Mobilfunk-Testflieger sind schon abgehoben

Qualcomm und Connexion wollen im September Tests fortführen, bei denen Passagiere während des Flugs mit Endgeräten verschiedener Standards telefonieren und Daten versenden.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 32 Kommentare lesen
Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Sven-Olaf Suhl

Der Mobilfunk-Ausrüster Qualcomm und der Boeing-Ableger Connexion wollen im September Tests fortführen, bei denen Passagiere während des Fluges an Bord einer speziell ausgerüsteten Boeing 737-400 Telefonate führen und Daten zu erdgebundenen Mobilfunknetzen übertragen. Wie Qualcomm heute mitteilte, begannen derartige Testflüge bereits im Mai. Herzstück der Handy-Anbindung an Bord ist eine als "Picozelle" bezeichnete Basisstation in der Flugzeugkabine. Da die Entfernung zwischen Picozelle und den Handys nur wenige Meter beträgt, brauchen die Mobilfunkgeräte nur mit geringer Sendeleistung zu arbeiten.

Nach Darstellung von Qualcomm nutzten die Passagiere während der Flüge eine Reihe von Mobilfunkgeräten unterschiedlicher Standards. Für Sprachtelefonate testeten sie Handys der zweiten Generation in den Standards GSM und CDMA2000. Datenübertragungen liefen mit Hardware in den 3G-Standards CDMA2000 1X, mit dem zum Beispiel in Korea mit maximal 153 kBit/s mobil gesurft wird, und CDMA2000 1xEV-DO. Dieser ist auf die Übertagung von Daten optimiert und soll bis zu 2,4 MBit/s ermöglichen. Angaben zu den während des Fluges erzielten Datenraten machte Qualcomm nicht, ebensowenig zu der Zahl der gleichzeitig übertragenen Telefonate. Auch lässt Qualcomm offen, über welchen Gebieten die Flüge stattfanden, wie viele Sendestationen überflogen wurden und wie die Handysignale aus dem Flugzeug zu terrestrischen Mobilfunknetzen übertragen wurden. Wahrscheinlich handelt es sich um eine satellitengestützte Anbindung, da Conexion diese Technik bereits in seinem WLAN-Angebot nutzt, das schon auf Linienflügen verfügbar ist.

Ein lange bestehendes Hindernis vor dem Einsatz von Handys in Flugzeugen sind mögliche Störungen von Instrumenten und Steuerungssystemen des Flugzeugs aufgrund der von den Handys abgestrahlten elektromagnetischen Felder. Der Einsatz einer Picozelle reduziert deren Sendeleistung erheblich. Auf dieses Konzept setzt auch das Joint Venture OnAir um Airbus, für das Siemens Picozellen liefert. Um sicherzustellen, dass sich die Handys ausschließlich bei der Basisstation im Flugzeug einbuchen, setzen die Münchner auf eine Technologie namens "channel selector". Abgesehen von Störungen der Flugzeugelektronik droht der Gebrauch von Handys an Bord, die Mobilfunknetze zu stören, deren Topologie auf eine erdgebundene Nutzung ausgelegt ist.

Eine zentrale Funktion zellulärer Mobilfunknetze ist der Handover, durch den ein sich bewegender Teilnehmer während des laufenden Gesprächs von einer Zelle zur nächsten gereicht wird. Für die Verwaltung der Handover spielen Angaben über die Entfernung des Handys zu den Basisstationen in seiner Reichweite eine wichtige Rolle. Befindet sich ein Handy aber auf einer Reiseflughöhe beispielsweise von 10.000 Metern, sind die Sendemasten am Boden näherungsweise gleich weit von ihm entfernt. Wenn Handys aus Flugzeugen ohne Picozelle mit Maximalleistung zum Boden funken, kann das mühsam austarierte Netzmanagement aus den Fugen geraten.

Zum Gebrauch von Handys an Bord von Flugzeugen siehe auch: (ssu)