Fotos vom Fließband

Seite 3: Aperture & Capture One

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Sehr elegant: Aperture hat die Raw-Engine nahtlos mit den Layout-Modulen verwoben, sodass sich die Bilder auch im Layout fein aufeinander abstimmen lassen.

Mit Aperture durfte sich Apple kurzzeitig als Pionier fühlen: Vor etwa zwei Jahren zeigte die Rohdaten-Engine, flankiert von Bildverwaltung, Sortier- und Filterhilfen sowie Web-, Druck- und Fotobuchgestaltung, den Alteingesessenen, wie ein echter Raw-Workflow aussehen kann. Nach wie vor einzigartig ist die praktische Lupe, mit der man Bildausschnitte elegant vergrößert – hektisches Ein-/ Auszoomen und Schwenken überlässt Apple den anderen. Weitere Highlights: Beim Restaurieren überbelichteter Bildteile liegt Aperture im Testfeld ganz vorne, und auch mit den dynamisch generierten Webseiten sowie der Gestaltung schicker Fotobücher hebt sich das Apple-Gewächs von der Konkurrenz ab. Wer beispielsweise seine Website oder sein Online-Familienalbum ständig aktuell halten möchte, kann in Aperture einen Filter definieren, der sämtliche während des letzten Jahres entstandenen Fünf-Sterne-Fotos mit dem Stichwort "Familie" automatisch in der virtuellen Galerie aufhängt.

Leider arbeitet Aperture auf Raw-Ebene nur ungern mit anderen Anwendungen zusammen. Wer Bilder als DNG importiert und anschließend in Aperture verschlagwortet, wird diese Metadaten extern nicht zu Gesicht bekommen, da sie in der internen Datenbank unter Verschluss bleiben. Lediglich im Schlepptau von JPEG- und TIFF-Dateien oder als separates .TXT-File gelangen die aufwendig angefügten Zusatzinfos ins Freie. Beim ersten Blick auf Aperture möchte man den Workflow spontan hochjubeln, laufen doch die Zahnrädchen Verwaltung, Korrektur und Publishing zusammen wie geschmiert. Doch ausgerechnet dem Korrekturmodul, mit dem man naturgemäß am meisten Zeit verbringt, fehlen wichtige Beschleuniger: Komplette Einstellungssets kann man nicht als Stile abspeichern, sondern nur per Copy & Paste von einem auf mehrere Bilder übertragen. Die Anzeige-Performance leidet spürbar, wenn ein Bild zu viele Filteranweisungen verarbeiten muss. Die vom Standardprofil errechneten Farben wirken eher blass und zurückhaltend, was Freunde brillant-leuchtender Diapositive nicht sonderlich begeistern dürfte. Für nahezu alles, was Aperture nicht oder nicht gut genug kann, dürfte sich mittlerweile ein Plug-in finden. Da diese anders als bei Bibble nicht auf Raw-Basis, sondern wie ein externer Editor arbeiten, muss Aperture dafür zunächst eine TIFF- oder JPEG-Arbeitskopie anlegen.

Feine Hauttöne sowie ein Farbprofileditor gehören zu den Stärken von Capture One.

Capture One ist neben Bibble einer der Klassiker unter den Raw-Konvertern. Die beiden existierten schon, als Adobe und Apple das Wort Raw noch nicht mal buchstabieren konnten. Von dem Raw-Urgestein kann man eine feine, natürlich wirkende Farbgebung erwarten. Insbesondere die anspruchsvollen Hauttöne trifft das Phase-One-Produkt hervorragend und überzeugt in der Standardeinstellung mit knackigen, dabei aber rauscharmen und niemals übersteuerten Fotos. Objektivverzeichnungen korrigiert man manuell oder, sofern man ein edles Zeiss- oder Hasselblad-Objektiv besitzt, automatisch per mitgeliefertem Profil. Störende Farbsäume entfernt Capture One automatisch nach einem kurzen Analyselauf, bei stark ausgeprägten Rändern leider nicht immer rückstandsfrei.

Das Highlight ist die selektive Farbkorrektur, mit der man auch kameraspezifische ICC-Profile basteln kann. Beim Thema Workflow hält sich Capture One strikt von allem fern, was nicht direkt der Raw-Bearbeitung und Dateikonvertierung dient: Sammlungen, Bewertungen und Markierungen strukturieren die Bearbeitung, Stile und Exportprofile beschleunigen sie. Besonders praktisch: Da sich Ausgabeprofile ("Rezepte") beliebig kombinieren lassen, erzeugt man mit wenigen Klicks hochauflösende TIFFs für den Druck, Vorschaubilder fürs Web oder einen Kontaktabzug sowie DNG-Kopien fürs Archiv. Der Rückzug auf reines Konvertieren und HTML-Kontaktabzüge erscheint nicht mehr ganz zeitgemäß. Zumindest eine Druckfunktion müsste die Software schon mitbringen, um ihrem professionellen Anspruch gerecht zu werden. Auch die DNG-Integration könnte besser sein. Capture One liest und schreibt zwar DNGs, ignoriert in beiden Richtungen aber die Metadaten.