Grünes Licht fürs Netzwerkdurchsetzungsgesetz im Bundesrat

Die Länderkammer hat die umstrittenen Regeln für den Umgang mit Hassäußerungen und Falschmeldungen auf sozialen Netzwerken befürwortet. Gegner sehen Grundrechte gefährdet.

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Bundestag

Das Gesetz von Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) ist durch den Bundesrat.

(Bild: dpa, Michael Kappeler)

Lesezeit: 2 Min.

Jetzt können nur noch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (SPD) oder die Gerichte das heftig kritisierte Netzwerkdurchsetzungsgesetz stoppen: Nur eine Woche nach dem Bundestag hat am Freitag auch der Bundesrat ohne weitere Debatte den Weg für das Gesetz freigemacht, mit dem die Politik Facebook, Google, Twitter und Co. im Kampf gegen Hasskommentare und "Fake News" deutlich stärker in die Pflicht nehmen will.

Betroffene Plattformbetreiber müssen laut dem Entwurf "offensichtlich rechtswidrige" Inhalte innerhalb von 24 Stunden löschen. Haben sie die dafür benötigten Mechanismen nicht im Einsatz, drohen Bußgelder bis zu 50 Millionen Euro. Es bleibt vage, welche Beiträge genau unter diese Bestimmung fallen sollen. Kritiker halten dies für das Kernproblem des Gesetzes, da damit im Zweifelsfall vorauseilend auch rechtmäßige Äußerungen entfernt würden und der Schaden für die Meinungsfreiheit so groß sei.

Bei komplexeren Fällen soll den Anbietern in der Regel eine Frist von sieben Tages bleiben, um strittige Äußerungen zu bewerten und gegebenenfalls auszumerzen. Die Entscheidung über nicht sofort als strafbar erkennbare Inhalte können sie an eine Art freiwillige Selbstkontrolle abgeben. Eine solche "anerkannte Einrichtung der regulierten Selbstregulierung" muss staatlich zugelassen und vom Bundesamt für Justiz überwacht werden. Die Betreiber sollen dafür zahlen.

Berufliche Netzwerke, Fachportale, Online-Spiele und Verkaufsplattformen bleiben außen vor. Eine Schwelle von mindestens zwei Millionen registrierten Nutzern in Deutschland soll verhindern, dass Startups durch das Gesetz in ihrer Entwicklung behindert werden. Betreiber müssen eine inländische Kontaktstelle etwa für Strafverfolger einrichten. Sehen Nutzer ihre Persönlichkeitsrechte auf sozialen Medien massiv verletzt, können sie einen zivilrechtlichen Auskunftsanspruch in Anspruch nehmen. Stimmt ein Richter zu, müssen betroffene Firmen darüber die Identität von Hetzern aufdecken.

Eine Clearingstelle für Beschwerden über voreilig gelöschte legale Inhalte wird es nicht geben. Der Bundesrat hatte eine solche Instanz gefordert, gab sich nun aber trotzdem mit dem Entwurf zufrieden. Vertreter der AfD und der Piraten haben bereits angekündigt, Verfassungsbeschwerden gegen das Gesetz zu prüfen, das auf einen noch weiter gestrickten Vorschlag von Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) zurückgeht. (vbr)