IT-Gipfel: "Digitale Dividende" für mobile Breitband-Versorgung

Die Kanzlerin und der Bundeswirtschaftsminister machten sich auf dem dritten nationalen IT-Gipfel für die Freigabe der derzeit "von Landesrundfunkanstalten gepachteten" Frequenzen und weniger TK-Regulierung stark.

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Bundeskanzlerin Angela Merkel hat sich für eine rasche Neuaufteilung des durch die Digitalisierung von Radio und Fernsehen freiwerdenden Funkspektrums ausgesprochen. "Wir brauchen auch die Luft", erklärte die CDU-Politikerin Politiker am heutigen Donnerstag auf dem dritten nationalen IT-Gipfel in Darmstadt. Die "digitale Dividende" im Rundfunkbereich müsse in den Internetbereich umgelagert werden. Sonst sei das Vorhaben nicht zu schultern, Breitband "bis ins letzte Haus" verfügbar zu machen. Dieses Ziel sollte ihrer Ansicht nach aber prinzipiell "in drei bis vier Jahren" umgesetzt werden. Das habe schon allein etwas mit der Schaffung von Lebensqualität zu tun.

Die Finanzkrise bietet der Kanzlerin nach eine gute Chance, um in die Netzinfrastruktur zu investieren: "Wie China sein Straßennetz aufbaut, bauen wir unser Breitbandnetz aus." Dafür sei "gar nicht so viel Geld" nötig, investitionsbereiten Telekommunikationsfirmen müssten aber "punktuelle Anreize" gegeben werden. Insofern müsse das Motto lauten: "Regulierungsferien nein, aber ein paar Brückentage können es sein."

Bundeswirtschaftsminister Michael Glos folgte dem Tenor der Regierungschefin. "Die Frequenzen, die die Landesrundfunkanstalten derzeit gepachtet haben, sollen freigegeben werden", sagte der CSU-Politiker. Der Äther werde gebraucht für die Versorgung ländlicher und unerschlossener Gebiete mit Breitband per Mobiltechnik, führte der Minister die wenig verklausulierte Kampfansage aus Berlin an die Rundfunksender fort. Die öffentlich-rechtlichen und privaten Anbieter ziehen in der Frage der Verteilung der "digitalen Dividende" ausnahmsweise an einem Strang und wollen die Frequenzen am liebsten weiterhin für eigene Zwecke behalten.

Generell bezeichnete Glos eine gute Netzinfrastruktur als Basis für den Hightech-Standort Deutschland. Halligen, Berghütten und Bauernhöfe müssten mit Breitband erschlossen werden, betonte der Franke und wies zugleich schmunzelnd darauf hin, dass ihm diese ausgefeilte Formulierung seine Redenschreiber ins Manuskript geschrieben hätten. Als weitere Bedingung für die Entwicklung der digitalen Gesellschaft hierzulande nannte Glos die Stärkung des Vertrauens in die Netze. Dieses werde von "jeder Abhöraffäre, jeder unberechtigten Speicherung von Daten zerstört", stichelte er in Richtung Deutsche Telekom und die von ihr in den letzten Monaten generierten Schlagzeilen.

Telekom-Chef Rene Obermann stimmte Glos zu, allerdings nur bezogen auf die Nutzung der digitalen Dividende. "Her mit dem Zeug", forderte er eingehend auf den recht lässigen Tonfall seines Vorredners und machte sich dabei auch für eine "Rückverteilung stark, da der Staat der Telekommunikationsbranche schon bei der UMTS-Lizenzversteigerung viel Geld entzogen habe. Der Investitionsbedarf zur Aufrüstung der Netzinfrastrukturen ist laut Obermann hierzulande insgesamt "weiter enorm hoch". Die derzeit vorherrschende Kupferkabeltechnik stoße an ihre Kapazitäts- und Leistungsgrenzen. Deutschland brauche daher "flächendeckende Glasfasernetze". Das Investitionsvolumen für diese künftige "Datenautobahn" schätzte er hierzulande auf 40 bis 50 Milliarden Euro in den kommenden zehn bis 15 Jahren.

Obermann appellierte daher vor allem an die EU-Kommission, "bessere Rahmenbedingungen" für die private Übernahme derartiger Kosten zu schaffen. Brüssel dürfe nicht nur das Paradigma "Wettbewerb" hochhalten und als dessen Kennzeichen vor allem niedrige Fangpreise für Verbraucher ansehen. In Japan und in den USA sei die Regulierung für neue Netze zurückgefahren worden, um die Wirtschaftskraft zu erhalten. Diesem Beispiel solle Europa folgen. Anders bleibe das unternehmerische Risiko für die Milliardenausgaben unkalkulierbar. Die herrschende "Überregulierung" der TK-Märkte sei eine "entscheidende Investitionsbremse". Der Gesetzgeber hierzulande hat bereits vor zwei Jahren die Regulierungsauflagen für den Aufbau neuer Breitbandnetze wie die VDSL-Infrastruktur der Telekom gelockert und damit den Zorn Brüssels auf sich gezogen.

Zum dritten IT-Gipfel 2008 siehe auch:

Siehe zum zweiten IT-Gipfel der Bundesregierung im Jahr 2007:

Zum ersten IT-Gipfel im Jahr 2006 siehe:

(Stefan Krempl) / (jk)