(Etwas) weniger Show in Tokio​

Die "Tokyo Motor Show" ist Geschichte, es lebe die "Japan Mobility Show". Mit leicht geändertem Konzept meldet sich die Automesse aus der Pandemie zurück. ​

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Von
  • Sven Hansen
Inhaltsverzeichnis

Ab Samstag öffnet die "Japan Mobility Show" erstmals ihre Tore. Die Anzahl der Aussteller auf dem Messegelände Tokyo Big Site hat sich gegenüber der letzten Messe in 2019 mehr als verdoppelt. Der Hauptfokus der Messe liegt aber nach wie vor auf den Autoherstellern, die in diesem Jahr vor allem frische Konzeptfahrzeuge und warme Worte zum Thema Nachhaltigkeit und gesellschaftlicher Verantwortung im Gepäck hatten. Von den deutschen Herstellern waren BMW und Mercedes vertreten, ansonsten ist die "Japan Mobility Show" wie ihr Vorgänger die Hausmesse für den asiatischen Markt. Nissan, Mazda, Lexus, Honda, Toyota, Subaru, Daihatsu sind ebenso vertreten wie BYD.

Die Präsentationen der japanischen Hersteller am Pressetag ähnelten sich stark – es brauchte mindestens ein zu enthüllendes Concept-Car, den CEO und die Einbettung der jeweiligen Konzernstrategie ins Thema Nachhaltigkeit und mehr Lebensfreude für die gesamte Menschheit. Ein klarer Design-Trend: Nachhaltigkeit muss durch gesprenkelten Recycling-Kunststoff nach außen sichtbar gemacht werden. An jedem zweiten Zukunftsauto finden sich entsprechende Kunststoffflächen.

So etwa bei Subarus Sport Mobility Concept, ein bulliges BEV im kantigen Design mit Recycling-Radkappen. Immerhin hatte Subaru noch ein Flugtaxi dabei. Das Air Mobility Concept besteht aus einer kleinen Kabine, die von sechs Turbinen in die Luft gehoben wird.

Japan Mobility Show (11 Bilder)

Recycling-Radkappen bei Subaru -- gesprenkelter Kunststoff ist Trend.

Toyota stellte seinen vollelektrischen Landcruiser Se auf die Bühne. Ging es um die batterieelektrischen Autos der Zukunft, leitete CEO Koji Sato elegant zur Edel-Sparte Lexus über. Dort seien BEVs zu sehen, wie sie halt nur von einem echten Autohersteller kommen könnten. Bei Toyota blieb es bei der Vorstellung eines modularen Transport-Vehikels und dem kastigen KAYOIBAKOs, deren Konzept von Versandkisten inspiriert wurde und die auch so ausschauen.

Ein ähnliches Container-Fahrzeug war auch bei Honda zu sehen, wobei es sich in diesem Fall um einen vollautomatischen Peoplemover handelte. Das "Cruise Origin autonomous vehicle" ist deutlich mehr als ein Concept-Car. Es soll als hochautomatisiertes Shuttle für den Fahrdienst Cruise eingesetzt werden, der in San Francisco erst kürzlich seine Lizenz für den Betrieb verlor. Die derzeitige Fahrzeugflotte macht vor allem durch Unfälle von sich reden. 2026 will Honda in Kooperation mit GM und Cruise einen Shuttle-Service nach Japan bringen. Das mit Sensorik schwer bepackte Cruise Origin autonomous vehicle lässt ahnen, was es derzeit an Technik braucht, um in der Stadt sicher autonom unterwegs zu sein.

Das "Cruise Origin autonomous vehicle" steckt randvoll mit Sensorik fürs hochautomatisierte Fahren.

Im ebenfalls hochautomatisiert gedachten Nissan Hyper Tourer concept ist von Technik wenig zu sehen. Das"Mini-Van" ist ein geräumiger Familienbus, in dem man sich im hochautomatisierten Fahrmodus einander zuwenden kann, um die Fahrt im wohnzimmerähnlichen Ambiente im Kreise seiner Lieben zu genießen. Deutlich sportlicher geht es beim Hyper-Force-Konzept zu. Der vollelektrische Flitzer mit knapp unter 1400 PS ist Nissans Entwurf für ein High-Performance-Supercar.

Bei der Lexus-Präsentation gab es Konzepte und Visionen satt – 2026 soll ein vollelektrischer Lexus mit komplett neuer Akkutechnik auf den Markt kommen. Die Showcars auf dem Stand machten noch keinen besonders fahrtauglichen Eindruck. Dafür gab es viel Recycling-Fläche im Innenraum, Bambusverkleidungen und kantige Flächen zu sehen.

Bahnbrechende Konzepte hatten die deutschen Hersteller nicht im Gepäck; BMW-Chef Oliver Zipse konnte die Asienpremiere des BMW Vision Neue Klasse verkünden und auf dem Stand war allerhand Evolutionäres zu sehen. Dazu zählte der BMW iX5 Hydrogen, ein auf Basis des X5 entwickeltes Wasserstoff-Auto mit Brennstoffzellentechnik. Die seit zehn Jahren bestehende Kooperation mit Toyota mündete bisher nicht in ein gemeinsames Wasserstoff-Fahrzeug, bildet aber auch die Basis für die derzeit aufgestellte Pilotflotte von iX5-Hydrogen-Fahrzeugen.

Oliver Zipse hatte den BMW iX2 mit frischem BMW OS9 im Gepäck.

Erstmals war der vollelektrische BMW iX2 zu sehen und es gab Neuigkeiten zum Plattformwechsel beim BMW-Infotainment. Im iX2 läuft erstmals das neue BMW OS9 auf Basis des Android Open Source Project (AOSP). Es ist auf den ersten Blick kaum vom OS 8.5 zu unterscheiden, wird für den Kunden jedoch einige Änderungen mit sich bringen. So verpackt BMW alle digitalen Zusatzfunktionen mit OS9 in ein Abo-Paket namens "BMW Digital Premium". Für etwa 10 Euro monatlich schaltet man Cloud-basierte Streaming- aber auch erweiterte Navi-Optionen frei. Eine Routenplanung inklusive automatisierten Ladestopps gibt es etwa nur im Abo-Modell. Auch die 3D-Kartendarstellung bleibt Abo-Kunden vorbehalten.

Und dann war da noch: Der Mazda Iconic SP. Das Konzeptfahrzeug verbindet einen Zweischeiben-Kreiskolbenmotor mit einer Elektrofahrzeugplattform. Eine Weiterentwicklung jenes Ansatzes, die Mazda erst kürzlich im MX-30 e-Skyactiv eingeführt hat. Aber wen interessiert da die Technik? Der Iconic schaut einfach nur fantastisch gut aus. Mit aufgestellten Türen lädt er zur Rundfahrt ein und würde glatt als Flugtaxi durchgehen.

Und so ist und bleibt das Anfachen von Emotionen ein weiterer Trend. Ob durch emotional aufgeladenes Außendesign, lounge-artige Innenräume oder der Freiheit zur eigenen Gestaltung. In verspielter Reinform konnte man letzteres bei Daihatsus knubbeligem me:MO BEV. Am Stand ließ sich das Fahrzeug mit Steckelementen aus dem 3D-Drucker verzieren. Ob der aufgesteckte Entenschnabel auf dem Kühlergrill die Zulassungshürden überwinden würde – ungewiss.

Hinweis: BMW hat die Reisekosten des Autors zur Japan Mobility Show übernommen.

(sha)