US-Richter reduziert Millionenstrafe wegen Filesharings

1,9 Millionen US-Dollar sollte Jammie Thomas-Rasset für die illegale Verbreitung von 24 Musikstücken bezahlen. Der vorsitzende Richter senkte die Summe nun auf 54.000 US-Dollar. Doch selbst die findet er noch zu hoch.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 474 Kommentare lesen
Lesezeit: 4 Min.

Ein US-Bundesrichter hat die von Geschworenen wegen Urheberrechtsverletzungen durch Filesharing verhängte Millionenstrafe gegen Jammie Thomas-Rasset drastisch reduziert. In dem Verfahren hatte die Jury den klagenden US-Labels im zweiten Anlauf Schadensersatz zugesprochen in Höhe von 80.000 US-Dollar für jeden der 24 Songs, die Thomas-Rasset über den Filesharing-Dienst Kazaa verbreitet hatte – insgesamt 1,9 Millionen US-Dollar. Am Freitag hat der vorsitzende Richter die Gesamtstrafe auf 54.000 US-Dollar reduziert.

Nach der Herabsetzung der Schadensersatzsumme durch den Richter wird es noch einmal spannend im Verfahren gegen Jammie Thomas.

(Bild: dpa)

"Das Erfordernis der Abschreckung kann eine 2-Millionen-Dollar-Strafe für den Diebstahl und die illegale Verbreitung von 24 Songs – mit der alleinigen Absicht gratis an Musik zu kommen – nicht rechtfertigen", heißt es in der Begründung von Richter Michael Davis. Auf die verfassungsrechtlichen Bedenken, die von der Verteidigung gegen die Millionenstrafe vorgebracht wurden, geht Davis nicht ein. Für die Korrektur exzessiver Schadensersatzsummen führt der Richter entsprechende Präzedenzfälle an. Zudem will er das Urteil auf Antrag der Kläger um eine Unterlassungsanordnung für Thomas-Rasset ergänzen.

Mit der Herabsetzung der Strafe entspricht Davis einem Antrag der Verteidigung nur zum Teil. Thomas-Rasset hatte außer der Höhe der Strafe auch die Beweisführung der Labels in Frage gestellt und ein neues Verfahren gefordert. Das wurde ihr verweigert. Allerdings könnte es zu einem weiteren Prozess um die Höhe des Schadensersatzes kommen, wenn Kläger oder Beklagte Richter Davis' Anordnung nicht akzeptieren. Die Verteidigung habe dazu noch keine Entscheidung getroffen, sagte Thomas-Rassets Anwalt Joe Sibley gegenüber CNet News.

Die Labels haben nun sieben Tage Zeit, das Urteil anzunehmen. Der Verband der US-Musikindustrie RIAA teilte laut CNet dazu mit, das weitere Vorgehen werde geprüft. Von dieser Entscheidung kann einiges abhängen. Einerseits wolle der Verband das Verfahren endlich abschließen und aus den Schlagzeilen bringen – der Prozess hatte nach einem ersten Urteil in Höhe von insgesamt 222.000 US-Dollar wegen eines Verfahrensfehlers wiederholt werden müssen. Akzeptieren die Kläger die Entscheidung, können sie gegen die Höhe des Schadensersatzes nicht mehr vorgehen. Eine weiter reichende Konsequenz wäre allerdings, dass sie die Komepetenz des Gerichts anerkennen, exzessive Schadensersatzsummen zu korrigieren.

Richter Davis lässt in seiner Begründung keinen Zweifel aufkommen, dass er selbst die von ihm verfügte Summe für zu hoch hält. Davis hat den Klägern das Dreifache des gesetzlichen Minimums zugestanden, weil er den Wunsch der Jury nach einer hohen Bestrafung und einem klaren Signal zu berücksichtigen habe, schreibt der Richter. Mehr sei nicht angemessen. Auch wenn die Kläger bei dem im Copyright geregelten Schadensersatz den tatsächlichen Schaden nicht nachzuweisen hätten, müsse die Summe schon im Verhältnis dazu stehen.

Damit setzt Davis auch ein Signal – und eine Obergrenze – für vergleichbare Verfahren. Im Prozess gegen Joel Tenenbaum, der wegen Filesharings von 30 Musikdateien zu 675.000 US-Dollar verurteilt worden war, steht die vorsitzende Richterin Nancy Gertner vor der gleichen Entscheidung. Die Verteidigung hatte ein neues Verfahren oder die Herabsetzung der Summe auf das gesetzliche Minimum von 750 US-Dollar pro Song gefordert.

Siehe dazu auch:

(vbr)