Filesharing-Prozess: US-Labels beantragen erneut Berufung

In dem Verfahren gegen Jammie Thomas-Rasset hat die US-Musikindustrie erneut einen Berufungsantrag gegen die Entscheidung des Richters gestellt, die von einer Jury verhängte Millionenstrafe drastisch zu reduzieren.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 91 Kommentare lesen
Lesezeit: 3 Min.

Im Filesharing-Prozess gegen die US-Bürgerin Jammie Thomas-Rasset hat die Musikindustrie am Montag Berufung gegen die vom Gericht verfügte Absenkung des Schadensersatzes eingelegt. Der US-Verband Recording Industry Association of America (RIAA) fordert die Aufhebung der richterlichen Anordnung und ein neues Verfahren. Damit könnte das erste US-Zivilverfahren, in dem es wegen unrechtmäßiger Verbreitung von urheberrechtlich geschützter Musik in einem Filesharing-Netzwerk tatsächlich zum Prozess gekommen ist, in die vierte Runde gehen.

Die Beklagte Jammie Thomas-Rasset war 2007 erstmals von einem Geschworenengericht für schuldig befunden worden, insgesamt 24 Musiktitel über ein Filesharing-Netzwerk verbreitet zu haben. Die Jury hatte den Schadensersatz auf 9250 US-Dollar pro Titel festgesetzt – insgesamt 222.000 US-Dollar (gut 150.000 Euro).

Nachdem Richter Michael J. Davis daraufhin einen Prozessfehler festgestellt hatte, war Thomas-Rasset in einem neuen Prozess ebenfalls für schuldig befunden und zu Schadensersatz von 80.000 US-Dollar pro Song verurteilt worden, den das Gericht wegen verfassungsrechtlicher Bedenken bezüglich der Gesamtstrafe von 1,9 Millionen US-Dollar auf 2250 US-Dollar oder insgesamt 54.000 US-Dollar senkte. Beide Parteien waren gegen das Urteil in Berufung gegangen.

In einem dritten Verfahren vor dem selben Richter ging es dann nicht mehr um die Schuldfrage, sondern vielmehr die Bewertung des Vergehens und die Höhe des Schadensersatzes. Auch hier sprachen die Geschworenen den Musik-Labels Schadensersatz in Millionenhöhe zu (1,5 Millionen US-Dollar), den der Richter im bisher letzten Akt des Dramas im Juli abermals auf 54.000 US-Dollar gesenkt hat.

Der US-Verband Recording Industry Association of America (RIAA) möchte laut einem Bericht von CNet News von der Berufungsinstanz nun klären lassen, ob diese Absenkung rechtmäßig ist. Die RIAA-Anwälte sind der Ansicht, dass die von Thomas-Rasset zugegebene Bereitstellung der Songs in einem Filesharing-Netzwerk einer aktiven Verbreitung gleichkommt und damit höhere Schadensersatzsummen rechtfertigt.

Damit wird es in der möglichen vierten Runde um die zentrale Frage des ganzen Verfahrens gehen. Im Kern geht es der Musikbranche schon seit Beginn ihrer umstrittenen und inzwischen wieder eingestellten Massenklagen-Kampagne gegen Tausende mutmaßliche Filesharer um die richterliche Feststellung, dass die bloße Bereithaltung urheberrechtlich geschützten Materials im einem Filesharing-Netz bereits einer Verbreitung (distribution) und damit Rechtsverletzung im Sinne des US-Copyrights gleichkommt.

Dabei spielt auch der vom Richter im ersten Verfahren festgestellte Prozessfehler eine Rolle: Das Gericht hatte die Geschworenen zunächst unterrichtet, schon mit der Bereitstellung von Songs in einem Filesharing-Netzwerk sei der Tatbestand der Verbreitung erfüllt. Später hatte Richter Davis das als "offensichtlichen Fehler" bezeichnet und auch wegen der hohen Schadensersatzsumme eine neue Verhandlung angeordnet. (vbr)