Hintergrund: Der verschobene Aufschwung

In dieser Börsenwoche meldeten viele wichtige IT-Firmen ihre Geschäftszahlen für das vergangene Quartal. Es gab wenig Überraschungen, dafür viele enttäuschte Gesichter.

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"Microsoft blickt skeptisch in die Zukunft", "Transmeta steckt immer noch in Schwierigkeiten", "Sun weiter in den roten Zahlen" -- die Liste der negativen Nachrichten, die in der "Woche der Wahrheit" über den großen Teich schwappten, ließe sich noch um einige erweitern. Sie zeigen: Der Aufschwung kommt nicht so recht in die Hufe.

Nur mit Mühe gelang es den meisten Firmenchefs, in ihren Bilanzen genügend Anlässe für den üblichen Ausblickoptimismus zu finden. Dieser klingt denn auch zum Beispiel bei Intel reichlich gedämpft, wo wenigstens das vorsichtige Umsatzziel von 6,78 Milliarden US-Dollar erreicht werden konnte. CEO Craig R. Barret wollte aber auch einen Umsatzrückgang im laufenden Quartal nicht ausschließen.

Wie stark die Sehnsucht nach besseren Zeiten ist, offenbaren die Interpretationen des Microsoft-Ergebnisses in den Medien. Einige Kommentatoren wollten anscheinend nicht wahrhaben, dass der Softwareriese zwar absolut gesehen berauschende Zahlen und einen Gewinnanstieg meldete, dieser aber geringer ausfiel als erwartet. Und das wichtigste: Microsoft selbst bezeichnete seine weiteren Prognosen als eher bescheiden; außerdem liegt der Konzern mit der Vorhersage, 31,5 bis 32,4 Milliarden US-Dollar umzusetzen und einen Gewinn von 13,3 bis 13,6 Milliarden US-Dollar einzustreichen, unter dem, was die Börse bislang prophezeite.

Der unter Umsatzschwund leidende Motorola-Chef Christopher B. Galvin hält zwar an der Prognose fest, sein Unternehmen werde in der zweiten Jahreshälfte in die Gewinnzone zurückkehren. Einen Hinweis auf eventuelle politische und ökonomische Zerrüttungen konnte er sich dann aber nicht verkneifen.

Fast hätte man Galvin eine prophetische Gabe unterstellen können, als am Donnerstag ein Kleinflugzeug das Pirelli-Hochhaus in Mailand rammte. Befürchtungen eines neuerlichen Anschlags ließen die Kurse an den europäischen und nordamerikanischen Börsen in den Keller purzeln. Auch nachdem terroristische Motive ausgeschlossen wurden, herrscht weiter Ernüchterung auf den Börsenparketts oder, wie die Financial Times schreibt, Enttäuschung über die gedämpften Erwartungen der IT-Branche.

Aber wie kann ein Firmenchef wie Samuel J. Palmisano von IBM selbst anders gestimmt sein als enttäuscht, wenn der Nettogewinn seines Konzerns fast um ein Drittel wegsackt? Nun mag er den Aufschwung, den viele seiner Kollegen gerne im zweiten Quartal gesehen hätten, später aber auf die zweite Jahreshälfte verschoben, noch nicht einmal genau terminieren. Die Besserung werde im Laufe des Jahres eintreten, meint Palmisano. Vielleicht fand er wenigstens den Bericht des Erzkonkurrenten AMD tröstlich, der zwar sein Umsatzziel punktgenau erreichte, im laufenden Quartal aber mit 5 bis 10 Prozent weniger Bruttoeinnahme rechnet.

Nur wenige Unternehmen konnten Frohsinn verbreiten: Apple übertraf seine Erwartungen, eBay meldet Rekordzahlen, Texas Instruments scheint sich zu erholen und Samsung glänzte mit gestiegenem Umsatz und Nettogewinn auf einem sich erholenden Speichermarkt. Aber es sind eben nur wenige Rosinen im IT-Kuchen, die den schalen Beigeschmack der Krise nicht überdecken können. Womöglich behalten die ärgsten Unkenrufer unter den Wirtschaftsexperten Recht mit ihrer Voraussage, der Aufschwung in der Hightech-Branche könne noch zwei bis drei Jahre auf sich warten lassen. (anw)