IGF: Mehr freie Inhalte für das Internet

Als Gegengewicht zum zunehmend schärferen Urheberrecht sollte ein völkerrechtlicher Vertrag über den Zugang zum Wissen verabschiedet werden, forderten Vertreter auf dem Internet Governance Forum.

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Von
  • Peter-Michael Ziegler

Ein völkerrechtlicher Vertrag über den Zugang zum Wissen (Access to Knowledge, A2K) soll ein Gegengewicht zum zunehmend schärferen Urheberrecht bieten. Das forderte in der Diskussion über die Offenheit der Netze beim Internet Governance Forum ein südafrikanischer Vertreter. Die A2K-Initiative wird bereits seit einiger Zeit von Südafrika und einer Reihe von Regierungen von Schwellenländern sowie Nichtregierungsorganisationen (NGO) gegenüber den Mitgliedsländern der World Intellectual Property Organisation (WIPO) propagiert. Hanne Sophie Greve, frühere Richterin am Europäischen Gerichtshof und inzwischen beim Europarat, sagte: "Ich halte das durchaus für machbar".

Greve erklärte gleichzeitig, sie sei sehr dafür, dass Forschungsergebnisse aus öffentlich geförderter Forschung auch jedermann zugänglich gemacht würden. "Ich denke, die entsprechenden Institutionen sollten sich auch verpflichten, diese Inhalte im Internet zur Verfügung zu stellen." Es sei im Übrigen gerade im Bereich medizinischer Forschung nicht einzusehen, dass diejenigen, die an Studien mitwirkten und in die Nutzung ihrer Daten einwilligten, am Ende noch nicht einmal Zugriff auf die Ergebnisse hätten. Natürlich seien auch die Rechte von Autoren zu berücksichtigen.

Der japanische Blogger und iCommons-Vorsitzende Joichi Ito wies darauf hin, dass Verlage bereits überlegten, die im Netz technologisch durchsetzbaren Vermarktungsstrategien auch in die Offline-Welt zu übertragen. Der Zugang zu Inhalten im Netz sei bereits massiv eingeschränkt und bringe, etwa mit den für DRM notwendigen Identifizierungs- und Authentifizierungsmaßnahmen, auch Probleme für eine anonyme Nutzung. Die Gesetze im Bereich Urheberrecht seien alles andere als hilfreich, sie würden "schlechter und schlechter".

Ito kritisierte auch das Fehlen eines Zitierrechts im Bereich Musik- und auch Videos aus dem Bereich Politik. Bush-Videos dürften so von Dokumentarfilmern häufig unter Hinweis auf das Urheberrecht nicht verwandt werden. Ito sieht zwei Ansätze: Einerseits müssten die Urheberrechtsgesetze neu für den Multimediabereich überdacht werden. Eine andere Lösung sei der über "Creative Commons" mit seinen alternativen Lizenzen eingeschlagene Weg.

Catherine Trautmann, Mitglied im Europäischen Parlament, erklärte, in Europa sei man auf der Suche nach einem Weg, der Möglichkeiten für den Schutz von Patenten und "Geistigem Eigentum" vorsehe, gleichzeitig aber die Entwicklung von aus öffentlicher Hand geförderten Open-Source-Produkte unterstütze. Mit Blick auf Unis und den Bildungssektor "müssen wir die Gesetze vielleicht ändern." Man müsse darüber diskutieren, was man eigentlich unter Piraterie verstehe und möglicherweise erst einmal keine neuen Direktiven in diesem Bereich erlassen, sondern abwarten, wie sich das Internet entwickele. (Monika Ermert) /

Siehe zum Internet Governance Forum, dem Weltgipfel der Informationsgesellschaft und zu den nach seinem Abschluss entfalteten Aktivitäten:

Zu den Ergebnissen des 1. WSIS siehe auch: (pmz)