Mehr Transparenz: Bundestag schärft beim Lobbyregister nach

Interessensvertreter müssen künftig mehr Angaben über ihre Finanzierung, mögliche Hinterleute und ihre Ziele machen. Ein "legislativer Fußabdruck" fehlt noch.

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(Bild: Andrii Yalanskyi/Shutterstock.com)

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Mit den Stimmen der Ampel-Koalition hat der Bundestag in der Nacht zum Freitag eine erste Novelle des Lobbyregistergesetzes beschlossen. Ziel der Initiative ist es, die Transparenz über Interessensvertreter sowie über ihre Finanzierung, ihren Hintergrund und ihre Bestrebungen zu erhöhen. Die Fraktionen von CDU/CSU und AfD stimmten gegen das Vorhaben, die Linke enthielt sich. Die Konservativen kritisierten vor allem, dass der Entwurf zu einem "unverhältnismäßigen Bürokratieaufwand" führe.

Seit 2022 müssen sich Interessenvertreter gegenüber dem Bundestag oder der Bundesregierung in das öffentlich einsehbare Lobbyregister eintragen. Im März fanden sich darin 5762 Einträge. All diese Akteure müssen mit dem Inkrafttreten des Gesetzes Anfang 2024 konkret darlegen, auf welche Gesetze oder Entscheidungen ihre Versuche zur Einflussnahme ausgerichtet sind. Hochzuladen sind dann auch Stellungnahmen und Gutachten, aus denen grundlegende Positionen hervorgehen. Das gilt ebenso, wenn sich das Lobbying auf Gesetzesakte der EU bezieht, wo längst wichtige Fragen etwa in der Digital-, Klima- und Energiepolitik weit vor der nationalen Ebene entschieden werden. Die Auflage greift nicht, wenn die Positionspapiere schon anderweitig online veröffentlicht und leicht auffindbar sind.

Oft treten – etwa anstelle von großen Tech-Konzernen – Beratungsfirmen, Anwaltskanzleien, Netzwerke oder frühere Abgeordnete als Lobbyisten auf. Dabei ist für Außenstehende bislang besonders schwer nachvollziehbar, wessen Interessen solche "U-Boote" eigentlich verfolgen. Die Reform soll hier für mehr Klarheit sorgen, wer wen mit welchem Anliegen beauftragt hat. Insbesondere müssen gegebenenfalls Drittstaaten als Initiatoren und das Volumen der Interessenvertretung für Dritte angegeben werden.

Aussagekräftiger soll auch der für die Interessenvertretung betriebene finanzielle Aufwand dargestellt werden. Die Hauptfinanzierungsquellen und Mitgliedsbeiträge müssen angegeben werden. Die Option, Angaben über eingesetzte Gelder zu verweigern, entfällt. Andererseits sollen spendenfinanzierte Organisationen durch eine Fokussierung auf Pflichtangaben zu wesentlichen Finanzierungsquellen entlastet werden. Eine Namensangabe soll nur noch zwingend sein bei Schenkungen oder sonstigen Zuwendungen zu Lebzeiten, wenn diese den Gesamtwert von 10.000 Euro sowie zehn Prozent der Gesamtsumme der Gaben und sonstigen Zuwendungen im jeweiligen Geschäftsjahr übersteigen.

Erst dann sieht der Gesetzgeber Anlass zur Annahme, "dass die Schenkungen einen lenkenden Einfluss auf die jeweilige Organisation haben könnten". Die Koalition begründet das damit, dass sie so vor allem karitative Verbände bei der Lobbyarbeit unterstützen wolle. Die zivilgesellschaftliche Initiative Lobbycontrol moniert dagegen, dass so "in vielen Fällen auch sehr große Zuwendungen im Dunkeln" blieben, "was die verdeckte Finanzierung von Lobbyinitiativen erleichtert und Interessenhintergründe verschleiert".

Beim Wechsel von Mandats- und Amtsträgern in Lobby-Tätigkeiten ("Drehtüreffekt") müssen künftig aktuelle und frühere Ämter und öffentliche Posten offengelegt werden. Namentlich zu benennen sind ferner Personen, die etwa in Aufsichtsräten sitzen und als solche Interessenvertretung betreiben. Die Bundestagsverwaltung erhält als registerführende Stelle eigenständige Prüfbefugnisse bei offensichtlich widersprüchlichen Einträgen. Die Abgeordneten begründen das damit, dass Registereinträge bislang "ein sehr unterschiedliches Niveau der Datenqualität haben". Zugleich sollen Aktualisierungen für Lobbyisten einfacher werden.

Kontakte zu Ministerien müssten fortan ab Referatsleiterebene einbezogen werden. Ursprünglich nahm sich die Ampel in ihrem Koalitionsvertrag vor, die Lobbyarbeit bis zur darunterliegenden Ebene der Referenten selbst einzubeziehen. Rot-Grün-Gelb stellte zudem einen "legislativen Fußabdruck" in Aussicht, an dem sich erkennen ließe, wer wann welche Klauseln in einen Entwurf eingefügt hat. Dieser fehlt in der Novelle. Der SPD-Rechtspolitiker Johannes Fechner betonte bei der abschließenden Debatte im Plenum, die Koalitionsfraktionen erwarteten dazu einen Vorschlag der Bundesregierung. Übel auf stieß Transparenzverfechtern zudem bei einer parlamentarischen Anhörung, dass sich Arbeitgeberverbände, Gewerkschaften und Kirchen weiterhin nicht in das Register eintragen müssen.

"Die neuen Dokumentationspflichten sind nicht praktikabel und haben als Konsequenz einen unverhältnismäßig hohen Verwaltungsaufwand", moniert der IT-Verband Bitkom. Zugleich habe der Gesetzgeber die Chance verpasst, "die bestehenden Ungleichheiten zu beenden". So gelten für Unternehmen und Wirtschaftsvereinigungen weiter die strengsten Pflichten. Der Bitkom appellierte zudem an die Bundesregierung, die im Koalitionsvertrag angekündigte Einführung eines Online-Konsultationsverfahrens nach EU-Vorbild voranzutreiben und mit dem Lobbyregister zu verzahnen. Der Bundesverband der deutschen Industrie (BDI) äußerte sich ähnlich und warnte vor einem "weiteren Bürokratiemonster".

(ssi)