eine Million im Bestand, 2030 werden es vermutlich über zehn Millionen sein. Sie können einen wichtigen Beitrag zur Entlastung des Stromnetzes leisten, wenn sie bei viel Wind und Sonne geladen werden. Die Debatte fokussiert häufig auf das bidirektionale Laden. Das ist der logische zweite Schritt nach dem netzdienlichen Laden. 2024 sind die ersten tatsächlichen Anwendungen für V2G (Vehicle-to-grid oder bidirektionales Laden) zu erwarten – unter anderem von The Mobility House, wo man mit Renault kooperiert (mit Wechselstrom) und auch herstelleroffene DC-Lösungen zeigen wird. Etliche Anbieter bereiten sich intensiv darauf vor und gehen wie etwa "1komma5 Grad" schon an die Öffentlichkeit. Mittelfristig ist das automatisierte netzdienliche Laden trotzdem eine massentaugliche Lösung, die sich wahrscheinlich schnell über die eigene Wallbox hinaus zu Firmenparkplätzen ausbreiten wird.

(mfz)