Verkehrsexperte: Neuer US-Präsident kann Rassismus mit Verkehrspolitik bekämpfen

Seite 2: Junges Blut - neue Politiker-Generation macht Dampf

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Den jüngeren Politikern attestiert Gould "jugendlichen Drang in vielen Themen, von Polizeireform bis zu Antworten auf Covid. Die haben genug von Mäßigung." Entsprechend optimistisch sei er nach den US-Wahlen 2018 gewesen – bis zum Covid-Jahr 2020. Die Pandemie habe nicht nur die politische Unterstützung für Innovation und Technik gebremst, sondern auch den öffentlichen Personennahverkehr an den Rand des Ruins gebracht: "Es ist eine sehr prekäre Zeit für ÖPNV in den USA", sorgt sich Gould.

Die Pandemie habe die Fahrgastzahlen einbrechen lassen, gleichzeitig seien die Kosten gestiegen: "Jeder Betreiber blutet finanziell aus, wenn keine Bundesmittel kommen. Das könnte zu drakonischen Streichungen führen, was einen Teufelskreis auslöst."

Das US-Parlament hat bereits im März 25 Milliarden US-Dollar Subventionen für ÖPNV-Betreiber beschlossen, als Teil des Covid-Unterstützungsgesetzes CARES (Coronavirus Aid, Relief, and Economic Security Act). Doch Gould erwartet, dass das nicht reichen wird.

Nicht alles an Cpvid sei schlecht: Die Pandemie habe einen Radfahrboom ausgelöst, der Investitionen in Fahrradinfrastruktur nach sich ziehen sollte. Und die öffentlichen Verkehrsmittel hätten ihre essenzielle Bedeutung für das Funktionieren der Gesellschaft unter Beweis gestellt: "Das Gesundheitspersonal ist noch immer auf die Züge angewiesen", unterstrich Gould im Gespräch mit heise online.

US-Vizepräsident Joe Biden besichtigt 2014 eine damals neue Amtrak-Lok mit Siemens-Antrieb

(Bild: Amtrak)

Der designierte US-Präsident Joe Biden sei übrigens ein großer Fan der Eisenbahn und werde viel Geld in den Personenfernverkehrsbetreiber Amtrak investieren – sofern der US-Senat das genehmigt. Das extrem teure Scheitern des kalifornischen Hochgeschwindigkeitsprojekts California High-Speed Rail sei da leider eine politische Hypothek.

California High-Speed Fail

Kalifornien wollte zunächst San Francisco mit Los Angeles und Anaheim mit einer Eisenbahnstrecke für bis zu 355 km/h verbinden. Für 55 US-Dollar hätte man in 160 Minuten von San Francisco nach Los Angeles fahren sollen. Eine zweite Projektphase hätte im Süden die Grenzstadt San Diego und im Norden die Hauptstadt Sacramento anschließen sollen. 2008 stimmten die Kalifornien für die Aufnahme von neun Milliarden US-Dollar Schulden, sieben Jahre später begannen die Bauarbeiten.

Doch bereits nach vier Jahre musste Gouverneur Gavin Newsom die Notbremse ziehen: Die Kosten waren von ursprünglich geschätzten 40 Milliarden US-Dollar auf an die 100 Milliarden Dollar nur für die erste Phase explodiert, gleichzeitig hatten sich die Fahrpreisvorhersagen als Phantasie erwiesen und die Bauarbeiten verzögert.

Zwar bekommt Kalifornien eine Hochgeschwindigkeitsstrecke, doch wird sie über nur 275 Kilometer von Merced nach Wasco führen, weitab der Ballungszentren. Und das nicht wie geplant 2022 sondern erst 2029, inshallah. Kostenpunkt: Mehr als zwölf Milliarden Dollar.

Investitionen in Infrastruktur, das Transportwesen und saubere Energien seien wichtige Säulen in Bidens Wahlprogramm, erläuterte Gould. Biden wolle Fahrzeuge elektrifizieren, Ladestationen bauen und stark in den Personennahverkehr investieren, um mehr Qualität, mehr Strecken und kürzere Intervalle zu ermöglichen. Alle Städte mit mehr als 100.000 Einwohnern sollen ein qualitativ hochwertiges, elektrisches System öffentlicher Verkehrsmittel bekommen.