"Neue" Nachweispflichten bei innergemeinschaftlichen Lieferungen

Die Nachweispflichten für innergemenischaftliche Lieferungen sind mit Wirkung zum 1. Oktober 2013 erneuert worden. Betroffene Unternehmen können nun auf Alternativen zur umstrittenen Gelangensbestätigung zurückgreifen.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht
Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Marzena Sicking

Umstritten war die sogenannte "Gelangensbestätigung" vom ersten Tag an und sie bleibt den Unternehmen als Nachweispflicht leider auch weiterhin erhalten. Doch seit 1. Oktober 2013 gelten neue Regeln und die bieten neuerdings einige Alternativen. Welche Möglichkeiten betroffene Unternehmen noch haben, um nachzuweisen, dass der gelieferte Gegenstand innerhalb der Europäischen Union die Grenze in den Mitgliedstaat passiert hat, erklärt Rechtsanwalt Dr. Mario Bergmann im Interview mit heise resale.

Warum ist dem Gesetzgeber der Nachweis darüber so wichtig, dass die Lieferung innerhalb der EU tatsächlich stattgefunden hat?

Dr. Mario Bergmann: Ganz einfach: innergemeinschaftliche Lieferungen sind umsatzsteuerfrei. Es liegt also vor allem im Interesse des leistenden Unternehmers nachzuweisen, dass die Ware tatsächlich in einen anderen Mitgliedstaat der EU gelangt ist. Und der Gesetzgeber gewährt die Umsatzsteuerbefreiung natürlich nur mit einem entsprechenden Nachweis.

Dr. Mario Bergmann LL.M. ist Rechtsanwalt für Wirtschaftsstrafrecht und Fachanwalt für Strafrecht. Er arbeitet in der Kanzlei Brandi Rechtsanwälte in Hannover, deren Schwerpunkt in der Beratung und forensischen Betreuung mittelständischer Unternehmen in Fragen des Wirtschaftsstrafrechts und des Wirtschafts-, insbesondere des Arbeitsrechts, des Handels- und Gesellschaftsrechts und des gewerblichen Rechtsschutzes liegt.

Dieser Nachweis sollte ab Januar 2012 nur noch mit der sogennanten "Gelangenbestätigung" geführt werden. Was wollte der Gesetzgeber damit erreichen?

Dr. Mario Bergmann: Tatsächlich hatte der Gesetzgeber mit Wirkung zum 1. Januar 2012 die Nachweismöglichkeiten auf die sogenannte "Gelangenbestätigung" beschränkt, also auf die Bestätigung des im europäischen Ausland ansässigen Abnehmers über den Erhalt der Ware. In der Praxis wurden damit die bis dahin möglichen Alternativen, wie Verbringungsnachweis, Empfangsbestätigung, Verbringungsversicherung und Eigenbeleg, gestrichen. Damit sollte die Forderung nach einem einfacheren und sicheren System des Nachweises erfüllt werden.

Warum hat das nicht funktioniert?

Dr. Mario Bergmann: Die Gelangenbestätigung ist nicht in jedem Fall die optimale Lösung, beispielsweise, wenn der Käufer die Ware abholt. Laut gängiger Rechtsprechung ist die Versicherung des Abnehmers, die Ware aus Deutschland abzuholen und ins Ausland zu bringen, gerade kein ausreichender Nachweis dafür, dass die Ware die Bundesrepublik tatsächlich verlassen hat. Auch wurde wurde von Vertretern der Wirtschafts zu Recht kritisiert, dass es für den Unternehmer in bestimmten Fällen durchaus schwierig sein kann, von dem Abnehmer eine unterschriebene Bestätigung über den Empfang zu erhalten.

Welche Konsequenzen hat der Gesetzgeber daraus gezogen?

Dr. Mario Bergmann: Die Nachweismöglichkeiten sind zum 1. Oktober 2013 wieder erweitert worden. Die Anforderungen an die Gelangensbestätigung wurden zum einen vereinfacht, zum anderen werden ab sofort weitere Alternativbelege gleichrangig als Nachweis akzeptiert. Die Gelangensbestätigung ist also nicht mehr die einzig zulässige Nachweismöglichkeit. Und selbst wenn der Unternehmer keinen der nun erlaubten Belegnachweise erbringen kann, ist die Lieferung steuerfrei, wenn er auf anderem Wege nachweisen kann, dass die Lieferung ins Ausland erfolgt ist.

Welche Vereinfachungen gibt es bei der Gelangensbestätigung?

Dr. Mario Bergmann: Konkret muss bei der Gelangensbestätigung nicht mehr den genauen Tag, sondern nur noch der Monat angeben werden, in dem die Ware geliefert wurde und die Bestätigung kann auch durch einen vom Abnehmer Beauftragten, beispielsweise einen selbständigen Lagerhalter, erteilt werden. Die Bestätigung muss auch nicht mehr vom Abnehmer persönlich unterschrieben werden. Es reicht, wenn einer seiner Beauftragten, also zum Beispiel ein Arbeitnehmer, in seinem Auftrag unterschreibt. Auch kann die Bestätigung ab sofort auch elektronisch übermittelt werden. Das hat den Vorteil, dass gar keine Unterschrift mehr erforderlich ist, falls klar erkennbar ist, dass die Bestätigung aus dem Verfügungsbereich des Abnehmers stammt. Eine große Erleichterung ist auch die Möglichkeit der Sammelbestätigung für alle Umsätze innerhalb eines Quartals.

Und welche Alternativen gibt es noch?

Dr. Mario Bergmann: Eine ganze Menge: beispielsweise den Frachtbrief (auch Doppelstück), die Bescheinigung des Spediteurs oder des Kurierdienstleisters, die Empfangsbescheinigung des Postdienstleisters oder beim Verkauf von Kfz die Zulassung des Kfz im Bestimmungsland. Allerdings hat der Gesetzgeber an den Inhalt dieser Belege in Einzelfällen besondere Anforderungen gestellt, die erfüllt werden müssen, damit die Steuerbefreiung erlangt wird. Es ist also ratsam, sich im Vorfeld genau zu informieren und streng zu prüfen, ob die Alternativnachweise die Anforderungen tatsächlich erfüllen, da sonst der Verlust der Steuerbefreiung und damit die nachträgliche Belastung mit der Umsatzsteuer droht. ()