Die Woche der Wahrheit an der Wall Street

Eine ganze Reihe wichtiger IT-Firmen präsentieren in dieser Woche ihre Quartalsergebnisse. Die Zahlen könnten ein Indiz für einen möglichen Aufschwung sein -- wäre da nicht die Gewinnwarnung von IBM.

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Eine Reihe wichtiger IT-Firmen der New Yorker Börse präsentieren in dieser Woche ihre Quartalsergebnisse. Besonders interessant für die weitere Entwicklung des Marktes werden die Zahlen der Branchenriesen IBM, Microsoft und Intel sein. Sie dienen den Analysten als Indikatoren dafür, ob sich die krisengeschüttelte US-Wirtschaft langsam erholt. Zwar sorgten jüngste Zahlen unter anderem von Compaq, Rambus, ARM für ein leichtes Aufatmen in der Branche; IBMs Gewinnwarnung vor einer Woche lässt aber erahnen, dass nicht alle Unternehmen eine leichte Frühlingsbrise verspüren. Statt der vorausgesagten 19,6 Milliarden US-Dollar werde der Konzern, der seine Zahlen am Mittwoch bekannt gibt, nur 18,4 bis 18,6 Milliarden US-Dollar umsetzen, hatte IBM bekannt gegeben.

Schon heute tritt Texas Instruments mit seinen Ergebnissen vor die Öffentlichkeit. Das Unternehmen konnte im vierten Quartal 2001 weniger Verlust als erwartet machen und trat zuletzt unter anderem durch den beabsichtigten Einstieg bei Palm in Erscheinung. Bereits im Januar erwartete TI-Chef Tom Engibous nur eine geringere Verbesserung. Morgen folgen Intel und Motorola mit ihren Zahlen. Wie viele in seiner Branche rechnet Intel-Vizepräsident Mike Splinter mit einem Aufschwung, doch hält er seine Voraussage wage. Der weltgrößte Chiphersteller gab zuletzt eine vorsichtige Umsatzprognose ab. Dementsprechend soll der Umsatz zwischen 6,6 und 6,9 Milliarden US-Dollar betragen. Im Schlussquartal 2001 konnte Intel 7 Milliarden US-Dollar umsetzen.

Intels Erzrivale AMD, der einen Tag später mit seinen Zahlen folgt, konnte seinen Marktanteil am weltweiten "Windows-based-Desktop"-PC-Markt im vorigen Jahr laut Gartner Dataquest 4 Prozentpunkte auf 22 Prozent verbessern. Ende Februar teilte Robert Rivet, Senior Vice President und CFO von AMD, mit, dass sein Unternehmen mit einem geringen Nettoverlust rechnet. Dieser könnte um den Betrag von 15,8 Millionen US-Dollar liegen, den AMD im vorigen Quartal verlor. Ebenfalls am Mittwoch legt Apple seine Zahlen für sein zweites Quartal auf den Tisch. Hier gehen Analysten von 10 US-Cents Gewinn pro Aktie aus. Das wäre ein ähnliches Ergebnis wie im Vorquartal, für das das Unternehmen 38 Millionen US-Dollar oder 11 Cent je Aktie Nettogewinn melden konnte. Apple hat vor kurzem im Rahmen Umstruktuierungsplans, der 24 Millionen US-Dollar kostet, 425 Stellen gestrichen.

Für Fusionskandidat Compaq, der am Donnerstag wie Microsoft und Sun seine Zahlen veröffentlicht, erwarten die Analysten einen schmalen Gewinn von einem US-Cent pro Aktie. Damit liegen diese etwa im Rahmen von Compaqs Selbsteinschätzung: CEO Michael Capellas erwartet mit 7,7 Milliarden US-Dollar 100 Millionen mehr als bisher veranschlagt. Microsoft musste zuletzt einen Gewinnrückgang um 13 Prozent auf 2,28 Milliarden US-Dollar oder 41 Cent je Aktie verschmerzen. Hier sind die Analysten relativ optimistisch und taxieren den Gewinn auf 51 US-Cents pro Aktie. Finanzchef Mike Lehman von Sun Microsystems äußerte bereits Anfang März leichten Optimismus und die Erwartung eines geringen Umsatzanstiegs. Die Wall-Street-Auguren schätzen einen Verlust von 2 US-Cents pro Aktie. Dieser läge einen US-Cent unter dem Verlust des Vorquartals.

Ob die Experten zu einer einheitlichen Einschätzung der Wirtschaftslage kommen werden, ist angesichts der zu erwartenden durchwachsenen Ergebnisse fraglich. Die Marktforscher von Gartner Group haben sich bereits festgelegt: Nach ihrer Ansicht dauert die konjunkturelle Durststrecke für die IT-Branche sogar noch bis 2005. (anw)