Auftragsmangel schickt Stimmung der Autobranche in "Sturzflug"
Die Autoindustrie hat gerade wenig Hoffnung: Das Leibniz-Institut fĂĽr Wirtschaftsforschung misst bei der Erwartung einen Absturz auf minus 40,5 Prozent.
- dpa
Der deutschen Autobranche bangt zurzeit besonders vor der Zukunft. Das in München ansässige Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung ("Ifo") misst im August ausgesprochen pessimistische Erwartungen im sogenannten Geschäftsklima der Autoindustrie. Sein Wert sank um 6,2 auf minus 24,7 Punkte, nach einer vorübergehenden leichten Erholung ist das nun bereits der vierte Rückgang nacheinander. Eine Mitarbeiterin des Instituts brachte es auf den kurzen Nenner mit: "Die Stimmung in der Autoindustrie ist im Sturzflug".
Besonders negativ entwickelten sich die Erwartungen an die kommenden sechs Monate. Hier liegt der Indikator mit inzwischen minus 40,5 Punkten besonders tief. Die aktuelle Geschäftslage wurde dagegen nur minimal ungünstiger als vor einem Monat beschrieben, hier liegt der Indikator bei minus 7,2 Punkten.
Volkswagen könnte nur die sprichwörtliche Spitze des Eisberges sein, der VW-Betriebsrat erhöht den Widerstand gegen den jüngst verschärften Sparkurs des Konzerns.
ZurĂĽckhaltung bei Elektro- und konventionellen Autos
Aktuell läuft es nicht am deutschen Automarkt. Der Absatz von neuen Autos ist im August im Vergleich zum Vorjahresmonat eingebrochen. Das liegt vor allem an der zuletzt schwachen Nachfrage nach batterieelektrischen Autos, wie aus Zahlen des Kraftfahrt-Bundesamtes (KBA) hervorgeht. Aber auch bei fast allen weiteren Antriebsarten gingen die Zahlen teils deutlich zurück.
Dem KBA zufolge wurden im August rund 69Â Prozent weniger Elektroautos neu zugelassen als im August des Vorjahres. Bei Autos mit Dieselmotoren lag das Minus bei 24,4Â Prozent, bei Autos mit Benzinmotoren bei 7,4Â Prozent. Ăśber alle Antriebsarten hinweg liegt das Minus bei der Zahl der Neuzulassungen bei 27,8Â Prozent.
Beim KBA in Flensburg hieß es, der aktuelle Einbruch auf dem deutschen Neuwagenmarkt sei auch auf Sondereffekte aus dem Vorjahr zurückzuführen. Dennoch bleibt festzuhalten: "Die Situation auf Neuwagenmarkt ist äußerst angespannt", heißt es vonseiten der Beratungsagentur EY zu den Zahlen. "Von einer nachhaltigen Erholung sind wir weit entfernt, die Lücke zum Vorkrisenniveau bleibt sehr groß." Im bisherigen Jahresverlauf wurden in Deutschland fast 590.000 Neuwagen weniger verkauft als im Vergleichszeitraum 2019, also vor der COVID-19-Pandemie.
Angesichts der wenigen Elektroauto-Neuzulassungen wies EY darauf hin, dass im August 2023 ungewöhnlich viele solcher Fahrzeuge zugelassen wurden. Damals hätten Last-Minute-Käufe gewerblicher Kunden noch die Elektro-Neuzulassungen in die Höhe getrieben – vor dem Auslaufen der staatlichen Förderung für Unternehmen zum 1. September 2023.
Neue Förderung?
Die Bundesregierung plant nun wieder eine staatliche Unterstützung, um den Absatz von Elektroautos neu anzukurbeln. Konkret geht es um stärkere steuerliche Anreize für E-Autos als Dienstwagen. Die Nachfrage nach E-Autos war nach dem Stopp der staatlichen Förderung eingebrochen. Die Bundesregierung hatte den sogenannten Umweltbonus im Dezember abrupt beendet. Grund waren Sparzwänge im Haushalt. Im Juli verständigte sich die Ampel-Koalition im Zuge der Haushaltsverhandlungen auf eine "Wachstumsinitiative". Eine der Maßnahmen ist die steuerliche Förderung von E-Autos als Dienstwagen. Demnach soll für Unternehmen rückwirkend zum 1. Juli 2024 eine Sonder-Abschreibung für neu zugelassene vollelektrische und vergleichbare Nullemissionsfahrzeuge eingeführt werden. Außerdem soll bei der Dienstwagenbesteuerung für E-Fahrzeuge der sogenannte Deckel für den Brutto-Listenpreis von 70.000 auf 95.000 Euro angehoben werden.
Volkswagen macht der Sparkurs Probleme
Der VW-Betriebsrat erhöht den Widerstand gegen den jüngst verschärften Sparkurs des Konzerns. Schuld an der Krise bei Volkswagen seien nicht die Mitarbeiter, sondern die Konzernführung, sagte Betriebsratschefin Daniela Cavallo laut Redemanuskript bei der Betriebsversammlung vor mehr als 10.000 Beschäftigten. Mit Blick auf das von VW jüngst verschärfte Sparprogramm nannte sie klare rote Linien: Werkschließungen dürfe es nicht geben, die Job-Garantie dürfe nicht angetastet und müsse verlängert werden. Auch Einschnitte bei den Tariflöhnen lehnte sie ab. "Volkswagen krankt daran, dass der Vorstand seinen Job nicht macht", sagte Cavallo. Dafür dürfe man nun nicht die Belegschaft zur Verantwortung ziehen. Europas größter Autobauer hatte angekündigt, angesichts der sich zuspitzenden Lage den eingeschlagenen Sparkurs bei der Kernmarke VW noch einmal zu verschärfen. Auch eine Werkschließung in Deutschland und betriebsbedingte Kündigungen werden nicht länger ausgeschlossen.
Mittlerweile längerfristige Planung betroffen
"Die Unternehmen der deutschen Autoindustrie leiden unter einem Mangel an neuen Aufträgen – insbesondere aus dem Ausland", hieß es vonseiten des Instituts. "Dies schlägt sich mittlerweile auch in der Personalplanung nieder".
(fpi)