Micron baut nach Milliardenverlust 2700 Stellen ab und schließt Flash-Fab

Notbremse: Nach 1,62 Milliarden US-Dollar Verlusten im Geschäftsjahr 2008 will Micron das Speicherchip-Geschäft restrukturieren und drosselt die NAND-Flash-Produktion.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 5 Kommentare lesen
Lesezeit: 4 Min.

Der US-amerikanische Speicherchiphersteller Micron will nach Verlusten von 1,619 Milliarden US-Dollar im Ende August abgelaufenen Geschäftsjahr 2008 rund 2700 Arbeitsplätze abbauen und schließt eine NAND-Flash-Produktionslinie, die noch 200-Millimeter-Wafer verarbeitet. Micron ist zurzeit der weltweit viertgrößte DRAM-Hersteller (Marktanteil: rund 11 Prozent) und steht mit einem Marktanteil von knapp 9 Prozent auch bei NAND-Flash-Speicherchips auf Rang 4. Rang 5 bei NAND-Flash hält – wenn auch mit deutlich gerigerem Umsatz und lediglich etwa 5 Prozent Marktanteil – Intel; Micron und Intel betreiben seit 2005 gemeinsam das Joint Venture IM Flash Technologies, das also zusammengenommen ungefähr denselben Marktanteil wie der drittgrößte NAND-Flash-Hersteller Hynix hat.

Die Verluste von Micron rühren von den seit über einem Jahr drastisch fallenden Verkaufspreisen von DRAM- und NAND-Flash-Speicherchips her; die Ursache des Preisverfalls liegt wiederum in der hohen Überkapazität der Fertigungsanlagen, die die Marktteilnehmer in den vergangenen Jahren aufgebaut haben. Um dem Preisdruck zu begegnen, ohne Marktanteile aufgeben zu müssen, haben einige Chiphersteller den Umstieg auf größere (300-mm-)Wafer und kleinere Fertigungsstrukturen beschleunigt, weil dadurch die anteiligen Fertigungskosten pro Chip sinken und gleichzeitig modernere Produkte möglich werden, die theoretisch vergleichsweise höhere Preise erzielen. Weil aber alle Marktteilnehmer ähnlich handeln und die Fertigungskapazitäten auch angesichts der drohenden Rezession wohl noch für eine ganze Weile zu hoch liegen dürften, konnten alle diese Maßnahmen den DRAM- und NAND-Flash-Preisverfall bisher nicht stoppen.

Nun bleibt nur, die Produktion zu drosseln. Einige DRAM-Hersteller, die praktisch alle auch die mit kleinen Umstellungen auf denselben Anlagen produzierbaren NAND-Flash-Chips liefern, haben bereits die Produktionsmengen reduziert, bisher aber wohl vorwiegend, indem sie ältere 200-mm-Fabs früher stillgelegt haben als ursprünglich geplant – und diese Anlagen auch zunächst nicht auf neuere Technik umrüsten, wie bisher üblich. Gartner sagt jedenfalls voraus, dass die Investitionen in neue Chip-Fertigungstechnik im laufenden Jahr um 26 Prozent und im kommenden Jahr um weitere 13 Prozent schrumpfen werden.

Micron will jedenfalls die 200-mm-Fab in Boise/Idaho schließen, die im Rahmen von IM Flash rund 35.000 Wafer monatlich zu NAND-Flash-Chips verarbeitet. Insgesamt sollen im Verlauf der nächsten zwei Jahre 15 Prozent der weltweit 18.250 Micron-Arbeitsplätze abgebaut werden.

Hauptsitz von IM Flash Technologies ist der Ort Lehi in Utah, wo Micron eine 300-mm-Fab aufgebaut hatte, die bis zur Gründung von IM Flash aber nicht die Produktion aufnahm. Außerdem gehört die 2002 von Toshiba gekaufte 300-mm-Fab in Manassas/Virgina (ehemals Dominion Semiconductor) zu IM Flash, und die zu diesem Zweck in Singapur gegründete Tochterfirma baut dort zurzeit eine weitere 300-mm-Fab auf, in der wohl 2009 die Produktion beginnen könnte. Lane Mason von Denali schätzt, dass IM Flash Technology insgesamt in Boise, Lehi und Manassas über eine Fertigungskapazität von monatlich 100.000 Wafer Starts verfügt, gerechnet auf 300-mm-Wafer-Äquivalente. Die 35.000 200-mm-Wafer monatlich, die nun wegfallen, würden die Produktionskapazität also um etwa 15 Prozent mindern; das Werk in Singapur (60.000 Wafer/Monat) würde allerdings die Fertigungkapazität wiederum um 60 Prozent steigern.

Die Auswirkung der Fab-Schließung auf den NAND-Flash-Preis ist kaum einschätzbar; allerdings hieß es kürzlich auch, dass Toshiba – Partner von SanDisk und Nummer 2 des NAND-Flash-Weltmarks – den Ausstoß mindern will.

Die Restrukturierung von Micron könnten sich auch auf den DRAM-Markt auswirken; man spekuliert, dass Micron an einer Übernahme von Qimonda interessiert sei. Angesichts der niedrigen Aktienkurse wäre der Zeitpunkt wohl günstig, doch Qimonda hat sich eigentlich stärker auf eine Kooperation mit Elpida fokussiert. Möglich, dass Micron vor allem am Anteil von Qimonda an Inotera Memories interessiert ist, denn der andere Partner daran ist Nanya – und mit dieser taiwanischen Firma, der Nummer 7 im DRAM-Markt, kooperiert Micron bereits im Joint Venture MeiYa Technology. (ciw)