Gesetzentwurf zum autonomen Fahren: Bundesrat fordert umfassende Korrekturen

Die Länderkammer bemängelt die Initiative der Bundesregierung für mehr Rechtssicherheit beim Einsatz autonomer Systeme in Fahrzeugen. Risiken würden in hohem Maß auf die Verbraucher abgewälzt. Hersteller blieben haftungsfrei.

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(Bild: dpa, Daniel Naupold)

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Der Bundesrat begrüßt in einer am Freitag angenommenen Stellungnahme prinzipiell den Plan der Bundesregierung, Rechtsgrundlagen für das hoch- und vollautomatisierte Fahren zu schaffen. Der vorgelegte Gesetzentwurf bildet nach Auffassung des Gremiums aber keine ausreichende Grundlage "für die rechtlich sichere wie auch wirtschaftliche Nutzung der Technologie". Es fehle an klaren Regelungen, ohne die keine Akzeptanz für die geplanten Änderungen zu erzielen sei.

Berechtigte Interessen der Verbraucher habe die Regierung weitgehend nicht bedacht, moniert die Länderkammer. Sie sieht auch kritisch, dass die noch bestehenden enormen Risiken "in hohem Maß auf den Fahrzeugführer abgewälzt werden". Die Produkthaftung der Produzenten werde dagegen "in keiner Weise berücksichtigt". Ganz außen vor bleibe vor allem, "dass die Autohersteller für das einwandfreie Funktionieren der von ihnen entwickelten und in Verkehr gebrachten automatisierten Assistenzsysteme verantwortlich sind".

Fragen der Kontrolle und der Haftung sind nach Ansicht der Länder nicht nur für die Nutzer, sondern auch für die Polizei, die Verkehrsbehörden sowie die Versicherungswirtschaft von erheblicher Bedeutung. Es sei daher erforderlich, den Entwurf und darin vor allem die Bestimmungen zum zulässigen Betrieb und den notwendigen Systemvoraussetzungen vollautomatisierter Fahrzeuge grundlegend zu überarbeiten.

Vom vernetzten zum autonomen Auto

Geklärt werden sollte demnach etwa der Begriff der "bestimmungsgemäßen Verwendung" der Technik. "Sehr bedenklich" stimmt den Bundesrat auch die den Herstellern eingeräumte Freiheit, einen solchen zulässigen Gebrauch selbst zu definieren. Im Hinblick auf die Risiken eines "nicht ausgereiften automatisierten Fahrsystems" oder dessen falscher Verwendung sei zu prüfen, ob die Zulassungsbedingungen nicht verschärft werden müssten. Bisher sei weder aus dem Gesetzeswortlaut noch aus der Begründung ersichtlich, welche genauen Maßnahmen von den zuständigen kommunalen Behörden gefordert werden.

Zu konkretisieren ist laut der Eingabe insbesondere direkt im Gesetzestext, wann genau die Übernahme der Fahrzeugsteuerung zu erfolgen habe und wie die Verantwortlichen dazu aufzufordern sind. Maßgaben wie "unverzüglich" oder "rechtzeitig" seien "zu weich definiert". Es müsse auf jeden Fall verhindert werden, dass der Fahrzeugführer aufgrund möglicher anderer Tätigkeiten ein Warnsignal nicht wahrnehme.

Der Bundesrat bittet auch, im weiteren Verfahren "eine umfassende Überarbeitung der Datenverarbeitungsregelung bei Kraftfahrzeugen mit hoch- und vollautomatisierter Fahrfunktion zu prüfen". Dabei sei vor allem zu klären, welche Informationen wie Standortdaten etwa zum Steuerverhalten oder zu technischen Störungen zusätzlich von wem wo vorgehalten werden müssten und an welche Behörden wie Staatsanwaltschaften oder Ordnungswidrigkeitsämter oder sonstige Stellen diese übermittelt werden dürften. Eine "Mindestspeicherfrist" sei dabei genauso zu erwägen wie "datenschutzrechtliche Aspekte" und dabei vor allem das "Gebot der Datenvermeidung" sowie das "Einwilligungserfordernis".

Datenschützer warnen dagegen bereits vor einer rechtswidrigen Vorratsdatenspeicherung und zu vagen Vorgaben. Bislang sieht der Entwurf nur vor, dass erhobene Informationen nach spätestens drei Jahren gelöscht werden müssen. Grundsätzlich kommt als Speicher laut der Länderkammer eine Blackbox im Fahrzeug genauso in Frage wie eine cloudbasierte Lösung auf einem Server des Fahrzeugherstellers oder -händlers. Für die Verbraucher sei es zudem sinnvoll, wenn sie auf den ersten Blick etwa anhand eines Labels erkennen könnten, "wie datenintensiv oder datensparsam" das jeweilige System sei.

Der Bundesrat reibt sich daran, dass Ansprüche des Erwerbers auf Aktualisierungen der Fahrzeugsoftware während der üblichen Nutzungsdauer eines einschlägigen Vehikels, die für den sicheren Betrieb gegebenenfalls erforderlich sind, derzeit nicht ausreichend gesetzlich festgeschrieben seien. Ins Spiel bringt die er ferner die Frage, "inwieweit eine deutliche äußere Kennzeichnung der Fahrzeuge mit hoch- und vollautomatisierten Fahrfunktionen unverzichtbar ist". Das Wissen darüber sei etwa für polizeiliche Kontrollen oder die Unfallaufnahme wichtig.

Das Gremium betont auch die Wahlfreiheit der Nutzer. Wer von einschlägigen Fahrsystemen keinen Gebrauch machen wolle, heißt es in dem Beschluss, "sollte trotzdem in angemessener Weise auch künftig am Straßenverkehr teilnehmen können". Die Länder raten schließlich dazu, die vorgesehene Teilevaluierung des Vorhabens auf den gesamten Gesetzentwurf und die Folgen für Verbraucher auszudehnen. Sie halten es insbesondere auch für nötig, die Effekte auf die Vertragsgestaltung durch Versicherungsdienstleister zu untersuchen. (mho)